0244 - Stahlschmuck für den Massenmörder
war, weckte die väterliche Liebe des Börsenkaufmannes und wurde bald adoptiert. Noras Eltern, der Vater ein Säufer, die Mutter eine verkommene Schlampe, hatten das Kind mit Freuden weggegeben.
Während Nora uns erzählte, spürte ich, wie sehr sie an ihrem Stiefvater, der ihr eine andere Welt erschlossen hatte, gehangen haben musste. Daher resultierten wohl auch ihre Rachegelüste, die den alten Pestanazo, den Auftraggeber zu dem Mord an ihrem Vater, betrafen.
Wir verabschiedeten uns mit dem Versprechen, bald wiederzukommen und fuhren zurück zum Distriktgebäude.
Dort angekommen nahm ich mir noch einmal alle Akten vor, die mit dem Namen Pestanazo zusammenhingen. Ich studierte das Register von Giuseppe Pestanazo und las diesmal auch genau die Lebensgeschichte von Tonio.
Dabei stieß ich auf etwas, das mir sehr sonderbar vorkam. Es konnte ein Zufall sein, gewiss. Aber…
***
Am nächsten Morgen suchten wir Chuk Finegan.
Alles war vergeblich. Es schien, als hätte ihn der Erdboden verschluckt. Keine Spur von unserem Gewährsmann. Dabei war er der einzige, der für den Überfall auf Wayne infrage kam.
Wir setzten alle Hebel in Bewegung. Umsonst!
Während Phil sich damit beschäftigte, neue Mittel und Wege zu finden, die dazu führten, dass man Finegan fand, machte ich mich kurz vor der Mittagszeit auf dem Weg zum Hauptquartier der Stadtpolizei.
Ich kam gegen 12.30 Uhr in der Center Street an und erreichte Lieutenant Cowling gerade noch, bevor er zum Lunch ging.
Ich erkundigte mich, wie weit die Ermittlungen in der Mordsache Diamond inzwischen gediehen seien.
Cowling sah mich erstaunt an und meinte: »Wieso? Glauben Sie, dass wir jetzt noch einen anderen Täter finden? Es stand doch von Anfang an fest, dass es nur der alte Pestanazo gewesen sein konnte.«
»Keineswegs! Vor allem aber hätte ich jetzt gern eine Auskunft. Haben Sie schon etwas über die Lebensgewohnheiten des Detektivs ermitteln können? Wissen Sie, was er in den Tagen vor seiner Ermordung tat? Verhielt er sich irgendwie ungewöhnlich? War er vielleicht verreist?«
Lieutenant Cowling machte ein Gesicht, als hätte ich ihn gefragt, ob er lesen und schreiben könne.
»Donnerwetter«, entfuhr es ihm. »Wie kommen Sie darauf? Es stimmt tatsächlich! Diamond war für zwei Tage verreist. Wir konnten feststellen, dass es die beiden Tage, fast auf die Stunde genau vor seiner Ermordung waren. Er muss erst eine halbe Stunde vor seiner Ermordung zurückgekehrt sein. Er hatte eine Flugreise unternommen nach…«
»Nach…« Ich unterbrach den Lieutenant und nannte ihm einen Namen.
Der Lieutenant war so erstaunt, dass er vergaß, den Mund zu schließen.
»Verdammt, dann wird es höchste Zeit«, sagte ich und verabschiedete mich schnell.
Ich fuhr auf dem schnellsten Weg zurück ins Distriktgebäude und veranlasste von dort aus, dass sämtliche Geschworene weiterhin unter Polizeischutz blieben. Ich wusste nicht, dass ich mit meiner wohlbegründeten Anweisung eine halbe Stunde zu spät kam.
***
Jasper Williams bestellte das dritte Stück Cassata und sah dann den jungen Mädchen zu, die in Scharen durch die weit geöffnete Tür der Cafeteria hereinkamen.
Es war sehr heiß. Williams hatte das Jackett abgelegt und eine gefaltete Zeitung in die Hand genommen, die er als Fächer benutzte, indem er sie unermüdlich vor seinem erhitzen Gesicht hin und her bewegte.
Williams sah auf seine Uhr. 12.10 Uhr. Noch fünfzig Minuten bis zum Ende der Mittagspause.
Ich werde noch eine Cassata essen, dachte er. Dann schlendere ich ein bisschen auf dem Broadway entlang. Vielleicht finde ich irgendwo in der Nähe des Central Parks eine Bank, die noch nicht von sonnenhungrigen Menschen besetzt ist.
Jasper Williams, Büroangestellter in gehobener Stellung, ehemaliger Jurastudent mit unvollendetem Studium, nebenbei Geschworener bei einem New Yorker Schwurgericht, bezahlte seine Cassata bei dem schwarzlockigen Italiener, der in der Cafeteria bediente. Dann verließ der etwa vierzigjährige Mann das Lokal und bummelte durch die Straßen.
Nach einer Viertelstunde hatte er eine Bank in der Nähe einer Grünanlage gefunden, auf der gerade noch so viel Platz war, dass er sich setzen konnte.
Die Bank stand an einer recht belebten Ecke. Viele Menschen gingen vorüber. In der Nähe der Bank standen Männer und Frauen, die darauf warteten, dass einer der auf der Bank sitzenden Sonnenanbeter den Platz für den nächsten freigab.
Williams hatte es sich bequem gemacht. Er hatte
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