Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0250 - Pandoras Botschaft

0250 - Pandoras Botschaft

Titel: 0250 - Pandoras Botschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
wollte. Obwohl sie Pandora bisher noch nicht zu Gesicht bekommen hatte, stufte sie diese Person bereits als Feindin ein.
    Sie sah sie nicht. Sie hörte sie. Wie auch Xorron erreichte sie plötzlich die Stimme aus dem Nichts.
    »Ich grüße dich, Xorron, Herr der Untoten…«
    ***
    Wir gingen noch nicht zum Friedhof, sondern in die kleine Leichenhalle. Bevor ich allerdings einen Fuß über die Schwelle setzen konnte, hielt mich der Pater zurück.
    »John, ich möchte dich nicht kränken, aber du mußt dich entscheiden, ob du mit in die Kapelle kommen oder dir den Toten noch anschauen willst.«
    Ich dachte einen Moment nach und entschied mich dafür, bei dem Toten zu bleiben.
    »Der Sarg ist übrigens offen«, erklärte Ignatius im Weggehen.
    »Danke.«
    Ich trat über die Schwelle der kleinen Leichenhalle. Ob klein oder groß, vor Leichenhallen hatte ich zwar keine Angst, aber ein bedrückendes Gefühl strahlen all diese Räume aus. Es ist der allgegenwärtige Geruch des Todes, der Vergänglichkeit und der Verwesung.
    Die Halle hatte eine schmale Tür, aber keine Fenster. Dicht unter der Decke sah ich zwei Guck-oder Luftschlitze, ähnlich wie man sie in alten Burgtürmen sieht. Der schmucklose Sarg stand in der Mitte. Nicht einmal ein Kranz lag darauf als Dekoration. Der Boden der Halle bestand aus rötlichen Steinen, die fast fugenlos ineinander übergingen. Es gab nicht einmal Bänke, auch kein elektrisches Licht. Erleuchtet wurde der Raum durch sechs Kerzen, die in eisernen Haltern in jeweils zwei Dreierreihen zu beiden Seiten des Sargs standen.
    An der Stirnseite der kleinen Leichenhalle, der Tür damit genau gegenüber, hing ein schmuckloses Kreuz an der Wand. Zwischen dem Kreuz und mir befand sich nur noch der Sarg. Er war tatsächlich offen, wie man es mir gesagt hatte. Der Deckel lehnte an der Wand. Wahrscheinlich würde der Abt den Sarg schließen wollen. Das entsprach der Tradition. Da es in der Leichenhalle sehr still war, vernahm ich den Gesang der Mönche. Er klang dumpf, irgendwie pessimistisch und war der folgenden Zeremonie angemessen. Sie beklagten einen Toten, den eine schreckliche Macht ihnen genommen hatte.
    Sehr nahe trat ich an den Sarg heran, so dicht, daß ich mit den Knien fast dagegenstieß. Dann senkte ich meinen Blick und schaute auf die Leiche.
    Der Mann war noch jung gewesen. Auch in der Totenstarre konnte ich das erkennen. Er lag auf dem Rücken. Sein Gesicht war wachsbleich, die Hände hatte man ihm auf der Brust gefaltet. Aus der Lücke zwischen den beiden Daumen und Zeigefingern schaute ein schlichtes, kleines Holzkreuz hervor. Der Tote trug kein Leichenhemd. Er wurde in seiner Kutte begraben. Der Sarg war selbst angefertigt worden, denn innerhalb der Klostermauern gab es auch eine Schreinerwerkstatt, die solche Arbeiten übernahm.
    Weshalb hatte er sterben müssen? Was war geschehen? Wenn er hätte reden können, wäre mir wohler gewesen, so aber war ich weiterhin nur auf Vermutungen angewiesen. Ich dachte, während ich das Gesicht des Toten betrachtete, wieder an die Vision des Paters Ignatius. Er hatte eine schöne Frau gesehen, die eine Büchse trug.
    War es tatsächlich Pandora gewesen? Eine kaum glaubliche Vorstellung, aber was hatte ich nicht alles schon in meiner Laufbahn erlebt, so daß ich inzwischen das Unmögliche für möglich hielt.
    Ich hatte die Tür der kleinen Halle nicht ganz geschlossen, so daß hin und wieder ein Windstoß in den Raum fuhr. Er strich über die Flammen und bewegte sie. Die Flammen führten deshalb einen geisterhaften Tanz auf, dem eine gespenstische Schattenbildung folgte, die über die Innenwände zuckte. Nicht nur dort. Auch die Leiche blieb nicht verschont. Das Gesicht nahm eine andere Farbe an. Manchmal glühte es rötlich, dann wurde es wieder bleich, und einen Augenblick später hatte ich das Gefühl, als würden sich Augen und Mund bewegen. Eine Täuschung?
    Nein, die Augen bewegten sich tatsächlich. Nicht nur sie, auch das Gesicht zuckte. Es begann an den Wangen, die sich spannten, und es schien so, als wollte der Tote noch einmal tief Luft holen.
    Hatte ich es hier mit einem Zombie zu tun? Ein Untoter an geweihter Stätte? Das durfte doch nicht wahr sein, das konnte es nicht geben und widersprach allen Regeln. Ich schaute genauer hin.
    Das Gesicht der Leiche lebte. Es war allerdings kein Leben wie bei einem Zombie. Innerhalb des kalten Körpers schien sich etwas anderes anzubahnen. Dort wirkte eine Magie, die allmählich zum Ausbruch

Weitere Kostenlose Bücher