0246 - Fähre aus dem Jenseits
beendet. John Sinclair - Pater Aurelian und Professor Zamorra - sie dürfen nie und nimmer zusammen auf Englands Boden stehen. Dein sei der Auftrag, das zu verhindern…«
***
»Mensch, Florian! Guck dir mal das hübsche Mädchen da an«, stieß Manfred Riegel hervor. »Und die scheint offensichtlich alleine zu sein!« Dem Studenten der Biologie mit der kleinen, gedrungenen Gestalt und dem glatten, schwarzen Haar, blieb der Mund offen vor Staunen, als er das zierliche Mädchen mit dem langen, blonden Haar und dem Engelsgesicht erblickte.
»Wenn sie nicht alleine wäre, hätte sie sicherlich jemanden, der ihr mit den beiden großen Koffern behilflich wäre«, erkannte Florian Schmidt, der Angesprochene, die Situation ganz richtig.
»Na, dann nichts wie hin. Diese Gelegenheit, einen Kontakt zu knüpfen, kommt nicht wieder«, schaltete sich Volker Kummer, der Dritte im Bunde, ein. Er sah sofort, was zu tun war.
»Möge der Bessere gewinnen«, grinste Florian. Die drei jungen Männer, die alle das zwanzigste Lebensjahr überschritten hatten, waren gut miteinander befreundet. Nie hätten sie sich wegen eines Mädchens gestritten. Die Holde hatte die freie Auswahl…
Betont langsam schlenderten sie auf das Mädchen zu, das eben keuchend die beiden Koffer absetzte. Wie die Vorhut der glorreichen Sieben hielten sie an. Florians Blick richtete sich auf Manfred Riegel.
Denn der hatte das, was man im Volksmund eine ›Revolverschnauze‹ nennt. ›Sprecher des Hauses‹ - drückte es Florian Schmidt manchmal etwas gewählter aus.
»Können wir helfen?« begann Manfred Riegel leicht verunsichert. »Die Koffer sind doch sicher sehr schwer!«
»Ja, das sind sie wirklich!« erklärte das Mädchen auf Deutsch. Das Lächeln, das den drei Freunden entgegenflog, brachte sogar den sonst so schlagfertigen Manfred Riegel aus der Fassung.
»Es ist… ich meine… wir wollten…« begann er zu stottern.
»Ihr wolltet mir helfen? Das ist wirklich schön von euch. Ich heiße übrigens Regina Stubbe«, stellte sich das Mädchen vor und hielt den Jungen die Hand hin.
Aber statt sie zu ergreifen und zu schütteln, wie es der Brauch des zwanzigsten Jahrhunderts vorschreibt, tat Manfred Riegel etwas Ungewöhnliches. Er nahm die Hand, führte sie zum Mund und küßte sie.
»Regina. Das bedeutet ›die Königin‹. So sei es denn. Wir sind deine treuen Diener, Königin Regina«, erklärte er. Wie auf Absprache verbeugten sich Florian und Volker.
»Ja, und wer seid ihr nun?« fragte Regina Stubbe leicht verunsichert.
»Eure Kavaliere! Nennt uns ganz einfach die Drei Musketierei« sagte Manfred Riegel.
»Dann steht es ja außer Frage, daß ich derzeit mit Monsieur Porthos rede«, lachte Regina Stubbe, auf Manfred Riegels kräftige Gestalt anspielend.
»Nicht nur die Gabe der Schönheit -auch die Schlagfertigkeit ist Ihr zu eigen«, verbeugte sich Volker Kummer. »Ich bin Athos…«
»Das ist doch der Musketier, der in dem Buch von Dumas den Weinkeller leergetrunken hat«, zeigte sich Regina wissend. »Hoffentlich trinkst du nicht auch so viel. Besoffene mag ich nicht!«
»Aramis, Euch zu dienen«, sagte nun Florian Schmidt. Der hochgewachsene Junge mit dem mittellangen, braunen Haar und der modernen Kleidung griff sich den ersten Koffer. Er nahm gar nicht wahr, daß Reginas Blick etwas länger auf ihm ruhte. Er war so ein bischen im Disco Look gekleidet. Und das mochte Regina, die sich stets sehr modebewußt gab.
»Ich trage die Verantwortung«, erklärte Manfred Riegel und schob Volker Kummer den zweiten Koffer zu. Die Dinger hatten wirklich ein ganz akzeptables Gewicht. Und das Mädchen hatte mit dem C-Deck die billigste Passage. Das bedeutete, daß sie ganz nach unten mußten.
Während Manfred mit Regina angeregt plaudernd die steile Treppe hinunterschritt, keuchten Florian und Volker unter der ungewohnten Last.
»Sehen wir uns heute abend in der Bord-Disco?« säuselte Manfred Riegel, nachdem sie endlich die Kabine des Mädchens gefunden hatten, die sie mit drei älteren Damen teilen mußte.
»Nur, wenn ihr alle hinkommt«, erklärte Regina kategorisch. Der Blick, den sie Florian dabei zuwarf, ließ dessen Knie wackelig werden.
Dann schloß sich die Tür. Belämmert sahen sich die drei Jungen an.
»Auf den Schreck brauche ich erst mal ein Bier«, erklärte Volker. Die Idee fand Zustimmung.
»Arbeit macht durstig!« erklärte Manfred Riegel.
So schnell es ging trabten die Freunde die steilen Treppen nach oben zum
Weitere Kostenlose Bücher