0253 - Bankraub kurz nach Mitternacht
Er hatte Angst. Hätte er nicht diese Angst gehabt, hätten wir vielleicht die Möglichkeit in Erwägung gezogen, dass er uns belügen könnte und würde. Aber so verständnislos, wie er uns ansah, konnte nur ein genialer Schauspieler oder einer blicken, der wirklich nicht wusste, wovon wir sprachen. Als ich seinen Gewichtsausdruck sah, schied ich ihn als Mörder aus.
»Ich verstehe überhaupt nicht, wovon Sie sprechen«, krächzte er, während auf seiner Stirn glitzernde Schweißperlen erschienen. »Aber ich nehme an, Sie reden von Mrs. Perkins, denn das ist die einzige Person, die ich heute Nachmittag besucht hatte. Außerdem hat sie einen Cognac hinuntergestürzt, als ich mit ihr sprach.«
»Wo hatte sie diesen Cognac her?«, fauchte Walker, jetzt blitzschnell wie eine vorschießende Schlange. »Los, Mann, ich will wissen, woher sie diesen Cognac hatte!«
»Er stand auf einem Tisch neben dem großen Globus«, erwiderte Georges, noch immer ziemlich verständnislos. »Er stand schon da, als mich das Hausmädchen ins Zimmer führte. Ich spielte noch mit dem Gedanken, ob ich ihn nicht trinken sollte aber dann dachte ich doch, das wäre wohl zu unpassend, so einfach einen Cognac auszutrinken, der da herumsteht.«
»Da haben Sie sich jetzt selber den Strick gedreht«, grinste Walker. »Wenn Sie ihn nicht eingeschenkt haben, woher wissen Sie dann, das es ein Cognac war?«
Georges stieß einen schnaufenden Laut aus.
»Vielleicht sind Sie einer von diesen Männern, die nur Limonade trinken«, sagte er und zum ersten Mal klang seine Stimme völlig sicher, »ich für meinen Teil rieche es noch auf fünf Schritt Abstand, ob in einem Glas Whisky, Cognac oder Rum ist. Dass da in der Bibliothek von Perkins Cognac war, darauf wette ich meine letzten Dollars.«
Ein kurzer Blick zu Walker verriet mir, dass Georges Recht hatte.
»Mann«, sagte Phil, »Sie wollen uns doch wohl nicht einreden, dass da mutterseelenallein ein Cognac in der Bibliothek herumsteht, und dass Eve Perkins so ein warm gewordenes Ding so mir nichts dir nichts hinunterkippt.«
Georges bedachte Phil mit einem Blick, der schon beinahe mitleidig war.
»Eine feine Zunge haben Sie auch nicht«, stellte er fest. »Cognac sollte ungefähr Zimmertemperatur haben, wenn man ihn trinkt. Und die wird er wohl gehabt haben, als Eve ihn trank.«
Damit hatte Georges seinen ersten Fehler gemacht. Walker und Phil hatten es ebenso schnell bemerkt wie ich. Ohne eine Miene zu verziehen, sagte Robert: »Wie lange kennen Sie Mrs. Perkins eigentlich schon, Georges?«
»Seit ungefähr drei oder vier Wochen.«
»Kannten Sie sie näher?«
»Nein.«
Walker sprang vor und packte Georges an der Krawatte.
»Hör zu, mein Sohn«, sagte er sehr leise und sehr gefährlich. »Eve Perkins brach ungefähr zehn Minuten, nachdem sie diesen Cognac getrunken hatte, tot zusammen. Vergiftet! Und du wirst dir verdammt viel Mühe geben müssen, wenn du deinen dicken roten Hals noch aus der Schlinge ziehen willst! Ist dir das klar?«
Georges verdrehte die Augen.
»Um Himmels willen!«, röchelte er. »Ich… ich habe nichts damit zu tun! Sie, glauben Sie mir, ich… ich war wütend auf sie, das stimmt, aber ich habe nichts mit dieser Cognacgeschichte zu tun! Im Nebenzimmer war noch jemand! Mit dem muss Eve schon die ganze Zeit Cognac getrunken haben! Sie roch meilenweit nach Cognac, als sie in die Bibliothek kam! Ich schwöre es Ihnen. Kümmern Sie sich um die Person, die da nebenan war.«
Baide Queery, dachte ich. Und ich war sicher, dass sowohl Phil als auch Robert in diesem Augenblick dasselbe dachten.
»Weichen Sie mir nicht aus«, sagte Robert Walker auf einmal wieder ruhig. »Sie haben uns heute Abend mindestens einmal belogen. Als ich Sie fragte, ob Sie Mrs. Perkins näher kannte, haben Sie ›Nein‹ gesagt. Aber Sie reden unablässig von ›Eve‹, nicht von ›Mrs. Perkins‹. Also?«
Georges lehnte sich weit zurück.
»Hören Sie zu«, seufzte er. »Ich will nichts mit einem Mord zu tun haben. Nichts! Ich lasse den ganzen Laden auffliegen. Ich packe aus! Hören Sie zu!«
Und er packte aus…
***
Vierzig Minuten später legte Georges den Telefonhörer wieder aus der Hand. Wir sahen ihn fragend an.
»Nun, was ist?«, forschte Robert Walker.
Georges zuckte die Achseln.
»Er sagt, er wird es versuchen. Ich wusste ja, dass es um diese Zeit schwierig sei. Die meisten Männer sind abends zu Hause. Aber er wird es versuchen. Wenn er mich nicht innerhalb einer Stunde anruft,
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