0243 - Der Henker kam mit 13 Briefen
unmöglichen Gelegenheiten zu fotografieren, sicherlich auch bei der Abfahrt eines Zuges. Wenn wir Glück haben, wurde der Rollstuhlgangster samt Komplize zufällig auf einen Film gebannt. Wir brauchen also nur eine entsprechende Aufforderung im Radio, Fernsehen und in der Presse bekannt zu geben.«
»Nicht schlecht«, meinte Mr. High. »Wir dürfen aber in dem Aufruf nicht durchblicken lassen, dass es uns auf ein Foto des Mannes im Rollstuhl ankommt, sonst verraten wir zu eindeutig, in welche Richtung unsere Nachforschungen zielen. Ich möchte nach Möglichkeit vermeiden, dass die Gangster ihren Komplizen vorsichtshalber umbringen. Da nehmen wir lieber eine Menge überflüssiger Aufnahmen in Kauf. Wenn nur auf einer einzigen unser Mann drauf ist.«
»Okay«, erwiderte ich. »Ich werde schon einen unverfänglichen Text verfassen. Ist Neville schon im Haus?«
»Er ist noch im Haus«, antwortete Mr. High. »Er schläft auf dem Feldbett in seinem Büro. Ich werde ihn wecken.«
Mr. High scheuchte den guten Neville per Telefon von der Pritsche. Phil und ich stiefelten gemächlich durch den langen Korridor. Ganz gern hätte ich meine immer noch feuchte Wäsche gewechselt, aber das musste ich auf später verschieben.
***
Als wir bei Neville aufkreuzten, hockte er, wenn auch etwas verschlafen, bereits hinter seinem Schreibtisch.
»Den Gangster, der sich Cris Snyder nennt, führe ich nicht«, begann Neville ohne Umschweife. »Ich hoffe aber, diesen Gentleman dank eurer Mitwirkung in Bälde hereinzukriegen.«
Neville hielt wie die meisten G-men nichts von tierischem Ernst. Offenbar war mein Funkspruch an das FBI von Philadelphia auch an unser New Yorker Districtgebäude weitergeleitet worden, und Neville hatte ihn sogleich auf eigene Faust ausgewertet, jedoch ohne Ergebnis. Neville fügte hinzu: »Doch Spaß beiseite! Womit kann ich den Herren sonst noch dienen?«
Phil übergab Neville die Beschreibung des hilfsbereiten Ganoven mit dem Galgenvogelgesicht. Neville studierte die Notizen. Mit gerunzelter Stirn meinte er: »Auf Anhieb kann ich nicht sagen, ob der Ganove schon bei uns verzeichnet ist. Kommt in zehn Minuten wieder her.«
Diese Wartezeit musste ausgenützt werden. Wir zogen uns in unser Office zurück, um den Text für den Aufruf an die Öffentlichkeit zu entwerfen.
Ich hatte eben den Wortlaut unserer Zentrale zur Weiterleit'ung an die verschiedenen Publikumsorgane durchgegeben, da klingelte auch schon das Telefon.
»Neville hat wieder mal erstklassige Arbeit geleistet. Er ist einfach fabelhaft«, sagte ich zu Phil, während ich den Hörer abhob. An der Strippe war jedoch nicht unsere wandelnde Verbrecherkartei, sondern Mr. High.
»Jerry, soeben erhalte ich einen wichtigen Anruf aus Rahway in New Jersey. Betrifft offensichtlich den Fall Snyder. Ich habe Ihren Apparat parallel schalten lassen, damit Sie gleich mithören und Fragen stellen können.«
Ich winkte Phil an den Schreibtisch heran und gab ihm den zweiten Hörer. Die Stimme aus der Muschel vibrierte vor Erregung, obwohl der Sprecher sich bemühte, einen sachlichen Bericht zu geben.
»Hier spricht die Polizeistation von Rahway, Sheriff Brown. Gemäß einer FBI-Anweisung aus Philadelphia hatte ich in meinem Bezirk die Straßen nach New York sperren lassen, um den Chrysler 300 G abzufangen. Dabei hatte ich den Streifenwagen Nr. 3 an dem Highway Philadelphia-Jersey City bei der Abzweigung nah Rahway stationiert. Da sich dessen Besatzung längere Zeit nicht mehr meldete, ließ ich die Angelegenheit überprüfen. Meine Leute fanden das betreffende Fahrzeug an seinem befohlenen Standort, aber die beiden Beamten lagen erschossen am Boden. Die Maschinenpistolen und die Colts der ermordeten Beamten sind verschwunden.«
Ich unterdrückte einen Fluch und fragte: »Womit wurden Ihre Männer erschossen?«
»Den aufgefundenen Patronenhülsen zufolge mit einer 38er Automatic. Exakte Angaben sind jedoch erst nach der Obduktion möglich. Auf gar keinen Fall, das steht jetzt schon einwandfrei fest, benutzte der Täter eine Maschinenpistole.«
Ich überlegte einige Augenblicke. Meinem Gefühl nach konnte dieser Überfall nicht von Snyder allein durchgeführt worden sein. Ich vermochte mir nicht vorzustellen, wie der verletzte Gangster mit zwei Polizisten, die ausdrücklich vor'seiner Gefährlichkeit gewarnt worden waren, hätte fertig werden sollen. Auch wäre Snyder von sich aus wohl kaum auf den Gedanken gekommen, die Waffen der ermordeten Beamten an sich zu
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