0253 - Todesurteil für Zamorra
zum vierten und fünften Mal.
Die unsichtbare Kraft, die Zamorra hielt, zerrte ihn zum Ufer und ließ ihn dort los. Unsanft stürzte er ins Schilf und glaubte sich dabei sämtliche Knochen zu brechen, die die Krokodile heil gelassen hatten.
Mühsam stemmte er sich hoch. Er stöhnte. »Nicole«, rief er. »Nici, wo steckst du? Lebst du noch?«
»Ja …«
Es klang kläglich.
Er sah in die Richtung, aus der ihre Stimme kam. Dabei sah er die Krokodile im Fluß. Sie trieben davon, die hellen Bäuche nach oben gedreht, und aus ihren Körpern ragten lange Metallstangen. Wurflanzen, jede gut fünf Meter lang ..
Zamorra fühlte, wie sich ihm die Nackenhärchen aufstellten. Wer besaß die Kraft, derart große Metallanzen so kraftvoll über große Distanzen zu schleudern, daß sie noch, vom Wasser schon gebremst, Krokodilpanzer glatt durchschlugen?
Und – wer hatte ihn aus dem Wasser hochschweben lassen?
Da sah er Nicole.
Sie stand da, den Anzug immer noch bis zur Taille heruntergerollt, die Arme ausgestreckt und sah gar nicht mutig aus. Kein Wunder. Denn eine jener Fünfmeter-Lanzen berührte mit der hell glitzernden Spitze ihren Bauchnabel.
Zamorra starrte den an, der die Lanze hielt. Das war kein Muskelriese, sondern ein dürres, ausgemergeltes Männchen, dem die Rippen förmlich durch die Haut stachen. Das dunkelhäutige Männchen war mit einem schmutzigen Lendenschurz und einem gewaltigen Turban bekleidet.
Im nächsten Moment spürte Zamorra ebenfalls eine Lanze im Rücken. Die Burschen waren also zu zweit!
Er wußte zwar, daß die Lanzenspitze den Anzug nicht durchdringen konnte. Aber wie ihm spätestens die Krokodile gezeigt hatten, war das weiße Material etwas zu elastisch. Allein der Druck der Lanze konnte durch den Anzug hindurch Zamorra töten, zumindest aber verwunden.
Vorsichtshalber streckte er also auch die Arme aus.
»Ei, wen haben wir denn da?« fragte eine kratzige Stimme. Zamorra bekam einen heftigen Stoß mit der Lanze. Er schrie auf und stürzte ins Gras.
Im nächsten Moment kauerte ein Turbanträger über ihm, strich blitzartig über die entsprechenden Säume des weißen Anzugs und öffnete ihn geschickt!
***
Eine Atombombe! durchfuhr es den Wolf. Und es gab keinen Zweifel, daß das vertrackte Ding über der Zielmarkierung abgeworfen werden sollte, nur ein paar Meilen entfernt!
Fenrirs Ohren lagen flach nach hinten, das Fell war gesträubt. Todesangst peitschte ihn. Und wie schnell sich das Flugzeug bewegte!
Fenrir wußte, daß er nichts tun konnte. Die Zeit reichte nicht mehr aus. Er wußte auch, daß er nicht davonlaufen konnte. Selbst wenn er die menschlichen Gefährten im Stich ließ – das Zentrum der Explosion war zu nahe. Der Lichtblitz allein würde ihn noch auslöschen, nichts von ihm übriglassen als einen wolfsähnlichen Schatten im Sand.
Er winselte.
Das Flugzeug fegte über die Zielmarkierung hinweg!
Und flog weiter, ohne daß die Bombe abgeworfen wurde!
Weiter hinten, wieder nur noch als Punkt am Himmel erkennbar, zog die Maschine jetzt eine weite Schleife.
Fenrir schöpfte wieder Hoffnung. Ein kurzer Zeitgewinn! Der Wolf sprang zu Gryf hinüber. Er biß kurz zu.
Gryf stöhnte, bewegte sich leicht. Das Erwachen kam viel zu langsam.
Wieder biß Fenrir zu. Nicht so, daß er den Druiden verletzte, aber immerhin so fest, daß Gryf den Schmerz spürte. Plötzlich schnellte er sich empor, schlug nach dem Quälgeist. Fenrir sprang knurrend zurück. Gryf faßte nach dem Bein, suchte nach einer Verletzung. Doch er trug einen der weißen Anzüge. Es gab keine offene Wunde.
»Bist du von Sinnen?« schrie der Druide Fenrir an. »Das tut doch weh, blöder Köter!«
Ich mußte dich wecken, um jeden Preis! jagte Fenrir alarmierende Gedankenimpulse in das Bewußtsein des Druiden. Über uns kreist der Tod!
»Der Tod?« Gryf erhob sich mühsam, taumelte, knickte einmal kurz ein. »Mir ist kalt … aber diese Wüstenhitze …«
Fenrir klärte ihn mit einem schnellen Gedankenfluß über das Geschehene und seine Vermutungen auf. Dann erinnerte er ihn wieder an das Flugzeug.
Begriffsstutzig sah Gryf nach oben. Sein unterkühltes Gehirn arbeitete noch nicht wieder so rasch, wie er es gewohnt war. Er nahm wohl das Flugzeug wahr, daß seinen Kreisbogen fast vollendet hatte und jetzt wieder über die Gruppe hinwegjagte, erneut der Zielmarkierung entgegen.
Schnell! gellten die Gedanken des Wolfs. Tu etwas! Er wirft eine Atombombe ab!
»Eine Atombombe?« wiederholte Gryf gedehnt.
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