0246 - Fähre aus dem Jenseits
Kampf um Troja war ich nicht dabei!« sagte Professor Zamorra. Im gleichen Moment fiel ihm ein, daß ihn auch Amun-Re, der Zauberkönig von Atlantis kannte, als sie sich das erste Mal sahen. Auch diese Gestalt aus fernster, finsterster Vergangenheit wußte seinen Namen.
Verschoben sich die Zeiten? Hörte Professor Zamorra von Abenteuern, die er erst noch bestehen mußte? Dann lag noch viel vor ihm. Das zehnjährige Heldenringen um die Stadt des Priamos.
Aber es war keine Zeit, um darüber nachzudenken. Denn hier herrschten besondere Gesetze. Nichts war, wie man es von der Erde kannte.
Obwohl der Nachen des Charon noch entfernt war, begann der Schatten des großen Ajax zu schweben. Ohne, daß sich der Körper bewegte, flog er auf das Schiff zu. Beim Näherkommen erkannte Professor Zamorra, daß er in der Rechten einen Speer schwenkte. Die Linke zog gerade das Schwert hervor, das in seiner Brust steckte. Das Schwert, mit dem er sich selbst getötet hatte, nachdem er einer List des Odysseus erlegen war und es verschmähte, in Schande weiter zu leben.
Professor Zamorra hob den Ju-Ju-Stab und hielt ihn dem Geist des Telamoniers entgegen.
»Vernichte ihn!« gab er den Gedan kenbefehl. »Vernichte ihn, wie du die Geisterpiraten vernichtet hast!«
Keine Reaktion. Nur ein Kribbeln verspürte Professor Zamorra in der Handfläche. Ein Kribbeln, daß nur eine Vermutung zuließ.
Die Kräfte des Stabes waren in dieser Welt und dieser Umgebung fast kaum mehr wahrnehmbar. Und das Wenige wurde auf Professor Zamorra zurückgeschleudert. In der Realwelt wäre dies das Ende gewesen.
»Dein Zauber nützt dir diesmal nichts, Zamorra!« höhnte Ajax. »Hier gilt die Kraft des Körpers und das Geschick der Schwerthand. Denke daran, daß selbst der gewaltige Hektor vor mir floh… !«
»Hier, Zamorra!« hörte der Parapsychologe neben sich eine Stimme. Im nächsten Augenblick spürte er, wie ihm etwas in die Hand gedrückt wurde.
Etwas Schweres! Kaltes! ›Schattenjäger‹, das Schwert des Hexen-Hermann.
Instinktiv griff Professor Zamorra zu und ließ die Klinge wirbeln.
Das rettete ihm das Leben. Denn schnell wie ein Gedanke schwirrte es heran. Der Tod raste auf Professor Zamorra zu.
Ohne Vorwarnung hatte Ajax, der Telamonier, den mächtigen Speer geschleudert. Es war mehr Zufall als Können, daß die Schwertklinge den heransausenden Speer im Fluge traf und aus der Bahn schleuderte. Mit verbogener Spitze klirrte er zu Boden, nachdem er an den Stahlkörper des Schiffes- geprallt war.
Der Wutschrei des großen Ajax raste durch die Unterwelt. Dann berührte er die Planken des Schiffes. Augenblicklich war die schattenhafte Substanz seines Körpers dahin. Vor Professor Zamorra stand ein leibhaftiger Krieger mit einem Kurzschwert in der Faust.
Der Meister des Übersinnlichen verdankte sein Leben hauptsächlich der Tatsache, daß er sich schlagartig auf veränderte Situationen einstellen konnte. Ein Moment der Verwirrung - ein winziges Zaudern hätte sein Schicksal sofort besiegelt.
Denn Ajax griff an. Ohne Vorwarnung kam ein von unten heraufgeführter Schwerthieb, der Zamorra sonst in zwei Hälften gespalten hätte.
Klirrend trafen die beiden Waffen aufeinander. Mit aller Kraft drückte Zamorra das Schwert des Gegners nach unten.
Wie ein Wolf knurrend zerrte Ajax die Klinge frei. Es gab ein häßliches Kreischen, als die Waffen aneinanderschabten.
Im nächsten Moment prallten sie wieder zusammen. Noch einmal versuchte Telamons Sohn, seine gewaltigen Kräfte gegen den Parapsychologen auszuspielen. Aber Professor Zamorra hatte größere Kräfte, als man ihm auf den ersten Blick ansah. Zwar besaß er nicht die herkulische Gestalt eines Body-Building-Gewaltigen, aber sein ganzer Körper wies kein Gramm überflüssiges Fett auf. Jetzt, wo die Kraft des Armes erforderlich war, traten die Muskeln Zamorras wie Stränge hervor. Wieder einmal zahlten sich die unzähligen Trainingsstunden im Fitness-Center von Château Montagne aus. Mit einem durch Faulenzen träge gewordenen Körper wäre er längst seinen unheimlichen Gegnern zum Opfer gefallen.
Professor Zamorra biß die Zähne zusammen. Er legte seine ganze Kraft in den rechten Arm, der von oben geführte Schwerthieb wurde abgeblockt. Dennoch schwebte die Klinge des Ajax wie ein Damokles-Schwert über ihm. Wenn er jetzt die Nerven verlor - wenn seine Kräfte nachließen, dann gelang es Ajax, ihm den Schädel einzuschlagen.
Mochte dieser und jener wissen, warum ihm die Freunde nicht
Weitere Kostenlose Bücher