0247 - Vampir-Terror
rammte mit der Schulter gegen die Tür und sprengte sie im ersten Versuch auf.
Blitzschnell ließ er sich fallen, die Waffe in beiden Händen schußbereit.
Aber da war kein Gegner.
Der Lärm machte die Wohnungsnachbarn mobil. Die waren überrascht, zum zweiten Mal innerhalb weniger Stunden Polizei im Haus zu sehen, und diesmal in voller Aktion.
Fehlt bloß, daß einer die Presse informiert, dachte Cadlex grimmig und stürmte durch die Wohnung. Er war nicht im mindesten daran interessiert, daß der wieder freigelassene Gus Frit oder dieser Schmierfink Roy Embers mit seiner Knipsmaschine hier auftauchten.
Im letzten Zimmer, einem Abstellraum, fand er den Beamten, der vor der Tür aufpassen sollte. Für ihn kam jede Hilfe zu spät.
Jemand hatte ihm mit einem stumpfen Gegenstand den Hinterkopf eingeschlagen.
»Axel Sherman«, murmelte Cadlex grimmig. »Das wird ja interessant… Wenn du nicht ganz dick in der Tinte steckst, fresse ich einen Besen - oder lasse mich von Embers fotografieren…«
***
Um diese Zeit begann auch Simon Jones wieder aktiv zu werden. Er befand sich längst nicht mehr in seinem Firmenbüro, sondern in seiner Privatwohnung. Von dort aus begann er zu telefonieren.
Nacheinander rief er die Anhänger des Kults an und befahl ihnen, sich kurz vor Mitternacht in einem ganz bestimmten, halb verfallenen Haus zu treffen. Es war das »verfluchte Haus…«
Aber für einige auserwählte Mitglieder des Kults hatte er ganz besondere Anweisungen.
Sie betrafen Professor Zamorra.
Jones hatte gehofft, der Überfall in jener Gasse hätte ausgereicht, Zamorra einzuschüchtem oder ihm wenigstens einen Eindruck der Gefahr zu vermitteln, in welche er sich begab, wenn er seine Finger nicht aus dieser Angelegenheit heraushielt.
Offenbar ließ Zamorra sich weder einschüchtem, noch abschrecken. Also mußten andere Saiten aufgezogen werden.
Simon Jones, der Meister, erteilte seine Befehle.
Und sechs Männer machten sich auf den Weg, diesen Befehlen zu gehorchen und dennoch kurz vor Mitternacht in dem »verfluchten Haus« zu sein.
Dort - würden sie den Vampir krönen!
Dort würde Varnae seinen Thron besteigen, der ihn zum Herrscher der Welt machte…
***
Nicole betrachtete das alte Haus. Es machte wirklich einen heruntergekommenen Eindruck. Die Abenddämmerung legte sich über die Stadt, und nur noch ein fahler Lichtschimmer traf die Dächer. Das »verfluchte Haus« stand ein wenig zurückgesetzt zwischen anderen Gebäuden. Die Wand war dunkelgrau, die Fenster wirkten wie schwarze Löcher. Im ersten Moment glaubte Nicole, sie seien ohne Glas, aber als sie näher trat, erkannte sie, daß jemand das Glas von innen mit schwarzer Farbe bemalt hatte.
Wer kam denn auf solche Ideen? Wer verdunkelte seine Räume denn freiwillig?
Ein Vampir… Einer, der das Tageslicht nicht so gut vertrug? Aber wenn jener vampirische Schüler wirklich der Täter war, dann mußte er sich doch auch bei Tageslicht im Freien aufhalten können wie jeder andere Mensch auch.
In diesem Haus sollte er sich häufig aufgehalten haben…
Vielleicht tat er das noch heute… Vielleicht hatte die blinde Großmutter hier wirklich eine heiße Spur aufgemacht, ohne es zu wissen.
Nicole zögerte. Der Anblick der grauen und mit dem verlöschenden Licht immer mehr ins Schwarz übergehenden Hausfassade flößt ihr Unbehagen ein. Vielleicht sollte sie doch Zamorra informieren und ihn bitten herzukommen. Oder die Polizei…
Aber dann entschied sie sich gegen das eine und das andere. Es konnte sein, daß Embers immer noch bei Zamorra hockte und wieder Alleskleber spielte. Und Inspector Cadlex würde ohnehin nicht positiv reagieren.
Außerdem war ja nicht gesagt, daß sich der Mörder wirklich gerade in diesem Haus aufhielt.
Nicole berührte die Eingangstür, drückte die Klinke nieder. Das Haus war nicht abgeschlossen. Es wunderte sie nicht. Es sollte schon seit Jahrzehnten leer stehen, und in der Zwischenzeit hatten mit Sicherheit Stadtstreicher Möglichkeiten gefunden, das Schloß zu knacken, und so war es nun einfach offen geblieben. Außerdem hatte ja schon der Junge hineingekonnt.
Sie stieß die Tür auf. Instinktiv griff sie suchend nach einem Lichtschalter -und fand ihn!
Eine trübe Glühbirne verstrahlte wenig Licht. Es gab mehr Schatten als Licht im Hausflur. Nicole wunderte sich, daß es so lichtschwache Birnen gab. Aber dann sah sie den Schmutz, der sich um die nackte Birne legte, die ohne Lampenschirm einfach gedreht worden
Weitere Kostenlose Bücher