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025 - Die toten Augen von London

025 - Die toten Augen von London

Titel: 025 - Die toten Augen von London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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- Jedenfalls ist die Dame jetzt in Sicherheit.«
    »Nein, Sir«, erwiderte Sunny.
    Larry starrte ihn sprachlos vor Überraschung an. Zum erstenmal widersprach ihm Sunny.
    »Nein?« vergewisserte er sich. »Haben Sie nicht verstanden, was ich gesagt habe? Die Dame sei hier sicher aufgehoben.«
    »Nein, Sir«, wiederholte Sunny. »Verzeihen Sie, wenn ich anderer Meinung bin.«
    »Sie meinen wirklich? Warum sollte sie hier nicht sicher sein?«
    »Weil Sie selbst nicht sicher sind, Sir«, erklärte Sunny überzeugt, »und solange Sie es nicht sind, ist es die junge Dame auch nicht.«
    »Gut, gut«, lachte Larry. »Glauben Sie, was Sie wollen! Ja, noch etwas, Sunny - schließen Sie heute nacht die Küchentür. Sie schlafen sehr unruhig, wie ich gehört habe, und wecken mir sonst noch die ganze Wohnung auf.«
    »Ja, Sir, ich werde die Küchentür schließen.«
    Die Küchentür schloß Sunny wirklich, aber er tat noch mehr. Als Larry zu Bett gegangen war und die Wohnung in tiefem Schweigen lag, schleppte er sein schmales Feldbett in die Diele hinaus, stellte es mit dem Fußende ungefähr vierzig Zentimeter von der Wohnungstür entfernt auf, klemmte ein Besenstilende an der Tür fest und ließ den Stiel an der Bettkante aufliegen.
    Gegen zwei Uhr morgens wurde geräuschlos ein Schlüssel ins Schloß gesteckt, die Wohnungstür öffnete sich langsam einige Zentimeter. Unbarmherzig fiel der Besen auf Sunnys Kopf.
    Larry hörte drei schnell aufeinanderfolgende Schüsse, sprang aus dem Bett und lief, den Revolver in der Hand, in den Gang. Er sah ein leeres Feldbett, die offene Wohnungstür, flog die Treppe hinunter und begegnete auf halber Höhe dem würdigen Sunny, der einen kleinen Kerl mit schmerzhaft verzogenem Gesicht am Kragen gepackt hielt und vor sich her schob.
    »Bringen Sie ihn herein!« befahl Larry und verschloß die Tür.
    »Ich bitte um Entschuldigung, Sir«, stotterte Sunny, »daß ich mir einen Ihrer Revolver ausgeliehen habe. Und was mein Bett in der Diele betrifft, außerdem die Störung, die ich Ihnen verursachen mußte ...«
    »Kein Wort mehr darüber!« Larry warf einen dankbaren Blick auf seinen Diener, »Davon sprechen wir später.« Er wandte sich dem Gefangenen zu. »Und Sie? Was haben Sie zu Ihrer Entschuldigung anzuführen?«
    »Er hat kein Recht, Schußwaffen zu gebrauchen«, antwortete der Fremde heiser. »Ich bin verwundet.«
    Der Mann war etwa Mitte Dreißig, hatte hohle Wangen und tiefliegende Augen. Larry befühlte seine Taschen und zog ein Messer mit langer Klinge heraus, die scharf wie ein Rasiermesser war.
    »Zeigen Sie Ihre Hände!« befahl Larry. »Schon vorbestraft?«
    »Nein«, antwortete der Mann mürrisch.
    »Wer hat Sie hierhergeschickt?«
    »Finden Sie es selbst 'raus! Von mir erfahren Sie nichts.«
    Als zehn Minuten später Polizeibeamte den Mann abführten, wußte Larry trotzdem, was er wissen wollte. Daraufhin nahm er noch Sunny zu einer kurzen Aussprache beiseite, mit dem Resultat, daß dieser für den Rest der Woche mit stolz geschwollenem Kamm herumstolzierte.

29
    Ein dünner, weißer Nebel hing über dem Park und verhüllte den einsamen Reitweg von Rotten Row. Die auftauchenden und wieder verschwimmenden Umrisse der wenigen Reiter, die zu dieser frühen Morgenstunde ihren gewohnten Spazierritt unternahmen, verstärkten noch den Eindruck der Verlassenheit.
    Chefkommissar Sir John Hason, der jeden Morgen vor dem Frühstück einen kleinen Ausritt absolvierte, war einer dieser Reiter. Weder erwartete noch wünschte er irgendwelche Gesellschaft. Um so größer war daher seine Überraschung und auch sein Verdruß, als ihn ein Reiter einholte und das Pferd an seiner Seite in Schritt fallen ließ.
    »Hallo, Larry!« rief er dann aus. »Woher kommst du auf einmal? Ich dachte schon, du wärst ein Geist.«
    »Das werde ich auch bald sein! Lange wird's nicht mehr dauern, wenn ich nicht sehr aufpasse. Ich wußte, daß ich dich hier finden wurde, und habe mir im Tattersall einen Gaul gemietet. Außerdem kann mir ein bißchen frische Luft auch nicht schaden.«
    »Gibt's was Neues?«
    »Ein kleiner Mordversuch heute nacht - aber das ist so etwas Gewöhnliches, daß es mir widerstrebt, es als Neuigkeit zu rapportieren.« Larry berichtete von dem nächtlichen Besucher. »Doch was mich viel mehr beschäftigt - Du kennst ja die Londoner Verhältnisse besser als ich -, wer ist eigentlich Judd?«
    »Judd!« lachte der Kommissar. »Ich glaube nicht, daß du dir seinetwegen den Kopf zu zerbrechen

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