0245 - Verdammt und begraben
sich nicht mehr viel zu, die Verletzung am Knöchel machte ihm zu schaffen, und als sich der Blut-Baron bewegte, da unternahm er nichts.
Der Pfähler blieb stehen.
Leer, ausgebrannt. Innerlich verunsichert stand er im Flockenwirbel und wartete auf das Ende.
Über sein Gesicht lief das Wasser. Es sammelte sich in den Furchen der Haut, wo es seinen Weg zum Kinn und zum Hals fand, um in der Kleidung zu versickern.
Heftiger Wind tobte über dem unheimlichen Totenacker, wirbelte Laub hoch, heulte um die Grabsteine und rüttelte an den blattlosen Zweigen der Bäume.
Der Vampir ging vor.
Er hatte Zeit, er bewegte sich dementsprechend langsam, aber unaufhaltsam.
Marek sollte sein Opfer sein. Ihm stand es zu, den bei den Blutsaugern so verhaßten Pfähler zu vernichten.
Der alte Mann schaute ihm entgegen. Noch immer lag seine linke Hand auf dem oberen Rand des Grabsteines, in der rechten hielt er seinen alten Eichenpfahl.
Nicht erst einmal hatte er einem Vampir gegenübergestanden, aber nie zuvor war ihm dies alles so gleichgültig gewesen wie in diesen Augenblicken. Frantisek Marek war drauf und dran, sein Leben einfach wegzuwerfen. Er dachte nicht mehr an sein Erbe, schaute auf den Vampir, dessen düstere Gestalt sich immer mehr aus dem Nebel löste, und der jetzt seine Lippen zurückschob, so daß auch Marek das markante Zeichen in seinem Oberkiefer erkennen konnte.
Die Blutzähne!
Als der alte Marek dieses Bild sah, da schüttelte es ihn durch.
Plötzlich straffte sich seine Gestalt, die Augen nahmen einen völlig anderen Ausdruck an. Waren sie zuvor noch blicklos und deprimiert gewesen, so schauten sie nun hell, klar und scharf.
In den Pupillen stand der Wille zu lesen, es unter allen Umständen zu schaffen.
Er war Marek, der Pfähler!
Dieser Gedanke war wie ein Blitzstrahl, der sein Gehirn durchschnitt. Er mußte die Vampire vernichten, denn er hatte von seinen Vorfahren die Verpflichtung übernommen.
Frantisek Marek hob den rechten Arm. Er schaute auf den alten, glatten Eichenpfahl, der von Nässe glänzte. Die Unterlippe des Mannes schob sich vor, das Gesicht nahm einen entschlossenen Ausdruck an, und er setzte sich in Bewegung.
Humpelnd, aber er spürte keinen Schmerz.
Sein Wille war auf die Vernichtung des Vampirs fixiert. Baron von Leppe durfte nicht überleben.
Marek beschleunigte seine Schritte. Bei jedem knickte er leicht ein, die Augen waren starr auf die ihm entgegenkommende Gestalt gerichtet, die ihre Arme ausgebreitet hatte, als wollte sie den Pfähler umfangen.
In Höhe des aufgebrochenen Grabes mußten die beiden unversöhnlichen Gegner ungefähr zusammentreffen.
Niemand von ihnen sprach. Marek atmete schwer, der Vampir blieb stumm. Lautlos und gespenstisch trieben die Nebelschleier über den alten Friedhof.
Und ebenso geräuschlos fiel der Schnee vom Himmel, der sich inzwischen in dicke Flocken umgewandelt hatte.
Er blieb liegen, schuf auf den alten Gräbern eine weiße Haube und bedeckte auch die Grabsteine.
Vor dem Mund des Pfählers dampfte der Atem. Bei Baron von Leppe war nichts zu sehen.
Ein Vampir atmete nicht…
Die Entfernung schmolz. Marek fixierte seinen Gegner genau. Er wußte, daß er sich auf einen langen Kampf nicht einlassen konnte, dazu fehlten ihm die Kraft und die Kondition.
Plötzlich griff er an.
Der alte Mann hatte sich genau überlegt, was er tat. Der Vampir war schneller gewesen als er und schon fast am Grab vorbei, als sich Marek wuchtig vorwarf.
Er verlagerte dabei sein Gewicht auf den rechten Fuß, und ein Schrei drang über seine Lippen.
Nie hätte Marek gedacht, daß er noch einmal so schnell sein würde, und auch der Vampir nicht.
Er wich aus, allerdings zur falschen Seite. Nicht nach rechts, sondern nach links warf er sich, und da befand sich das offene Grab seines Dieners Egmont.
Marek war es schon zum Verhängnis geworden, dem untoten Baron erging es nicht besser. Victor von Leppe trat ins Leere, verlor den Halt und fiel.
Noch in der Luft erwischte Marek ihn.
Sein unheimlicher Schrei zitterte über den alten Totenacker, als er die Spitze des Pfahls in die linke Seite der Brust rammte und den Vampir damit aufspießen wollte.
Es sah im ersten Augenblick so aus, als würde von Leppe in der Luft stehenbleiben, dann kippte er in das Grab, krachte in den Sarg und Marek fiel auf den Baron.
Der Pfähler riß seine alte Waffe aus der Brust, heulte auf und schrie, während er abermals zustieß.
»Das ist für meine Frau, du Bestie!«
Der
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