0252 - Satans Schattenspiele
genug war, den Feuerfluß zeitweilig zu stoppen. Das Inferno stieg in die Höhe und sank in die Tiefe, und irgendwo in der Burg standen zwei steinerne Säulen, an denen die magischen Flammen wirkungslos emporleckten.
Caermardhin brannte.
In weißem Licht glühte die Burg in der Abenddämmerung, und der Wald am Berghang glänzte wie poliertes Kupfer.
Die Barriere brach. Das magische Feuer brandete in den Saal des Wissens und begann sein Zerstörungswerk. Doch nun endlich versiegte seine Kraft, die nicht das Ziel gefunden hatte, für das sie eigentlich geschaffen worden war. Die magischen Flammen erloschen langsam. Dennoch war das Zerstörungswerk beträchtlich. Aber Milliarden Informationen, von Merlin im Laufe der Jahrtausende gesammelt, wurden zerstört. Andere verfälschten sich. Nur ein Teil blieb unversehrt, wie auch die Absicherung weiterhin existierte, daß nur jemand den Saal betreten konnte, der von Merlin selbst dazu autorisiert war und der zudem jene Art von Unsterblichkeit besaß wie Merlin selbst oder Gryf …
Irgendwann, als die Sonne hinter den Wäldern versunken war, löste sich die Starre zweier Männer. Aus Stein wurde Fleisch, und Merlin und Kerr besahen das, was nach der Zerstörung übriggeblieben war. Vieles bestand noch, vieles war vernichtet, und als Merlin den Saal des Wissens betrat und auslotete, begriff er, daß Caermardhin nie wieder das sein würde, was es einmal gewesen war.
»Das«, murmelte Merlin düster, »war ein klassisches Eigentor. Doch was geschehen ist, kann nicht ungeschehen gemacht werden. Wir müssen uns damit abfinden, daß nunmehr vieles anders wird …«
Langsam schüttelte er den Kopf und sah an Kerr vorbei, der wie gelähmt dastand und nicht begreifen konnte, wie eine weißmagische Bombe in einem Zentrum Weißer Magie solche Zerstörungen anrichten konnten. Zerstörungen, die es ansonsten in weit geringerer Form, dafür mehr auf den eigentlichen Gegner konzentriert, in Schloß Montagne gegeben hätte.
Aber Leonardo war der lachende Sieger. Ihn hatte dieser Sieg nichts gekostet. Er war unversehrt und stark wie zuvor.
»Asmodis«, hörte Kerr Merlin geistesabwesend murmeln. »Asmodis, dunkler Bruder – was für ein Ungeheuer hast du da in die Welt entsandt? Bist du sicher, daß dieses Ungeheuer Leonardo nicht eines Tages auch dir über den Kopf wächst und dich hinwegfegt?«
Aber es war fraglich, ob Asmodis Merlins Worte hören konnte.
Caermardhin brannte nicht mehr.
***
Die Welt der Meeghs …
Im kugelförmigen Raum sprang der Wolf Fenrir jäh auf, als sich ein schimmerndes Etwas im Kugelmittelpunkt bildete. Er knurrte drohend, bis er bemerkte, daß es keine Gefahr darstellte.
Ansu Tanaars Schädel schwebte höher.
Gryfs Stab , jubelte der Schädel. Der Katalysator, den ich benötige! Er wird mir helfen, meine Kräfte einzusetzen und zu lenken.
Fenrir setzt sich auf die Hinterläufe, die Ohren flach nach hinten gelegt. Er traute der Sache nicht, das spiegelte sich in seinem widersprüchlichen Verhalten wider. Irgendwie schien es ihm, als ob der silbrige Stab nur ein Schemen wäre, gar nicht an diesem Ort vorhanden, sondern vielleicht nur eine Projektion, eine Täuschung …
Der goldene Schädel fixierte den Stab. Etwas leuchtete aus den Augenhöhlen heraus und erfaßte den schemenhaften Stab. Fenrir versuchte, mit seinen telepathischen Kräften über den Stab nach Gryf zu rufen, aber da war nichts. Er stieß gegen eine unsichtbare Barriere.
Doch der Stab schien Ansu Tanaar wirklich zu helfen.
Die Luft flimmerte, als der Schädel einen winzigen Teil seiner Kraft einsetzte. In der Verlängerung des schwebenden Stabes entstand ein schmorendes Loch in der Kugelwand. Ein Loch, das größer und größer wurde. Als sein Durchmesser mehr als einen Meter betrug, hörte es auf.
Wie hast du das gemacht? wollte der Wolf wissen.
Schon mal was vom Brennglas gehört? fragte der Schädel zurück.
Nein.
Trotzdem sollten wir diesen ungastlichen runden Ort jetzt verlassen. Paß auf. Der Schädel schwebte noch ein Stück höher, schoß vor und nahm den schwebenden Stab zwischen die Zähne. Dann senkte er sich auf Fenrirs Rücken herab und saß dort wie angeklebt. Vorwärts, Fenrir!
Der Wolf überlegte nicht mehr lange. Er machte einen weiten Satz vorwärts und stürmte aus der Kugel hinaus in einen Korridor.
Niemand zu sehen. Wohin sollte er sich jetzt wenden? Er versuchte, Zamorras Gedanken oder die eines seiner Gefährten zu erhaschen, aber es gelang ihm
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