0244 - Der Seelen-Vampir
ihm die Antwort geben konnte.
»Ich weiß es nicht.«
»Und wohin ist der oder sind diejenigen verschwunden?« formulierte der Inspektor weiter.
Diese Frage war gut. Wir hatten niemanden gesehen. Den Weg, den wir gekommen waren, hatten unsere unbekannten Gegner also nicht genommen. Es konnte noch einen anderen Ausgang geben.
»Hörst du nichts?« fragte Suko plötzlich.
»Nein, wieso?«
Er deutete in die Runde. »Da ist doch ein stetiges Brausen, das irgendwie immer gleich klingt.« Der Schein seiner Lampe machte die Bewegung mit und strich geisterhaft über die rohen Wände.
Suko hatte recht. Auch ich hörte es. Zuvor war es mir nicht aufgefallen, ich hatte mich zu sehr auf diese unheimliche Höhle konzentriert. »Es kann nur das Meer sein«, folgerte ich.
Der Meinung war auch Suko.
»Wir befinden uns also in Höhe des Meeresspiegels«, sagte ich weiter und überlegte einen Moment. »Es wäre eigentlich ganz natürlich, wenn sich die Benutzer der Höhle einen zweiten Ausgang verschafft hätten. Denn so sitzen sie, falls mal etwas schiefgeht, in der Falle.«
»Bravo, großer Mr. Holmes«, lobte der Chinese. »Begeben wir uns also auf die Suche.«
Der Vorschlag war gut. Wir teilten uns die Arbeit. Suko nahm die von der Treppe aus gesehen linke Hälfte der Höhle in Augenschein, ich die andere.
Der Boden war fest, da gab es keine Spuren, die auf einen Ausgang hingedeutet hätten. Es blieben die Wände. Mit dem Griff unserer Berettas klopften wir sie ab.
Wir gingen dabei methodisch vor. Zoll für Zoll, von unten nach oben, wobei ich in Kopfhöhe aufhörte. Ich wartete darauf, daß es hohl klang. Bei mir nicht, aber bei Suko.
Ich hörte das Geräusch, drehte mich um, und Suko tat das gleiche.
Er leuchtete gegen eine bestimmte Stelle der Wand. »Da ist etwas«, erklärte er.
»Und du bist dir sicher, daß du nicht gegen deinen Kopf geschlagen hast?« fragte ich, während ich zu ihm ging.
»Das hätte sich anders angehört.«
»Wie denn?«
»Voller, weil ich soviel Gehirn habe.«
»Ja, ja, Stroh leitete eben nicht so«, sagte ich und klopfte ebenfalls gegen die bewußte Stelle an der Wand.
Mein Partner hatte sich nicht getäuscht. Dort klang es tatsächlich hohl. Demnach mußte sich hinter dem Stein eine Öffnung befinden.
Nur – wie bekamen wir das Loch frei?
Suko und ich konzentrierten uns auf die nähere Umgebung. Der Chinese war in die Knie gegangen. Er leuchtete den unteren Teil ab und auch ein Stück davor den Boden, Ich beschäftigte mich mit der oberen Seite und hörte plötzlich Sukos leises Lachen.
»Was ist los?« fragte ich.
»Ich habe was gefunden. Einen Hebel. Komm, schau dir das mal an, Alter.«
Ich kniete neben Suko und sah dort, wo der Boden und die Wand im rechten Winkel zusammenstießen, einen kleinen Hebel. Er glänzte matt, und wir konnten feststellen, daß er aus Metall bestand.
»Läßt er sich bewegen?« raunte ich.
»Das wollte ich soeben herausfinden.« Suko faßte mit zwei Fingern nach dem Hebel, drückte ihn nach rechts und auch nach links. Das heißt, er wollte es, aber das Ding rührte sich nicht von der Stelle.
Es war wie in alten Spukschlössern mit eingebauten Geheimgängen. Uns hatte eine fiebrige Spannung erfaßt, und als mein Partner den Hebel zu sich heranzog, da tat sich etwas.
Innerhalb der Mauer entstand ein gewaltiges Knirschen. Stein kratzte auf Stein. Zwischen den Hälften klebte Staub, befanden sich kleine Steinkrümel, diese wurden zermalmt, und das dabei zu hörende Geräusch ließ eine Gänsehaut über unsere Rücken rieseln.
Wir hatten das Schiff gesehen, und danach suchte ich. Die Umrisse hatte ich mit denen eines Fischkutters vergleichen können, aber wir sahen von dem Boot nichts mehr. Die Dunkelheit hatte es verschluckt.
Es war inzwischen finsterer geworden. Die Kanten der Felsen traten nicht mehr so deutlich hervor, sie bildeten jetzt hohe, seltsame zerfließende Gegenstände, und das auslaufende Meerwasser zwischen ihnen zeichnete helle, schaumige Streifen.
Wir mußten wieder zurück.
Ich deutete dorthin, woher wir gekommen waren. Suko nickte, er war ebenfalls einverstanden.
Dazu sollte es vorerst nicht kommen, denn aus der Dunkelheit lösten sich zwei gewaltige Schatten.
Seevögel sind nicht so groß. Und Seevögel haben auch keine glühenden Augen.
Diese Schatten waren andere Wesen.
Vampire!
***
Der Kutter transportierte eine makabre Fracht. In der Tat standen vier pechschwarze Särge an Deck. Särge, in denen die Geschöpfe
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