0245 - Um 8 Uhr stirbt der Fernsehstar
gefasst gewesen, aber das Einzige, was ich hörte, war ein leises Schluchzen.
Ich wartete geduldig, bis sie sich wenigstens etwas beruhigt hatte.
»Daran sind nur seine Freunde schuld«, schluchzte sie. »Über drei Jahre lang war er vernünftig. Ich dachte schon, er sei über diesen Abschnitt seines Lebens endgültig hinweg, als er plötzlich seine Arbeit hinwarf und sagte, er könne jetzt das Zehnfache verdienen. Womit, das wollte er allerdings nicht verraten. Immer steckte er mit diesem Carlo zusammen, und alle paar Tage gingen sie abends weg, um erst am Morgen zurückzukommen. Ich hätte mir keine Sorgen gemacht, wenn er betrunken gewesen wäre, aber dass er nüchtern zurückkam, machte mich misstrauisch. Gestern Abend um sieben Uhr gab er mir hundert Dollar. Ich wollte sie zuerst nicht nehmen, ohne zu wissen, wofür er sie bekommen hatte. Dann ließ ich mich überreden.«
Mit kleinen Schritten ging sie zu dem altmodischen Vertiko und nahm mit spitzen Fingern zehn Noten von je zehn Dollar aus einer Keksdose.
»Das war wohl die Anzahlung für den Mord, den er heute Abend ausführte«, sagte ich.
Ich streckte die Hand nach den Scheinen aus, aber schon war die Frau aufgesprungen und warf die Scheine in den eisernen Ofen, der in der Ecke des Zimmers stand.
Im Nu fasste die Glut die Banknoten. Sie flammten auf und zerfielen zu Asche, bevor ich etwas daran hätte ändern können.
»Das durften Sie nicht tun, Mrs. Melbore«, sagte ich ärgerlich. »Das Geld hätte uns vielleicht den Weg zu dem Mann gewiesen, der Ihren Sohn angestiftet hatte. Außerdem gehören die Scheine nicht Ihnen.«
»Verzeihen Sie«, flüsterte sie. »Ich konnte dieses Blutgeld nicht mehr sehen. Jetzt weiß ich, dass es falsch von mir war.«
»Haben Sie gar keine Ahnung, von wem Ihr Sohn die Dollar bekommen haben könnte? Sie sprachen vorhin von einem gewissen Carlo. Kennen Sie ihn näher?«
»Nein. Er kam immer her, um Bill abzuholen. Ich mochte ihn nicht, ebenso wenig wie er mich. Wir sprachen nicht miteinander.«
»Aber Sie müssen doch gehört haben, was die beiden zusammen redeten.«
»Es war fast immer dasselbe. Carlo kam und sagte: Du sollst zum Boss kommen oder auch: Der Boss hat Arbeit für dich. Was mich besonders ängstigte war, dass er jedes Mal die Pistole einsteckte. Ich bat ihn wiederholt, die Waffe zu Hause zu lassen. Ich hatte Angst, aber da lachte er und sagte: Mach dir keine Sorgen, Mama. Das ist nur zur Verzierung. Das ist alles, was ich Ihnen sagen kann. Schon seit ein paar Wochen fühlte ich das Unglück kommen, und ich sagte ihm das. Aber er lachte mich nur aus.«
Sie schwieg für eine halbe Minute, und dann kam das, was ich befürchtet hatte.
»Jetzt bin ich ganz allein!«, schrie sie verzweifelt, und dann brach sie zusammen.
Ich klingelte bei der Nachbarin, einer ältlichen, etwas schmuddeligen Frau, und bat sie, sich um Bianca Melbore zu kümmern.
»Ihr Sohn ist plötzlich gestorben oder besser, verunglückt«, sagte ich als Erklärung.
Dann machte ich schleunigst, dass ich weiterkam. Eine Haussuchung hätte keinen Zweck gehabt. Der Gangster würde bestimmt nichts Belastendes in der Wohnung seiner Mutter versteckt haben. Er musste ja gewärtig sein, dass sie es fand und ihn zur Rede stellte.
***
Phil war in genauso schlechter Stimmung wie ich. Ginas Mutter hatte wie eine Furie gewütet und uns die Schuld am Tod ihrer Tochter gegeben. Diese hatte ihr von der Bekanntschaft mit dem Fernsehregisseur, wie sie mich bezeichnete, erzählt und war trotz der Warnungen weggegangen, um Salvatore Piscaro zu suchen. Von ein Uhr mittags an war sie unterwegs gewesen und erst um vier Uhr dreißig zurückgekommen. Sie hatte allen Fragen ihrer Mutter ein verstocktes Schweigen entgegengesetzt, hatte vor sich hin gebrütet und war dann kurz vor halb sieben plötzlich aufgesprungen.
»Und ich tue es doch«, hatte sie gesagt, ihren Mantel angezogen, die Pelzmütze aufgesetzt und war gegangen. Mehr hatte die Frau nicht gewusst. Sie war so außer sich gewesen, dass Phil sie in einem unserer Wagen nach Hause bringen ließ.
»Hat sie denn nichts verlauten lassen, woher ihr bekannt war, dass Gina sich mit einem G-man hatte treffen wollen?«, fragte ich.
»Nein. Sie sagte, ein Sergeant der Stadtpolizei habe davon gesprochen, dass der Fall von uns bearbeitet würde, aber im Polizeihauptquartier weiß niemand etwas davon. Vielleicht hat doch jemand den Mund nicht halten können.«
»Das kann ich mir nicht denken«, antwortete ich
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