0243 - Der Henker kam mit 13 Briefen
doch nicht tun… Ich verrate… bestimmt nichts!«
Snyder verzog sein Gesicht noch mehr.
»Aber nein, Professor, was denken Sie von uns? Wir haben nicht vor, Sie umzubringen. Es könnte doch sein, dass ich Ihre geschätzten Dienste nochmals in Anspruch nehmen muss. Ich habe ein viel besseres Rezept in der Hand, um Sie am Singen zu hindern. Sagt Ihnen der Name Sophia Bagnotti nichts? Die attraktive Dame ist natürlich nicht verunglückt. Höchstwahrscheinlich wartet Ihr süßes Zuckermäulchen in Philadelphia auf einen postlagernden Brief mit dem Kennwort Sehnsucht. Aber sie wartet vergebens, denn Ihre hübschen Ergüsse sind an die falsche Adresse gelangt, nämlich an mich.«
Aus Sullos Gesicht war jede Farbe gewichen. Er stöhnte: »Hören Sie auf. Ich kann mir schon denken, worauf Sie hinauswollen. Wenn ich nicht dichthalte, machen Sie mich mit diesem Brief unmöglich.«
Snyder wurde zum Spott in höchsteigener Person.
»Sehr klug kombiniert. Nun kann ich mir ja lange Erklärungen sparen. Trotzdem, damit Sie es ja nicht vergessen. Wenn Sie auch nur einen Ton über das, was Sie hier gesehen haben, irgendwo verlauten lassen, werde ich einen handfesten Skandal entfesseln. Es wird Ihnen bekannt sein, dass die Direktion des Italian Hospitals sehr auf Moral bedacht ist.«
Sullo sackte in einen Sessel, schnappte nach Luft und tupfte sich mit dem Taschentuch den Schweiß von dem blanken Schädel. Die Gangster betrachteten ihn ebenso belustigt, wie schadenfroh.
Schließlich befahl Snyder seinen Kreaturen.
»Schafft den dicken Schmierfink wieder weg!«
Ted stülpte dem Professor den Hut wieder über die Augen. Dann schleiften die beiden Banditen den völlig gebrochenen Mann aus dem Raum.
Snyder trat zum Fenster und blickte in den Hof hinab, bis der Buick des Professors verschwunden war. Dann zündete er sich eine Zigarette an und streckte sich behaglich auf der Couch aus. Er spürte fast keine Schmerzen mehr. Im Übrigen war er mit sich und der Welt mehr als zufrieden. Die Dinge hatten sich so ziemlich nach Wunsch entwickelt. Die ärgerliche Panne an der Toms Bridge hatte keine nachteiligen Folgen gezeigt. Den Verlust des Superwagens konnte er leicht verschmerzen, rechnete er doch fest damit, dass er sich in absehbarer Zeit noch ganz andere Dinge als ein Luxusauto zu leisten imstande sein würde. Sein groß angelegter Coup lief mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerks ab.
Der Gangsterboss schaltete das Radio ein. Vielleicht würden schon Berichte über seinen, wie er glaubte, genialen Anschlag auf den Postwaggon durchgegeben.
Aus dem Lautsprecher kam die unpersönliche, monotone Stimme des Ansagers: »Wir unterbrechen unser Frühkonzert und wiederholen einen wichtigen Aufruf: Das FBI New York bittet alle Personen, die am Abend des 16. August auf dem Bahnsteig 25 des Pennsylvania Bahnhofs die Abfahrt des Express 472 nach Washington fotografiert haben, den betreffenden Film dem FBI umgehend zur Verfügung zu stellen, auch wenn der Film noch nicht entwickelt oder sogar nur zum Teil belichtet wurde. Die Negative werden selbstverständlich streng vertraulich behandelt. Ich wiederhole: Das FBI New York bittet alle Personen…«'
Snyder war wie vom Schlag getroffen. Mit glasigen Augen starrte er das Rundfunkgerät an. Die Zigarette entfiel seiner Hand und brannte ein Loch in den kostbaren Teppich. Snyder bemerkte nicht einmal den Brandgeruch. Dafür erkannte er mit erschreckender Deutlichkeit, welche Gefahr dieser Aufruf auslösen konnte, ja auslösen musste. Mit größter Wahrscheinlichkeit würde dem FBI ein Film abgeliefert werden, auf dem seine Rollstuhlbande mehr oder weniger deutlich zu sehen war. Mike, der angeblich Gelähmte, konnte auf einem Foto wohl nicht erkannt werden. Anders war dies jedoch mit Burk Creweil. Wenn Burk sich auch gegen früher etwas verändert hatte, so würden die Cops ihn doch anhand einer Aufnahme identifizieren können, da er bereits in deren Bilderbuch verewigt worden war.
Snyder geriet in Panik. Er sprang auf und ging erregt im Zimmer auf und ab. Die Schmerzen stellten sich allmählich wieder ein, aber der Ganove achtete nicht darauf. In seinem Kopf wirbelten die Gedanken. Wie sollte er die drohende Katastrophe noch abwenden können. Burk Creweil durfte auf keinen Fall in die Hände der Polizei fallen. Er wusste zu viel, und es war mehr als fraglich, ob er einer Vernehmung standhalten würde. Folglich musste Creweil verschwinden. Am Einfachsten wäre gewesen, Creweil unter
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