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0248 - Gatanos Galgenhand

0248 - Gatanos Galgenhand

Titel: 0248 - Gatanos Galgenhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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ist.«
    »Das macht nichts. Meine Karten holen jeden aus der Unendlichkeit des Raumes.«
    »Das weiß ich ja, Lucille. Sie scheinen wirklich Wunderkarten zu haben.«
    Die alte Frau nickte und ging.
    Lucille, die Kartenlegerin, atmete auf. Das war geschafft. Diese Sitzungen strengten sehr an. Vor allen Dingen mußte sie immer auf die Probleme der einzelnen Mitglieder eingehen, was ihr überhaupt nicht paßte, aber es gab keinen anderen Weg zum Erfolg.
    Außerdem war Hellsehen in. Und wer in Greenwich Village lebte, der verdiente durch Hellsehen und Kartenlegen schon ein paar gute Scheine nebenbei.
    Lucille hieß ja auch nicht Lucille. Diesen Namen hatte sie sich zugelegt.
    Getauft war sie auf Scarlet O´Banion. Richtig schön irisch. Ihre grünen Augen konnte sie nicht verleugnen, aber die roten Haare hatte sie sich färben lassen.
    Sie lief jetzt mit einer blonden Mähne herum. Auch etwas Ausgefallenes, denn die meisten ihrer Kolleginnen schworen auf Schwarz oder auf ein geheimnisvolles Rot.
    Scarlet machte da kein großes Aufheben. Für sie waren allein die Leistungen wichtig. Und die brachte die Kartenlegerin. Ihr, Ruf hatte sich herumgesprochen, und der Kundenstamm konnte sich sehen lassen.
    An diesem Tage war es besonders schlimm gewesen. Zuletzt war noch die alte Dame gekommen, eine Malerwitwe, die unbedingt durch die Karten Kontakt zu ihrem verstorbenen Gatten aufnehmen wollte, allerdings nur, um ihn zu fragen, mit wem er sie zu seinen Lebzeiten betrogen hatte.
    Sachen gab es…
    Kopfschüttelnd ging Lucille wieder in ihre Wohnung zurück. Die letzte Kundin hatte sie bis auf den Flur begleitet. Sie schloß die Tür, schaltete das Licht in dem Dielengang ein und lehnte sich für ein paar Sekunden an die Wand. Dabei dachte sie darüber nach, wie sie den Rest des Abends verbringen sollte, und sie entschloß sich, nicht wegzugehen, sondern im Haus zu bleiben.
    Das war am besten.
    Bei diesem Wetter machte es auch keinen Spaß, sich in den Trubel von Greenwich zu stürzen. Allerdings nahmen viele darauf keine Rücksicht.
    Das junge Volk wollte nur Action.
    Und so jung fühlte sich die Frau nicht mehr. Schließlich ging sie auf die 40 zu, und da hatte man eben nicht mehr den Schwung wie noch vor 20 Jahren.
    Lucille lebte in einem Altbau. Das Haus hatte Geschichte, stand unter Denkmalschutz und besaß vier Etagen. Sie hatte eine Etage gemietet, und ihr standen acht Räume zur Verfügung.
    Es waren noch die Zimmer mit den hohen Decken, und jene Räume, die zur Straße hinwiesen, besaßen Erkerfenster.
    Lucille ging in ihr Büro. Einen Raum benutzte sie für die geschäftlichen Dinge. Sie hatte sich entschlossen, noch einige Rechnungen zu schreiben. Das wollte sie jetzt am Abend erledigen.
    Als sie hinter ihrem Schreibtisch saß und die Lampe mit dem roten Kunststoffschirm eingeschaltet hatte, kamen ihr selbst Zweifel, ob sie die Rechnungen noch schreiben sollte. Eigentlich konnte sie das auch auf den nächsten Tag verschieben, sie fühlte sich einfach zu matt, denn der vergangene Tag war sehr anstrengend gewesen.
    Lucille drehte sich auf dem Hocker und schaute in den Spiegel, der an der Wand hing.
    Sie sah sich zwar, aber weit entfernt.
    Es war ein seltsamer Spiegel. Schon mehr ein Kunstwerk. Von der Form her ein langes Rechteck. Innerhalb des Spiegels brannten kleine Lampen. Sie zeichneten die Maße genau nach. Allerdings physikalisch so konstruiert, daß der Betrachter das Gefühl hatte, er würde weit entfernt stehen oder sitzen, wie Lucille.
    Sie sah eine Frau, die ein blaues Kleid trug und die Haare ein wenig zerwühlt hatte. Die Mutter hatte zu ihr immer Püppchen gesagt. In etwa stimmte das tatsächlich, denn sie hatte das Gesicht einer Puppe, wenn sich auch jetzt um die Augen herum einige Falten gebildet hatten.
    Selbst die Zeitung hatte sie an diesem Tag noch nicht gelesen. Sie lag zusammengefaltet auf dem Schreibtisch.
    Zwei Zeitungen bekam sie immer: Die New York Times und ein lokales Blatt, den Village Star. Für die Times hatte sie keinen Nerv mehr. Es war ihr einfach zu mühsam, die oft komplizierten Texte der Berichte und Kommentare zu lesen, außerdem gab es in der Welt doch nur Mord und Totschlag. Sie griff lieber zum Village Star. Dieses Blatt brachte ihr die Umgebung näher.
    Lucille nahm die Zeitung an sich. Als sie das Blatt aufrollte, sprang ihr sofort die Headline der ersten Seite ins Auge. Das war wie ein Schlag ins Gesicht, denn die Überschrift hatte man noch in dicken, roten Lettern

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