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0250 - Angst war sein ständiger Begleiter

0250 - Angst war sein ständiger Begleiter

Titel: 0250 - Angst war sein ständiger Begleiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angst war sein ständiger Begleiter
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November um zwölf Uhr dreißig, geschah die üble Sache in der Bowery.
    Jeder, der die Bowery kennt, weiß, daß es dort neben mehr oder weniger schmierigen Kneipen und Bars in der Hauptsache An- und Verkaufsgeschäfte sowie Leihhäuser gibt, die teilweise die halbe Nacht oder länger geöffnet haben.
    Ein derartiges Leihhaus betrieb auch Alex Kalunka, ein vor vielen Jahren eingewanderter Pole, an der Ecke der Jones Street.
    Es war ein offenes Geheimnis, daß Kalunka auch »heiße Ware« übernahm, wenn der Preis entsprechend billig war.
    Aber obwohl das Hehlerdezernat schon lange hinter ihm her war, hatte man ihn bisher noch nicht ertappen können.
    Kalunka war durch jahrzehntelange Erfahrung gewitzt — ein außerordentlich ausgekochter und vorsichtiger Vertreter seiner Profession.
    Wer das alte, schäbig angezogene Männchen sah, hätte ihm bestimmt aus Mitleid einen Penny geschenkt.
    Doch sollte der Mann angeblich mehr Geld besitzen als mancher, der ein Office im unteren Manhattan unterhält.
    Um zwölf Uhr dreißig gehen in den Kneipen der Bowery die Wogen hoch, und um dieselbe Zeit beginnt für Kalunka und seine Zunftgenossen das Geschäft.
    Der Alte saß in dieser Nacht im Hintergrund seines mit allem möglichen Krimskram angefüllten Lädchens am Tisch und tat das, was er immer machte, wenn er nicht gerade mit einem Kunden feilschte: er rechnete.
    Das Glöckchen an der Ladentür bimmelte, und ein großer, kräftiger Mann, der einen Regenmantel mit hochgeschlagenem Kragen und eine tief ins Gesicht gezogene Schiebermütze trug, trat ein und beugte sich über den Ladentisch, unter dessen Glasscheibe eine Anzahl billiger Uhren und Ringe zur Schau gestellt waren.
    Kalunka konnte das Gesicht nicht sehen.
    Er erhob sich, schraubte umständlich seinen Füllhalter zu und trippelte nach vorn.
    Erst in dem Augenblick, in dem er dem Kunden gegenüberstand, hob dieser den Kopf.
    Der alte Pole brauchte nicht zweimal hinzusehen, um zu wissen, was gespielt wurde.
    Der Kerl hatte ein Tuch vorm Gesicht und zwischen diesem Tuch und dem Schirm der Mütze funkelte ein Paar bösartige Augen.
    Als er die Hand aus der Manteltasche nahm, zog er zugleich eine Pistole heraus.
    »Das Geld her«, befahl er kurz.
    Kalunka befand sich zum ersten Male in einer derartigen Lage, und sie regte ihn auch nicht sonderlich auf.
    Erstens war er versichert, und zweitens hatte er die nötigen Vorsichtsmaßregeln getroffen.
    Ohne mit der Wimper zu zucken, zog er die Kassenschublade auf. Als dabei die Klingel anschlug, zuckte der Räuber zusammen. Und der Alte dachte schon, er werde losknallen.
    Er tat es nicht.
    Der Blick in die Lade jedoch befriedigte ihn durchaus nicht, denn darin befanden sich nur drei Zehn-Dollar-Scheine, zwei Fünf-Dollar-Scheine und im übrigen Wechselgeld.
    »Die Brieftasche«, kommandierte der Kerl erneut.
    Kalunka legte die an den Ecken abgestoßene Wachstuchtasche aufgeschlagen hin.
    Es befand sich darin alles mögliche, nur kein Geld.
    »Wo hast du die Flöhe?« fragte der Kerl drohend, hob die Pistole und blickte sich suchend um.
    Dabei sah er den altmodischen Kassenschrank in der Ecke und fuhr sein Opfer an.
    »Den Schlüssel und etwas schnell bitte, sonst liegst du morgen im Leichenschauhaus.«
    Ohne sich aus der Ruhe bringen zu lassen, händigte Kalunka den vielfach gezackten Schlüssel aus.
    »Dort hinten an die Wand.«
    Kalunka schlurfte zu dem ihm bezeichneten Platz, immer noch ohne die geringste Aufregung zu zeigen.
    Der Eindringling wechselte die Pistole von der rechten in die linke Hand und steckte den Schlüssel ins Schloß des Schranks, ohne den Alten aus den Augen zu lassen.
    Wenn er die Andeutung des Lächelns, das den zahnlosen Mund umspielte, bemerkt hätte, so würde er sich die Sache vielleicht überlegt haben.
    Vielleicht hätte er auch dann den kleinen Knopf bemerkt, der sich genau da befand, wo der Kassenschrank die Wand berührte. Aber der Räuber war zu gierig und seiner Sache zu gewiß.
    Er schloß auf, drehte den Griff und zog.
    Mit einem saugenden Geräusch ging die Tür auf.
    Im gleichen Augenblick ertönte das gellende Jaulen einer Sirene.
    Sämtliche Lichter verlöschten, und nur vor der Tür und dem Schaufenster flammte eine grellrote, zuckende Lampe auf.
    Der Räuber stieß einen wilden Fluch aus, sprang zurück und rannte stolpernd dem Ausgang zu.
    Dabei jedoch zog er den Hahn seiner Waffe so lange durch, bis ein Klicken verriet, daß das Magazin leergeschossen war.
    Diese wüste Knallerei

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