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025 - Die toten Augen von London

025 - Die toten Augen von London

Titel: 025 - Die toten Augen von London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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gestern abend in seinem Haus in Chelsea mit ihm zu essen. Wie Sie vielleicht wissen, hat er ein piekfeines Haus, bis oben voll mit Gemälden und Schmucksachen. Und weil er mir eine schöne runde Summe angeboten hatte, um mich ein für allemal loszuwerden, entschloß ich mich, hinzugehen. Es kam mir auch sonst gelegen. Doktor Judd hat da einen Mann eingestellt, als Kammerdiener oder so, nun ja, er ist ein alter Sträfling und hat in Portland in der Zelle neben mir gesessen.«
    »Er heißt Strauß«, warf Larry ein, »hat eine Vorliebe für Koks und ist dreimal vorbestraft.«
    »Ach, das wissen Sie auch schon? Ich traf ihn also neulich ganz zufällig am Piccadilly. Er wollte gerade ein paar Kleinigkeiten unterbringen, die er seinem Herrn gemaust hatte, und da habe ich nur auch gleich ein Andenken ausgesucht - ein paar Manschettenknöpfe ...«
    »Daher kamen sie also?« fuhr Larry auf. »Sie gehörten Doktor Judd?«
    »Ich bin nicht ganz sicher, ob sie wirklich Doktor Judd gehörten. Strauß erzählte nämlich, daß oft Wochenendgäste dort waren, vielleicht hat er die Knöpfe auch einem von diesen geklaut. Tja und ich kam dann auf die Idee, mir etwas von den Kunstschätzen des Hauses anzueignen, bevor ich abreiste. Darum hatte ich mit Strauß vereinbart, daß ich mir nächstens mal das Haus ansehen wollte, um einige Kleinigkeiten auszusuchen. Als ich nun zum Essen eingeladen wurde, griff ich natürlich mit beiden Händen zu. Damit will ich nicht gesagt haben, daß ich je im Sinn hatte, ganz allein zu einem solchen Dinner zu gehen - so gut stand ich mit dem Doktor nun doch wieder nicht. Aber er erzählte mir, es würden noch andere Gaste kommen. Eingeladen war ich eigentlich für acht Uhr, aber da es um diese Zeit schon stockdunkel ist, ging ich bereits um sieben, und zwar nicht direkt zum Haus, sondern postierte mich gegenüber auf der anderen Straßenseite. Ich wollte lieber erst einmal Doktor Judds Gäste ankommen sehen, bevor ich auf der Bildfläche erschien. Ich wartete bis acht Uhr. Niemand kam. Ich wartete bis halb neun, und dann sah ich den Doktor herauskommen und die Straße hinabblicken. Mittlerweile war ich so hungrig geworden, daß ich beinah zu ihm hinübergegangen wäre, aber ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, daß ich ganz allein mit ihm speisen sollte, mit einem Menschen, den ich ... verstehen Sie? So wartete ich weiter, wartete und wartete, bis auf einmal ein Auto ankam und direkt auf das Einfahrtstor seitlich vom Haus losfuhr. Ich dachte schon, das Auto würde das Tor eindrücken, aber im Augenblick, als die Scheinwerfer es zu berühren schienen, öffnete es sich von selbst. Merkwürdig, sagte ich mir und ging über die Straße, um mir die Sache etwas näher anzusehen. Das bedeutete zwar ein bißchen Klettern für mich, aber es ging ganz leicht und geräuschlos. Und wissen Sie, was ich sah? Der erste, der aus dem Wagen stieg, war das dicke Riesenviech, das in der Jermyn Street versucht hatte, mir die Luft abzudrehen.«
    »Der blinde Jake?«
    »Ich bin ihm nie vorgestellt worden. Jedenfalls sah ich ihn deutlich, als er vor den Scheinwerfern vorbeiging. Dann wurden die Lichter gelöscht, und ich konnte nichts mehr sehen. Um zehn Uhr öffneten sich die Tore wieder - wie durch Zauberei, niemand war zu sehen -, und der Wagen rollte heraus. Als er langsam an mir vorbeifuhr, rannte ich hinterher und ließ mich auf den Gepäckträger fallen, der heruntergeklappt und einladend leer war. In der King's Road in Chelsea sprang ich wieder ab, weil es da zu hell war und ich von einem Polizisten hätte gesehen werden können. Aber es gab genug Taxis, ich zeigte dem Chauffeur den Wagen, dem er nachfahren sollte. Ich mußte herausbekommen, wo der blinde Jake - so nannten Sie ihn doch? -wohnte, und es gelang ohne große Schwierigkeiten, dem Wagen zu folgen. Wir fuhren am Viktoria-Bahnhof vorbei, dann über Grosvenor Place der Park Lane zu. Ich befürchtete, das Auto würde in den Park einbiegen, dann hätte ich es verloren, denn die Parkwege sind ja nur für Privatwagen offen, aber nicht für Taxis. Glücklicherweise - oder leider, wie man's nehmen will -fuhr der Wagen nicht durch den Park, sondern durch die Edgware Road, wo der Tyburn Tree gestanden hat, an dem man in alten Zeiten die Leute aufhing. Ich habe das mal in einem Buch gelesen, als ich mich - hm, erholte ...«
    »Wollen wir nicht lieber die Erinnerungen an Alt-London beiseite lassen?« schlug Larry vor.
    »Ich fuhr also dicht hinter ihnen.

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