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0243 - Asyl der Gespenster

0243 - Asyl der Gespenster

Titel: 0243 - Asyl der Gespenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Michael
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zu sehen.
    Auf Zehenspitzen durchquerte Jeremy Smither den Raum. Scheu beäugte er die mächtigen Gemälde an den Wänden. Die toten Ahnherren derer von Pembroke schienen auf der Leinwand wieder lebendig zu werden und jede Bewegung des Eindringlings genau zu registrieren.
    Mit brennenden Augen starrten sie auf den Menschen herab, der sich durch die verbotenen Gemächer tastete. Ein beklemmendes Gefühl der Angst beschlich Smither plötzlich.
    Was geschah, wenn die alten Legenden um Pembroke-Castle doch den Tatsachen entsprachen? War es dann nicht möglich, daß sie aus der Jenseitswelt hervorbrachen und den Frevler bestraften?
    Besonders eins der Bilder schien den Blick des Versicherungsagenten magisch anzuziehen.
    »Sir Roderick of Pembroke«, entzifferte Jeremy Smither in Gedanken die Schrift am unteren Bildrand. Die Augen des strengblickenden Mannes mit dem wilden, schwarzen Bart und der metallisch schimmernden Rüstung schienen zu glühen.
    »Es ist nichts«, redete sich Smither ein. »Es sind die überreizten Nerven. Es gibt keine Geister. Gespenster existieren nicht! Was du siehst, sind Gemälde. Materie! Etwas Farbe und Leinwand! Mehr nicht!«
    Jeremy Smither zwang seinen Blick auf die Statue der Kali. Aus leblosen Steinaugen starrte ihn die Todesgöttin der Hindus an. Aber es war nicht der warnende Blick wie bei den Gemälden. Es war tote Materie, dem ein unbekannter Künstler Formen gab, die Leben vorspiegelten.
    Smither verdrängte die Warnung des Butlers, daß sich der tote Stein beleben könnte. Er hatte viele Legenden gehört, mit denen gestohlene Weihegegenstände Indiens ihre Besitzer straften. Kurz kam ihm der »Blaue Diamant« in den Sinn, der nun dem Zugriff der Menschen für immer entzogen auf dem Meeresgründe in einem Tresor der »Titanic« ruhte.
    Dann war er heran. Noch ein Schritt, dann konnte er die Statue der Kali mit seiner Hand greifen. Da - der Schritt war getan.
    »Jetzt mußt du…!« befahl er sich selbst im Geist. »Zugreifen… du mußt zugreifen… !« Langsam erhob der Versicherungsagent die Hand, um den Frevel zu vollenden.
    Fast meinte er, die wesenlose Kühle der Steinskulptur bereits an seinen Fingerspitzen zu verspüren.
    Da legte sich etwas schwer auf seine rechte Schulter.
    »Halt!« zischte es gefährlich…
    ***
    Selbst der Schloßherr wußte nicht, daß der Geist seines toten Ahnherrn in seinem Portrait hauste, dem man im großen Saal einen Ehrenplatz eingeräumt hatte.
    Sir Roderick hatte schon lange überlegt, wie es ihm gelingen konnte, aus dem Schloß zu entwischen. Der Gespensterbann ließ ihn nicht durch. Der war sicherer als selbst hohe Maschendrahtzäune und Selbstschußanlagen.
    Für Sir Roderick und die anderen Gespenster war dieser Bann wie für einen Menschen eine undurchdringliche Mauer aus Plexiglas.
    Unüberwindlich…
    Jedenfalls für den astralen Gespensterleib…
    Aber jetzt führte der Zufall einen Menschen in das Gemäuer. Sir Roderick entschloß sich sofort, diese Chance zu nutzen.
    Denn durch den Körper eines lebendigen Menschen abgeschirmt, konnte er den Bannkreis passieren. Seine geisterhafte Ausstrahlung wurde durch den lebendigen Körper absorbiert.
    Sir Roderick of Pembroke handelte. Aus dem Nichts heraus materialisierte er hinter Jeremy Smither und legte ihm die gepanzerte Rechte auf die Schulter.
    Sein »Halt« ließ Smither zusammenzucken. Mit kreidebleichem Gesicht starrte Jeremy auf die fluoreszierende Gespenstergestalt.
    »Wenn du weiterleben möchtest, tust du, was ich sage«, knurrte Sir Roderick. »Andernfalls steht dir ein Schicksal bevor, wie du es dir in deinen gräßlichsten Alpträumen nicht vorstellen kannst! Willst du dich meinen Wünschen fügen?«
    Aus Jeremy Smithers Kehle kam ein undefinierbares Krächzen.
    »Rede! Die Zeit ist knapp!« drängte das Gespenst.
    »Ja! Ich will…!« preßte Jeremy Smither hervor.
    »Sage dreimal die Worte ›Wir sind eine Person, bis die Aufgabe erfüllt ist!‹« sagte Sir Roderick eindringlich.
    »Was bedeutet das?« fragte Smither und sah die Erscheinung mit erschrockenem Gesicht an.
    »Frage nicht! Sage die Worte!« drängte Sir Roderick. »Ich werde mein Bestes geben, daß du nicht zu Schaden kommst. Du mußt helfen, dem Fluch von Pembroke-Castle Einhalt zu gebieten - oder mit uns zugrunde gehen!«
    Jeremy Smither blickte gehetzt um sich. Ein Entkommen war unmöglich.
    »Sage die Worte!« drängte das Gespenst.
    Mit bebenden Lippen flüsterte Jeremy Smither den Spruch, den Sir Roderick

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