0243 - Asyl der Gespenster
taumelte und konnte sich gerade noch am Türrahmen festhalten.
Wie der Blitz sprang Michael Ullich auf das Mädchen zu. Zitternd schmiegte sich das Mädchen in seine Arme.
»Da war was! Da ist was durch mich hindurchgegangen, Micha!« bibberte es von Tinas Lippen. »Irgend etwas ist ins Haus gekommen. Und ich weiß nicht, was es ist. Aber ich fürchte mich davor!«
»Keine Angst, Liebes!« tönte Michael Ullich in der Pose eines Operettenhelden. »Dir wird nichts geschehen. Ich werde dich beschützen!«
»Besonders heute Nacht… im Schlafzimmer!« sagte Sandra Jamis bissig.
Aber im Verlauf des Abends, nachdem Tina immer wieder von ihrer unheimlichen Begegnung berichtete, beschlich das Mädchen doch leise Furcht.
»Poltergeist!« war das Wort, das Tina immer wieder redete. Denn in Spielbergs Film hatte es etwas ähnliches gegeben. Und davor hatte auch Sandra Jamis Furcht. Sie hatte seit ihrem Abenteuer in Rom von Geistern und Dämonen eigentlich die Nase voll.
Daher beschlich sie das Grauen vor dem Augenblick, wo sie sich ganz alleine in einem Zimmer aufhalten sollte. Tina hatte es da besser…
Warum sollte sie es eigentlich nicht auch wie ihre Freundin machen? Oder wie die anderen Mädchen, die sie kannte und die seit Jahren schon feste Freunde hatten?
Carsten Möbius war zwar nicht ihr Traumboy, aber er war sehr nett zu ihr. Ja, warum eigentlich nicht…
Der Wein, den die beiden Jungen aus Deutschland mitgebracht hatten, tat ein übriges, um den Entschluß von Sandra Jamis reifen zu lassen. Carsten Möbius wäre vor Schreck fast vom gemütlichen Sofa gefallen, als er merkte, wie sich die sonst so spröde Sandra an ihn schob.
»Wenn Micha die Tina beschützt«, sagte sie leise und nahm die Hand des Millionenerben, »beschützt du dann mich?«
»Ja«, krächzte Carsten Möbius, dessen Kehle plötzlich trocken wurde. »Ja, ja! Ganz sicher. Ich bin bei dir…«
»Den Arm… du mußt den Arm um sie legen!« signalisierte Michael Ullichs Blick, der in solchen Dingen Routine hatte. Der Freund verstand diesen Wink. Und was noch kein Junge durfte - er konnte Sandra Jamis in den Arm nehmen…
Michael Ullich wußte, was in Carsten vorging. Demonstrativ gähnend erhob er sich. Wenige Augenblicke später war er mit Tina Berner aus dem Zimmer verschwunden.
Carsten Möbius benötigte mehrere Anläufe, um Sandra klar zu machen, daß die Uhr auf Mitternacht zuging und nun Schlafenszeit wäre. An die Worte der weißen Lady dachte er überhaupt nicht mehr. Er sah nur Sandra Jamis tief in die Augen.
Als die Tür von Sandras Zimmer sich hinter den beiden geschlossen hatte, konnte Carsten Möbius selbst nicht mehr genau sagen, wie er hineingekommen war. Aber er war drin, er war in Sandras Kemenate. Und nur das zählte…
Das Mädchen war vom Genuß des Weines angeregt und mutig geworden. Geistig hatte sie sich damit abgefunden, hier und heute ihrer Jungfrauenschaft »Ade« zu sagen. Einmal mußte es ja doch passieren. Warum nicht hier und heute…
Carsten Möbius’ Kinnlade klappte herunter wie ein Scheunentor, als sich Sandra Jamis wie selbstverständlich zu entkleiden begann. Das Ziel seiner Wünsche… seiner geheimsten Wünsche…
Nur mit Slip und BH bekleidet stand das reizende Girl vor ihm und lächelte ihn an.
»Komm, Carsten!« lockte es. »Den letzten Rest mußt du machen. Das ist viel schöner…«
Im gleichen Augenblick brummte von irgendwoher das Glockenspiel einer Standuhr.
Zwölf Schläge! Mitternacht! Geisterstunde!
Mit einem leisen Aufschrei warf sich Sandra Jamis dem Jungen an den Hals. Carsten Möbius spürte den warmen, weichen Körper des Mädchens, über den eine Gänsehaut fröstelte. Mit der Rechten streichelte er über die bebende Haut, die Linke versuchte verzweifelt, den Verschluß des BH’s zu öffnen. Verdammt noch mal! Das Ding hatte seine Tücken. Eine ganz besonders hartnäckige Konstruktion.
»Komm, Carsten!« hörte er Sandras gurrende Stimme. »Komm und tu es…«
In diesem Augenblick öffnete sich die Tür. Ein eiskalter Luftzug wehte herein. Sandra Jamis wirbelte herum.
»Oh! Verzeiht, wenn ich störe!« lispelte es von der Tür. Vergeblich versuchte Carsten Möbius eine Erklärung hervorzubringen.
»Viviane!« krächzte er. »Viviane, ich…«
Damit war für Sandra Jamis die Angelegenheit klar. Carsten Möbius hatte eine andere. Eine Freundin, die er ihr vorenthalten hatte.
Denn die Gestalt in der Tür war eine Frau in weißem Kleid. Und während der Mitternachtsstunde
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