0244 - Stahlschmuck für den Massenmörder
als Sie' die Wohnung von Mister Wayne verließen?«
***
Nora hatte den Kopf gesenkt und starrte auf die Spitzen ihrer rot lackierten Fingernägel. Fast eine Minute verstrich. Dann hob Nora den Kopf blickte mich voll an und sagte: »Ich will Ihnen die Wahrheit sagen. Ich bin der Einladung von Mister Wayne nur gefolgt, weil ich wusste, dass auch Chuk Finegan eingeladen ist. Dieser Mann interessierte mich aus einem besonderen Grund. Von dem Detektiv, der vor ein paar Tagen erschossen worden ist, hatte ich erfahren, dass Chuk Finegan in irgendwelchen Verbindungen zu Giuseppe Pestanazo steht. Und den will ich finden.«
»Dazu kann ich Ihnen folgendes sagen, Miss Flynn. Giuseppe Pestanazo ist tot.« Ich erzählte ihr die Vorkommnisse des gestrigen Tages. »Sie haben also jetzt keine Veranlassung mehr, nach Pestanazo zu suchen und können Ihre Rachegedanken verwerfen.«
»Pestanazo hat nicht vorher erzählt, ob er Henry Diamond, den von mir engagierten Privatdetektiv, erschossen hat?« Nora Flynns Stimme klang rau, als sie mich fragte.
»Nein! Wir kamen nicht mehr dazu. Warum?«
»Es hätte mich interessiert, ob Pestanazo erfahren hat, dass Diamond für mich arbeitete.«
Minutenlang blieb es still in dem Zimmer. Dann hob Nora den Kopf und begann zu sprechen.
»Ich wusste, dass Finegan zu Pestanazo Verbindungen hat. Nachdem ich mit Finegan die Wohnung von Mitch Wayne verlassen hatte, gingen wir zusammen in eine Bar. Finegan hatte mich eingeladen, und ich sagte zu. Wir blieben dort etwa anderthalb Stunden, bis gegen zwei Uhr. Dann hatte ich mich davon überzeugt, dass aus Finegan nicht viel herauszuholen war. Er behauptete, dass er Pestanazo selbst nicht kenne, sondern nur hin und wieder Tipps von ihm erhalten habe, die er dann an die Polizei weiterreichte, wenn es darum ging, einen unbequemen Mann loszuwerden. Finegan erzählte mir, dass es nur einen Mann gebe, vor dem Pestanazo Angst habe: Conrad Chase. Es soll sich dabei um einen Gangster, um einen Killer aus Chicago handeln, der vor zwei Monaten nach New York gekommen ist, um eine alte Rechnung mit Pestanazo zu begleichen. Finegan wusste nicht, worum es sich dabei handelte. Tatsache sei jedoch, so erzählte mir Finegan, dass Conrad Chase den alten Pestanazo töten wolle, nachdem er zuvor dafür gesorgt habe, dass die Cops den jungen Pestanazo, den Tonio, fingen. Der alte Pestanazo soll nach Tonios Tod beinahe mit dem Leben abgeschlossen haben. Sein ganzes Trachten, das war in den Kreisen, in denen Chuk Finegan verkehrte, bekannt, galt nur noch der Rache. Pestanazo wollte die Geschworenen töten, alle ohne Ausnahme. Und dann wollte er zusammen mit Biff Hadley, seinem Halbbruder, sich auf Chase stürzen.«
»Wer ist Biff Hadley?«
»Finegan sagte nur, es sei ein Halbbruder von Giuseppe Pestanazo, gefährlicher als dieser und etwas jünger.«
Phil und ich sahen uns erstaunt an. Wir hatten noch nie von einem Gangster gehört, der diesen Namen trug. Auch war uns nicht bekannt, dass Pestanazo einen Halbbruder hatte.
»Mister Finegan brachte Sie nach Hause?«
»Ja!«
»Sie legten sich sofort zu Bett?«
»Sehr bald! Ich nehme an, dass Ihre nächste Frage Mister Finegan betrifft, und so kann ich Ihnen jetzt schon sagen, dass ich nicht weiß, wohin dieser ging, oder was er noch vorhatte. Wir haben uns zwar für heute Abend verabredet. Aber ich weiß nicht, ob ich hingehen werde. Denn jetzt, da Giuseppe Pestanazo seine gerechte Strafe erhalten hat, ist Chuk Finegan nicht mehr interessant für mich. Jetzt kann er mir nichts mehr nützen.«
***
Wir blieben noch über eine Stunde bei Nora Flynn, tranken fast ein Dutzend gut gemixter Whisky und unterhielten uns ausschließlich über private Dinge. Nora war bald wieder mit uns versöhnt, entpuppte sich als eine reizende Gastgeberin und erzählte aus ihrem Leben. Zu unserem Erstaunen erfuhren wir, dass Nora nicht die leibliche Tochter von Chet Flynn war. Der Börsenkaufmänn hatte sie adoptiert, als sie 14 Jahre alt war.
Erst seit diesem Zeitpunkt lebte Nora in New York. Chet Flynn hatte das Mädchen in den Slums von New Orleans aufgelesen, als sie dort von einer Rotte Halbwüchsiger misshandelt worden war, grün und blau geschlagen in einer düsteren Straße des Hafenviertels lag, und kläglich um Hilfe schrie. Chet Flynn war zufällig mit seinem eleganten Wagen vorbeigekommen, hatte die Hilferufe gehört und sich um das heruntergekommene Mädchen gekümmert. Nora, die im gleichen Alter wie Flynns leibliche Tochter Susi
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