0253 - Vorstoß in die Dunkelwelt
fingerdicken Auswüchsen bedeckt. Sie hüllten den Körper ein wie die Tentakel einer irdischen Seeanemone. Die Gedankenassoziation gaukelte Rhodan sekundenlang flimmernde Bewegung vor. Stöhnend schloß er die Augen, bis die Halluzination verschwand. An einem im Vakuum gefrorenen Körper durfte es keine Bewegung geben!
Er fühlte sich erleichtert, als er die Vorspiegelung verdrängt hatte. Mit nüchternen Sinnen betrachtet, blieb dieses Wesen nur mehr ein toter Rest. Jetzt sah er auch die anderen Überreste der ehemals organischen Besatzung. Im ganzen waren es dreizehn verkrümmte Gestalten, die den Boden der Zentrale bedeckten. Der Tod schien überraschend zugeschlagen zu haben.
„Aber warum?" fragte Rhodan erbittert. „Warum starben sie? Einer von ihnen muß die Sicherheitsschaltung der Schleusen lahmgelegt und die Schotten geöffnet haben. Warum tat er das?
Es gibt keine Anzeichen für einen Angriff von außen."
„Nein!" bestätigte Tolot. „Sie wurden nicht von außen überfallen. Etwas hat sie von ihnen heraus besiegt - und ich wollte, wir könnten das herausfinden. Irgendwie erscheint mir das von größter Wichtigkeit."
„Es kann sich um eine Meuterei gehandelt haben", versuchte Rhodan sich selbst zu beruhigen.
„Vielleicht haben die Verlierer in einer Kurzschlußhandlung ihre Gegenspieler mit ins Verderben gerissen. So etwas kommt auch unter Menschen vor."
„Und wenn es keine Meuterei war...?" fragte Icho Tolot dumpf.
Rhodan meinte resigniert: „Suchen wir weiter! Vielleicht gibt es an anderer Stelle Hinweise auf die Art der Tragödie."
„Vielleicht... „, erwiderte der Haluter gedehnt. „aber ich möchte eine Probe für unser Labor mitnehmen."
Rhodan biß die Zähne zusammen. Doch die logische Überlegung siegte über die Scheu, die jeder normale Mensch vor Toten empfindet. Er nickte stumm.
Tolots mächtige Pranken griffen zu. Rhodan wandte sich ab, als der Haluter die Proben gewaltsam löste.
„So!" dröhnte Tolots Stimme in seinem Empfänger auf. „Jetzt können wir uns in den anderen Räumen umsehen. Ich fürchte allerdings, wir werden nicht mehr finden als hier."
Tolot sollte recht behalten.
Außer fremdartigen Aggregaten fanden sie nur Tote im Schiff. Der Haluter nahm noch mehrere Proben. Danach kehrten sie an Bord der KC-15 zurück. Die Korvette nahm Fahrt auf. Nach fünf Minuten wurde sie in die unterdessen angekommene CREST III eingeschleust.
Die Fahrt ging weiter.
Niemand ahnte, daß das Schicksal soeben einen Fingerzeig gegeben hatte - und daß die Laboruntersuchung der Proben einem Wettlauf mit einer grauenvollen Drohung gleichkam.
Das Ultraschlachtschiff stieß weiter zum Nebelsektor vor...
*
Zehn Lichtstunden voraus drohte ein schwarzes, sternschluckendes Ungeheuer: die Dunkelwolke.
Sie hatten sie Hades getauft, bevor sie aus dem Linearraum aufgetaucht waren. Nun, da sie den gigantischen Nebelsektor unmittelbar vor sich sahen, ahnten sie, wie treffend der Name gewählt war.
Hatte dieser Sektor aus großer Entfernung nur wie eine Lücke im hellen Sterngewimmel Andromedas gewirkt, so lag die Dunkelwolke nun gleich einer drohend erhobenen schwarzen Faust vor dem Schiff. Die Ränder strahlten im Licht der äußeren Sterne gleißend wie eine im Atomfeuer leuchtende Todeszone. Doch in Wirklichkeit ging die Gefahr nicht von diesem hellen Streifen aus, sondern von der geballten Dunkelheit dahinter. Nur wenige Sterne strahlten hindurch. Infolge eines Vorganges, den man selektive Absorption nannte, erschienen die Sterne rötlich gefärbt.
Dichte und physikalischer Zustand der Dunkelwolke wurden gemessen und ausgewertet. Perry Rhodan und Cart Rudo sahen sich mit blassen Gesichtern an, als die Auswertung eintraf. Sie erkannten, daß Hades keine gewöhnliche Dunkelwolke war, wie man sie auch in schichtförmiger Verteilung in der heimatlichen Milchstraßenebene fand. Hades absorbierte von dem Licht der dahinterliegenden Sterne und der leuchtenden interstellaren Materie durchschnittlich fünf Größenklassen. Das entsprach einer Materiedichte, wie sie normalerweise nur bei Globulen - der ersten Entwicklungsstufe von in der Entstehung begriffenen Sternen - auftrat. Damit war Hades' Dichte etwa hunderttausendmal größer als die Dichte der durchschnittlichen interstellaren staubförmigen Materie.
Das hatte niemand erwartet.
Perry Rhodan bat Kalak zu sich. Der kosmische Ingenieur schien die Schwierigkeiten vorausgesehen zu haben, denn er brachte seine Sternkarten
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