025 - Das Tor der Götter
ihm: »Wieso verfolgst du Cat?«, erkundigte er sich misstrauisch.
»Und du?«, stellte Shannon die berechtigte Gegenfrage.
Kawilas blieb ihm die Antwort schuldig.
Sie standen mit ihren beiden Gleitern direkt über dem Dschungel, mitten auf der Insel. Dort unten war Cat mit ihrem Gleiter verschwunden. Also musste es einen geheimen Zugang geben, auch wenn die Ortung diesen nicht erkennen konnte.
Einen solchen Ortungsschutz konnte nur eine militärische Anlage haben. Davon war Shannon überzeugt. Dass Kawilas bei ihm war, empfand er dabei zwar als lästig, aber er würde sich davon auch nicht beirren lassen. Er ließ seinen Gleiter tiefer sinken.
Plötzlich kam ihm ein Gedanke: Eine militärische Anlage mit perfekter Tarnung? Ja, aber wenn es sich um eine militärische Anlage handelte, die sich perfekt tarnte, würde sie ja wohl kaum … wehrlos sein!
Er wollte dem Impuls zur eiligen Flucht nachgeben, um zurückzukehren und im Stützpunkt Alarm zu schlagen, aber da war es bereits zu spät: Die Sinne schwanden ihm …
*
Erst hier auf der Liege war er wieder zu sich gekommen.
»Du brauchst dir keine Vorwürfe zu machen, Shannon, weil du nicht gleich zurück ins Lager bist, um Alarm zu schlagen. Selbst wenn du versucht hättest, per Funk eine Warnung durchzugeben … Der Stationscomputer hätte beides erfolgreich verhindert. Diese militärische Anlage hier, wie du sie nennst, ist ganz andere Kaliber gewöhnt. Wenn ich wollte, würde vom ganzen Stützpunkt nichts mehr übrig bleiben, das den Kyphorern verraten würde, dass es euch überhaupt jemals auf diesem Planeten gegeben hat!«
Das war zwar einfach so ins Blaue hinein gesagt, aber sie sah, dass es seine Wirkung auf Shannon nicht verfehlte. Er kroch regelrecht in sich zusammen.
»Er ist wieder mal stark beeindruckt!«, kommentierte der Stationscomputer prompt.
»Hoffentlich begreift er jetzt endlich, dass ich keineswegs den Tod seiner Leute will! Ganz im Gegenteil: Die Rebellen sind schon goldrichtig. Alles, was dem Bund von Dhuul-Kyphora schadet, ist goldrichtig. Ich nehme mal an, dass du mir dabei keineswegs zu widersprechen wünschst, nicht wahr?«
»Nein, gewiss nicht, Herrin!«, betonte der Stationscomputer. »Ich wurde für den Krieg geschaffen und bin erfreut, dass ich dir in entsprechender Weise dienen darf, Herrin. Meine Waffensysteme sind bereit, nicht nur dich, sondern auch den ganzen Planeten zu verteidigen.«
»Das wird nicht nötig sein, solange die Rebellen selber auf sich aufpassen – und wie ich sie kennengelernt habe, werden sie das auch schaffen.«
»Wie willst du jetzt mit den beiden vorgehen, Herrin?«
»Wir werden hier ruhen. Ich werde eine Nacht darüber schlafen. Teile jedem sein Zimmer zu. Morgen werde ich mich entscheiden. In Bezug auf Kawilas ist meine Entscheidung bereits gefallen: Ich werde ihn morgen mitnehmen. Ob auch Shannon mich begleiten darf, weiß ich noch nicht. Wäre es dir möglich, ihn auf Dauer hier als Gefangenen zu halten?«
»Kein Problem, Herrin!«, versprach der Stationscomputer.
Cat betrachtete Shannon, aber ihm war nicht anzusehen, wie er darüber dachte.
»Was denkt er denn gerade, Comp?«, fragte Cat grinsend.
»Er verflucht dich, Herrin.«
»Na, da bin ich aber froh, dass er nicht wirklich magische Fähigkeiten hat, nicht wahr? Sonst würden seine Flüche vielleicht sogar Wirkung zeigen?«
Sie wandte sich einfach ab und verließ den Raum. Ihre Befehle waren erteilt. Inzwischen war es ihr egal, wie sie zu der Ehre gelangt war, für eine göttliche Herrin gehalten zu werden – solange es ihr genügend Vorteile versprach.
Nur ein Vorteil fehlte leider: Rückkehr zur Erde.
Aber man soll erst die Hoffnung aufgeben, wenn man nicht mehr lebt! , dachte sie an einen ähnlich klingenden Sinnspruch von der Erde, an den sie sich zu halten vornahm.
*
Sie erlebte eine unruhige Nacht. Als sie am Morgen aufwachte, überlegte sie, was sie tun solle: Aufstehen oder liegen bleiben. Sie fühlte sich wie gerädert. Kein Wunder. Nicht nur der übliche Alptraum betreffend die Transmitter-Katastrophe hatte sie heimgesucht, sondern auch die Begriffe Göttin und Herrin hatten Auswirkungen auf ihre Träume. Dabei war sie weniger eine Göttin als eher eine verhasste Teufelin, die von allen gejagt und gequält wurde.
Gejagt und gequält? , dachte sie jetzt. Das war eigentlich nicht so weit entfernt von der Wirklichkeit. Wenn sie daran dachte, was seit der Transmitter-Katastrophe passiert war …
Sie
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