025 - New York, New York!
aus Feigheit geflohen war. Sie verfolgten vermutlich einen Plan. Dank Juulo wussten die Soldaten, wie Maddrax aussah. Er konnte sich nicht in die Öffentlichkeit wagen. Bei Pieroo lagen die Dinge anders - oder hatten es zumindest bis jetzt.
Der Kapitaan hob den Kopf und wollte Cosimus einen warnenden Blick zuwerfen, aber der sah stur an ihm vorbei, dem Kommandeur entgegen.
»Also gut«, sagte dieser zu dem jungen Gelehrten. »Wenn du die Wahrheit sprichst, werde ich mich für dich einsetzen.«
Cosimus senkte den Kopf. »Es stimmt, dass er sehr groß ist«, antwortete er so leise, dass Colomb ihn kaum verstehen konnte. »Ihr werdet ihn leicht finden, wenn ihr nach einem Hünen mit einer langen Narbe im Gesicht sucht. Sie verläuft von der Stirn über die Wange bis zum Hals und stammt von einem Schwert. Seine Haare sind kurz und blond.«
Colomb unterdrückte ein Grinsen. Er hätte Cosimus ein solches Lügentalent nicht zugetraut.
»Wie ist sein Name?«, fragte der Kommandeur.
»Er nennt sich Olaaf. Wenn ihr ihn ansprecht, wird er euch in der Sprache der Nordmänner antworten, denn eine andere versteht er nicht.«
Der Soldat nickte zufrieden. »Ich danke dir. Du hast richtig gehandelt.«
Er wandte sich seinen Leuten zu, drehte sich aber wieder um, als Bewegung in die Gefangenen kam. Einer von ihnen drängte sich zwischen den Männern hindurch und blieb vor dem Kommandeur stehen.
»Das ist alles gelogen«, sagte Jochim laut.
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»Höher!«, schrie Tek den Arbeitern zu. Seine dürren bleichen Arme fuchtelten wild in der Luft herum. Er war so aufgeregt, dass er keinen Moment lang stillstehen konnte.
Die beiden Männer, die das Sonnenkorn an langen Seilen hoch über den Altar gezogen hatten, seufzten müde.
»Die Nachtwache hat schon die dritte Stunde des neuen Tags verkündet«, sagte einer von ihnen. »Wir sollten noch ein wenig schlafen.«
Tek sah ihn ungeduldig an. »Es ist noch nicht hoch genug. Alle sollen es sehen können, ob sie in der Kathedrale stehen oder draußen auf dem Platz.«
»Aber sieh es dir doch an, Tek. Es hängt schon fast unter der Decke.«
Der hagere Wächter des Sonnenkorns rückte seine Brille zurecht und richtete den Blick auf den glänzenden Behälter, der von zwei Seilen gehalten auf seiner hölzernen Plattform lag.
Der Arbeiter hatte Recht, erkannte er missgestimmt. Wenn sie das Sonnenkorn noch höher zogen, würde er bei der Öffnungszeremonie mit dem Kopf gegen die Decke stoßen.
»Natürlich könnte es noch etwas höher sein«, entgegnete er, unfähig seinen Fehler zuzugeben, »aber ich werde es dabei belassen. Ich erlaube euch nach Hause zu gehen.«
Tek glaube einen der Arbeiter »Arschloch« sagen zu hören, aber der Ausspruch ging im Husten des zweiten Manns unter.
Hastig packten die beiden ihre Werkzeuge zusammen und verließen die Kathedrale.
Der Wächter blieb allein zurück. Er wusste, dass er in dieser Nacht keinen Schlaf finden würde, doch das störte ihn nicht. Bei Sonnenaufgang würde er das Wunder vollbringen, auf das die Stadt seit so langer Zeit wartete. Wer konnte da schon an Schlaf denken?
Ein letztes Mal begutachtete er die Vorbereitungen, die in der Kathedrale getroffen worden waren.
Die Plattform mit dem Sonnenkorn hing für alle sichtbar unter der Decke. Sie war mit mehreren Seilen gesichert, die man schwarz gefärbt hatte. Aus der Ferne erschien es deshalb, als würde die Plattform schweben.
Tek beglückwünschte sich selbst zu dem gelungenen Effekt.
Mehrere, ebenfalls schwarz gefärbte Seile hingen von der Konstruktion nach unten, um Tek den Zugang zum Sonnenkorn zu ermöglichen.
Alles war vorbereitet.
Wagenräder voller Kerzen hingen um die Plattform herum und warteten nur darauf, angezündet zu werden. Ein schwerer Vorhang schirmte jetzt noch den gesamten Altarbereich vor den neugierigen Augen zufälliger Zaungäste ab. Schließlich wollte Tek niemandem die Überraschung verderben.
In seiner Ausbildung zum Wächter hatte der hagere Mann zwei wichtige Dinge gelernt. Wie man das Sonnenkorn erkennt - was wirklich erstaunlich leicht gewesen war - und wie man aus der Öffnung ein Erlebnis macht, das niemand je vergisst. Die zweite Erkenntnis war in ihrer Umsetzung wesentlich schwerer gewesen, aber Tek glaubte, dass es ihm gelungen war. Er setzte sich auf die Stufen des Altars, nahm die Brille ab und begann abwesend die dicken Gläser zu putzen.
»De choo masst go'on«, zitierte er damit einen Lieblingsspruch seines Lehrmeisters.
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