0253 - Bankraub kurz nach Mitternacht
verfrachtet sie in den ersten Transportwagen.«
Wir stürmten mit insgesamt neun Mann, Robert, Phil und mich eingerechnet, die Stufen zur Haustür empor. Die Tür war abgeschlossen. Robert zog einen Universaldietrich hervor, während ein anderer ihm mit einem Stabscheinwerfer leuchtete. Robert brauchte höchstens eine halbe Minute, bis er auch schon die Tür nach innen aufstoßen konnte.
Ein dunkler Flur empfing uns. Irgendeiner von uns fand den Lichtschalter. Strahlende Helle herrschte auf einmal. Weiter hinten im Flur drang ein Lichtschimmer unter einer Tür hervor. Dahinter war das Lärmen einer Stereo-Schallplattenanlage zu hören.
Mit ein paar knappen Worten verständigten wir uns. Die Kollegen verteilten sich auf die übrigen Zimmer, während Robert, Phil und ich die Tür aufmachten, hinter der die Musik zu hören war.
Wir kamen in eine Bude, die orientalische Fantasie nicht besser hätte ausstaffieren können. Eine junge Frau bemühte sich gerade mit mangelhaftem Erfolg, einen Bauchtanz vorzuführen. Vier Männer, die nach viel Geld aussahen, hockten auf üppigen Kissen. Drei finstere Gestalten mit den harten Gesichtern von Berufsgangstern wandten sich ruckartig in unsere Richtung. Aber wir drei hatten alle unsere Pistolen in der Hand. Phils Stimme klang hart, scharf und klar, als er von der Tür aus rief: »Schluss mit der Vorstellung! Verhalten Sie sich ruhig, FBI! Das Haus ist umstellt!«
Wir setzten uns in Bewegung. Plötzlich krachte links von mir ein Schuss. Ich warf mich herum. Von der Mündung von Roberts Pistole stieg ein schwaches Fähnchen von Rauch auf. Dafür polterte drüben an der Wand eine Pistole aus der Hand eines Gangsters zu Boden, während der Bursche sich stöhnend seine rechte Hand hielt, von der Blut tropfte.
»Wer ist Blythe?«, fragte ich.
Aus einer Schar von vier Damen schob sich ein dicker, jetzt etwas blasser Mann hervor.
»Wa-was soll denn das?«, fragte er.
Robert Walker blies über die Mündung seiner Waffe.
»Meine Güte«, sagte er, »ist das ein Stall!… Blythe, hier ist ein Durchsuchungsbefehl. Alle im Haus anwesenden Personen sind festgenommen. Gegen Sie, Blythe, und vermutlich auch gegen ein paar andere wird das FBI Anklage erheben. Ihr Callgirl-Laden ist geplatzt, Blythe, ein für allemal!«
***
Um halb vier saß uns Blythe in unserem Office gegenüber. Ein paar Minuten hatten Robert, Phil und ich geschwankt, ob wir nach der Verhaftung der Leute in Blythes Haus nicht nach Hause gehen und die Vernehmungen auf den kommenden Morgen verschieben sollten. Aber dann beschlossen wir doch, den Schock, den die Verhaftung bei Blythe sicher ausgelöst hatte, sofort auszunutzen.
Blythe mochte an die fünfzig Jahre alt sein. Er trug einen einreihigen Anzug, der ihn schlanker erscheinen ließ, als er in Wirklichkeit war. Tuch und Machart verrieten einen Schneider der Fifth Avenue.
»Setzen Sie sich, Blythe«, sagte ich und zeigte auf den Stuhl, den wir ungefähr in die Mitte unseres Zimmers geschoben hatten. »Sagen Sie uns Ihren vollen Namen.«
Ich hatte das Tonbandgerät eingeschaltet, sodass am nächsten Vormittag eine unserer Sekretärinnen das Protokoll nach unserer Vernehmung schreiben konnte.
»Emanuel Philip Blythe.«
»Wann und wo geboren?«
»Toledo, Ohio, am 11. Februar 1913.«
»Vorbestraft?«
Blythe verzog das Gesicht und zögerte.
»Wir kriegen es ja doch raus, Blythe«, warnte ich. »Also versuchen Sie es gar nicht erst mit einer Lüge.«
»Na schön«, gab er zu. »Ich habe zwei Mal gesessen.«
»Weswegen?«
»Betrug.«
»Beide Male?«
»Ja.«
»Wie lange wohnen Sie in New York?«
»Ach, du lieber Himmel! Seit dem ersten Weltkrieg, kurz danach, meine ich. Meine Eltern zogen 1919 oder 20 her. Und seitdem bin ich aus New York nicht rausgekommen.«
»Wie lange existiert Ihr Callgirl-Ring schon?«
Blythe holte tief Luft, schnaufte vernehmlich, nagte stumm an der fleischigen Unterlippe und knurrte schließlich beleidigt: »Ich weiß gar nicht, was Sie wollen! Callgirl! Meine Güte, was Sie so für Vorstellungen haben! Ich kenne eine Menge Leute. Gut, ja auch viele Frauen. Aber ist es vielleicht meine Schuld, wenn sich die Frauen langweilen? Kann ich was dafür?«
»Bestimmt nicht«, sagte Robert Walker. »Sie sind überhaupt nur ein bedauernswertes Opfer Ihrer Freundlichkeit, Blythe! Von einem Callgirl-Ring wissen Sie gar nichts, nicht wahr? Sie haben nur ein paar Freunde eingeladen und ein paar von Ihren weiblichen Bekannten, von denen Sie
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