0246 - Fähre aus dem Jenseits
wissen.
»Die Maschine streikt!« erklärte der Kapitän der ›Hamlet‹. »Der Leitende Ingeneiuer steht vor einem Rätsel. Alle Systeme sind in Ordnung. Aber nichts bewegt sich - als wenn der Teufel dahintersteckt!«
»Wenn Sie wüßten, wie Recht sie haben, Käptn!« sagt Aurelian. »Der hat uns das wirklich eingebrockt. Irgendwie stören wir die Pläne das Höllenherrschers so stark, daß er sich ganz besondere Mühe gibt, uns zu vernichten.«
»Ein schwacher Trost!« brummte Kempka. »Meine Geräte zeigen an, daß die Hamlet von einer leichten Strömung getrieben wird. Aber wir machen nur sehr langsame Fahrt. Dennoch - das kann hier unmöglich das Meer sein. Lassen Sie uns das Wasser untersuchen, meine Herren. Irgendwo muß hier eine Pütz sein!«
»Eine was?« fragte Zamorra, der zwar perfektes Deutsch sprach, gewisse Ausdrücke aus Seemarmssprache oder Jägerlatein jedoch nicht kannte.
»Einen Eimer meint er!« klärte ihn Manfred Riegel auf. In seiner Heimatstadt Bremen war das Wort »Pütz« ein bekannter Begriff.
»Red nicht so viel, Such lieber so ein Dingj« schnaubte Florian.
»Dann mach mal los! Feuer, Riegel!« kommandierte auch Volker.
»Volker am Morgen, Kummer und Sorgen!« gab Riegel bissig zurück.
»Ich habe so ein Ding!« beendete Hexen-Hermann die Diskussion. Wenige Augenblicke später klatschte der Eimer, an einem langen Tau befestigt, in das Wasser neben der Bordwand. Das Wasser wurde durch den Aufprall des Eimers jedoch nur spärlich bewegt. Nur da, wo der Eimer direkt auf die Wasseroberfläche klatschte, bildeten sich einige kreisförmige Wellen.
»Unbegreiflich!« entfuhr es Pater Aurelian. Dann griff er mit zu. Fieberhaft wurde das Tau eingeholt. Am Ende pendelte der Eimer, in dem brackig riechendes, grünfauliges Wasser schwappte.
»Haben Sie ein chemisches Labor an Bord?« wollte Zamorra wissen.
»Auf einem Fährschiff?« zog Kempka die Brauen hoch. »Was sollen wir damit. Das Meerwasser ist überall salzig. Wenn dieses hier nicht mit Salz verdorben ist, nehme ich an, daß wir auf einem Fluß sind!«
»Und wie wollen Sie das feststellen?« lauerte Manfred Riegel.
»So wie jeder Seemann!« erklärte der Kapitän. »Ich nehme einen Schluck…!« Bevor ihn jemand hindern konnte, hatte Kempka die Hand in den Eimer getaucht und einen winzigen Schluck getan.
»Nicht! Vielleicht ist es giftig!« versuchte ihn Manfred Riegel zu hindern. Ein Riß am Arm des Kapitäns. Das Wasser in der hohlen Hand Kempkas klatschte auf das Deck.
Aber es war zu spät. Verständnislose Augen starrten in die Runde. Augen, in denen nichts mehr war. Leblos und starr.
»Schnell. Zum Sanitätsraum? Was ist das - ein Sanitätsraum!« kam es hohl aus dem Mund des Kapitäns. »Und was bedeutet das… Schiffsapotheke?«
»Er hat den Verstand verloren!« entfuhr es Volker Kummer.
»Nein! Die Erinnerung!« dehnte Zamorra. »Ich habe eine ganz fürchterliche Ahnung.«
»Lethe! Das Wasser des Vergessens!« sprach Aurelian dumpf. »Wer es trinkt, erinnert sich nicht mehr an sein Leben auf der Erde!«
»Lethe… Lethe… das kenne ich doch aus dem Kreuzworträtsel!« mischte sich Ralf Töpfer ein. »Aber das ist doch eine Sage. Die alten Griechen glaubten, daß man beim Eintritt in die Unterwelt dieses Wasser trinken müsse, um die Erinnerung an die Tage im Sonnenlicht zu löschen!«
»Eine Sage hat immer einen wahren Kern!« erklärte Florian.
»Und es gibt Türen in den Gefügen des Universums!« erklärte Professor Zamorra noch einmal. »Hoffen wir, daß ich mich täusche!«
»Wenn nicht, sind wir also schon im Jenseits!« zog Manfred Riegel den Schluß. »Und wenn dies hier der Styx ist… !«
»… oder der Acheron!« fügte der belesene Volker hinzu.
»… dann ist das da hinten ganz sicher Charons Fährkahn!« fuhr Manfred ungerührt fort.
Mit ausgestrecktem Arm wies er auf einen Punkt vor ihnen am Horizont, der langsam größer würde. Tatsächlich, da schwamm etwas heran.
Minuten später waren die Konturen genauer zu erkennen.
Ein Geisterschiff!
***
»Die Gefahr ist gebannt!« frohlockte Lucifuge Rofocale. »Weder Zamorra noch Aurelian wird es gelingen, von dort zu entkommen!«
»Das Amulett ist noch an Bord!« erinnerte Asmodis. »Und wenn Zamorra die Macht des Ju-Ju-Stabes ergründet, hält er grenzenlose Macht in seiner Hand«
»Dazu wird er keine Gelegenheit mehr bekommen!« kicherte Satans Ministerpräsident. »Denn die Schrecken der Unterwelt haben ihn und das Schiff schon
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