0255 - Als die Pflanzen Rache nahmen

Fensterscheiben.
    Flammen stachen aus den Fenstern hervor, wurden immer größer und leckten an der Außenwand hoch.
    »Das Haus brennt ja!« keuchte der Uniformierte. »Und… Spencer und Zamorra sind da noch drinnen!«
    »Worauf warten Sie noch?« keuchte Fredburgh. »Holen Sie sie raus! Ich komme schon klar!«
    Er riß sich aus der stützenden Hand los und taumelte in Richtung Haus, um zum Wagen zu gelangen. Der Uniformierte stand noch ein paar Sekunden wie erstarrt, dann begann er zu laufen, den Feuerlöscher immer noch in der Hand.
    Dabei war es längst zu spät…
    ***
    An der Vorderfront des Hauses hatte sich einiges verändert.
    Wieder lebten die steinernen Statuen…
    Und keine von ihnen längs des Zufahrtsweges stand mehr auf ihrem Sockel. Alle bewegten sie sich, kamen fast schleichend näher. Einige gruppierten sich um einen Baum.
    Die anderen erreichten den beschädigten Polizeiwagen, verbargen sich lauernd dahinter und spähten in die Richtung, wo sie Menschen wußten.
    Der Baum krümmte sich, neigte seinen Stamm mit dem Wipfel bis zum Boden nieder. So, als zerrten unsichtbare Kräfte daran. Der Stamm knirschte und knackte unter der unglaublichen Verformung, aber er brach nicht. Dafür entstand eine gewaltige Spannkraft.
    Eine der steinernen Statuen hielt sich an den Ästen fest.
    Da schnellte sich der Baum hoch.
    Die Steinfigur wurde durch die Luft katapultiert, ließ los und jagte in gestrecktem Zielflug dem Herrenhaus entgegen und genau durch das Fenster über dem Portal, das gerade aufgerissen wurde. Und schon wieder krümmte sich der Katapult-Baum, um sein nächstes steineres Geschoß aufzunehmen.
    Der furchtbare Vernichtungswille einer teuflischen Wesenheit steuerte das Geschehen. Eine Wesenheit, die einsehen mußte, daß ihre Basis verloren war, die sich aber mit allen Mitteln noch an ihrem Bezwinger rächen wollte.
    Die zweite Steinfigur wurde abgeschossen, und zum dritten Mal neigte sich der Baum.
    ***
    Zamorra wirbelte herum. Da sah er, was wie ein Geschoß eingeschlagen war, ohne zu explodieren.
    Er erkannte die Statue sofort wieder - eines von den Figürchen am Weg, mit Teufelshörnern versehen und halb mannsgroß. Noch ehe er sich fragen konnte, wer hier warum mit dermaßen schweren Steinen warf, erwachte die Figur zum Leben.
    Sie richtete sich auf.
    Und da fegte auch schon das zweite Geschoß durchs Fenster herein.
    Zamorra duckte sich. Zwei Gegner dieser Art! Es war zweifelhaft, ob er ihnen mit den blanken Fäusten zuleibe rücken konnte. Gehetzt sah er sich um. Gab es keine Möglichkeit, die beiden Steinwesen unschädlich zu machen?
    Ein Schrank stand an der Wand, schwer und wuchtig und kaum zu bewegen. Zamorra entwickelte Bärenkräfte. Seine Muskeln drohten unter der Anspannung zu zerspringen, als er an dem Schrank riß und zerrte, sich gegen die Wand stemmte…
    Die beiden Steinwesen kamen heran. Langsam nur, aber zielbewußt und unaufhaltsam. Wenn sie erst einmal mit ihren steinernen Fäusten zupackten, hatte Zamorra ausgespielt.
    Er wußte es.
    Jetzt noch ein letzter heftiger Ruck…
    Der massige Schrank geriet aus dem Gleichgewicht, kippte über die Frontkante. Direkt auf die Steinwesen zu!
    Sie konnten nicht mehr ausweichen. Dafür waren sie zu langsam. Der schwere Schrank krachte auf sie herab und begrub sie unter sich. Holz und Glas splitterte.
    Da fegte ein dritter Steinmann durchs Fenster herein, knallte auf den Schrank und riß schwere Bohlen heraus. Das Möbelstück mußte zweihundert Jahre alt sein, der massiven Verarbeitung nach zu rechnen.
    Bevor sich das neuerliche Wesen aufrichten konnte, schnellte sich Zamorra wieder zum Fenster. Er sah hinaus.
    Unten rüttelte jemand am Portal. »Leutnant! Zamorra! Sind Sie noch da drinnen?« hörte er den Polizisten rufen.
    »Hier oben!« schrie er. »Passen Sie auf!«
    Der Uniformierte mit dem Feuerlöscher sah nach oben und erkannte Zamorra. Der hörte hinter sich Holz bersten und Splitter fliegen. Die beiden Steinfiguren befreiten sich, und der Neuankömmling half ihnen dabei. Es konnte sich nur noch um Sekunden handeln, dann waren sie wieder frei.
    Zamorra hustete, als Rauchschwaden an ihm vorbei zogen. Das Feuer kam die Treppe herauf. Unten mußte bereits die Hölle toben. Falls sich noch jemand oder etwas in den Kellerräumen befand, war es hoffnungslos verloren. Es bot Zamorra den Trost, daß das Pflanzenungeheuer diesen Feuersturm nicht überstehen konnte.
    »Spencer ist bewußtlos. Fangen Sie ihn auf, Mann!« schrie Zamorra.