0244 - Der Seelen-Vampir
Cornwall zu schicken, wo wir mit dem Geistlichen zusammentrafen.
Ich arbeite gern mit den Kirchenmännern zusammen, denn sie hatten sehr viel Verständnis für unsere Arbeit gezeigt und uns bei manchem Fall helfend zur Seite gestanden.
Natürlich war der Pfarrer nicht mit in die Tiefe gestiegen, das ließen seine alten Knochen nicht mehr zu, dennoch hatte er uns den Weg hervorragend beschreiben können.
Wir fanden einiges vor, was den Fall verdächtig machte. Da waren die nachträglich in den harten Fels geschlagenen Leitern und jetzt die Treppe, die in den Schacht führte und verdammt tief war, denn ihr Ende sahen wir im Licht der Lampen nicht.
Suko blieb so plötzlich stehen, daß ich fast gegen ihn gelaufen wäre. »Kannst du nichts sagen?« zischte ich.
»Sorry, John, aber wo führt die Treppe deiner Ansicht nach hin? Wo kommen wir raus?«
»Wenn ich das wüßte, hätte ich mich da unten aufgebaut und dich in Empfang genommen.«
»Mein Gott, was bist du wieder grantig.«
»Geh weiter, Dicker!«
Auch ich setzte meinen Fuß wieder vor. Es war ein regelrechtes Tasten. Diese verfluchte Treppe konnte man mit einem Alptraum vergleichen. Sie paßte mir überhaupt nicht, und immer wieder liefen wir Gefahr, auf dem feuchten Untergrund abzurutschen.
Suko leuchtete direkt vor seine Füße, während ich den hellen Strahl an ihm vorbei und weiter in die Düsternis gleiten ließ.
Deshalb sah ich auch zuerst das Ende der Treppe.
»Wir haben es gleich geschafft«, flüsterte ich Suko zu. Oben in dem Gewölbe hatte jedes gesprochene Wort irgendwie seltsam nachgehallt, hier unten in der stickigen Luft war es nur schwer zu verstehen.
Suko hob ein wenig den Kopf. »Viel ist nicht zu sehen…«
»Vor allen Dingen keine Menschen.«
»Hast du vielleicht den Seelen-Vampir hier erwartet?«
»Das nicht gerade. Aber doch mehr, als jetzt zu sehen ist.«
»Vielleicht erleben wir noch eine Überraschung.«
Wir hatten uns weiterhin nur im Flüsterton unterhalten. Obwohl wir beide nicht darüber sprachen, spürten wir dennoch, daß sich die uns umgebende Atmosphäre irgendwie verändert hatte. Natürlich war die Luft schlechter geworden, aber es gab noch etwas anderes, nicht Greifbares, was gefährlich und unsichtbar in diesem Schacht lauerte.
Das Grauen…
Genau – dieser unheimliche Gast begleitete jeden unserer Schritte.
Ich hatte das Gefühl, als würden wir uns dem Zentrum eines schrecklichen Schauplatzes nähern, wo eine unheimliche Brut ein gefährliches Erbe hinterlassen hatte.
Auch ich spürte es kalt über meinen Rücken laufen. Wir waren bereit, ohne Zögern zu unseren Waffen zu greifen, wenn es die Situation erforderte.
Noch geschah nichts.
Suko und ich erreichten unangefochten das Ende der Treppe und konnten uns umschauen.
Wir blieben vor der letzten Stufe stehen. Gemeinsam schwenkten wir die Lampen im Kreis und fanden uns in einer noch tiefer liegenden Höhle wieder.
Leer war sie nicht.
»Was ist das denn?« flüsterte Suko, als er zur Seite ging und auf einen Haufen alter Lumpen deutete, die in einer Ecke der Höhle lagen. Ich stand günstiger und trat näher.
Mit der Lampe deutete ich auf die Kleidungsstücke.
Meine Lippen verzogen sich, als ich die Lumpen erkannte. Nein, man konnte sie nicht als Kleidungsstücke bezeichnen. Was wir da zu sehen bekamen, waren alte Hemden.
Leichenhemden!
Ich kannte sie genau, denn diese Hemden zog man den Todkranken in manchen Hospitälern über. Sie waren praktisch der letzte Beweis, daß es mit dem Kranken zu Ende ging.
Es kostete mich Überwindung, meinen Körper zu beugen und mit der freien Hand eines der Hemden zu packen und hochzuheben. Es faltete sich auseinander, wir sahen gelbe und graue Flecken auf dem Stoff, aber auch dunkelrote Spritzer.
»Das ist ja Blut«, rief Suko, der neben mich getreten war.
Ja, es war Blut, das da an dem Hemd klebte und sich in Höhe des Halses befand. Ich ließ das Totenhemd zur Seite flattern und schaute mir auch die anderen an.
Sie sahen fast alle gleich aus.
In diesem Gewölbe war etwas Schreckliches passiert, das stand für uns fest.
Wir durchsuchten es. Nicht weit von den Leichenhemden entfernt, fanden wir auch eine Liege. Ein altes Feldbett, das aussah, als wäre es vom Sperrmüll gekommen.
Eine Matratze lag auf den Sprungfedern. Sie war zum Teil zerrissen und zeigte gelbliche Flecken. Außerdem strömte sie einen starken Verwesungsgeruch aus.
»Wer hat hier gehaust?« fragte Suko und schaute mich an, als ob ich
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