0256 - Der Zombie aus dem Kerkerschloß
gut.«
»Und wir werden uns das Kerkerschloß einmal ansehen«, sagte der Kommissar mit entschlossener Stimme, drehte den Zündschlüssel und wuchtete den ersten Gang ins Getriebe…
***
Wo im Herbst die Weinstöcke voll mit dicken Trauben hingen, das Gelände sanft anstieg und zur Sonnenseite hinlag, da gab es nicht nur zahlreiche Spazierwege, die über die Höhen der Weinberge führten, sondern auch einige alte Überreste einer längst vergangenen Kultur. Das meiste stammte noch aus der Römerzeit. Hier und da standen Reste einer Mauer oder eines alten Turms.
Das Kerkerschloß jedoch war wesentlich jünger. Vor einigen Hundert Jahren hatte es ein Landesfürst bauen lassen, um seine Gegner dort zu foltern und zu töten.
Es war ein unheimliches Schloß, dunkel die Mauern und dunkel auch das Innere.
Eine blutige Geschichte rankte sich um dieses Gebäude. Die alten Chroniken erzählten von grausamen Untaten, die innerhalb der Mauern stattgefunden hatten, und in einigen Aufzeichnungen war auch das Wort Satansmesse zu lesen.
Wahre Ausschweifungen und Exzesse hatte es hier gegeben. Menschen waren umgekommen, und mit ihrem Blut sollten die Wände getränkt sein. Was genau passiert war, wußten nur wenige, und die allerdings erzählten nicht gern davon.
Das Schloß besaß dicke Mauern. Auch die Jahrhunderte hatten ihnen nichts anhaben können, so daß sie in der Gegenwart fast noch so wirkten wie früher.
Als man auf die Idee kam, das Kerkerschloß von innen restaurieren zu lassen, hatte man einen gewissen Hintergedanken. Die Offiziellen wußten genau, was die Besucher anzog. Man brauchte nur eine blutige Vergangenheit zu präsentieren, um die Touristen zu locken. Sie kamen in Scharen, und die Menschen bekamen immer eine Gänsehaut, wenn die Führer sie durch unheimliche Gänge oder in Folterkammern hineinführten, um von den Greueltaten längst vergangener Zeiten zu reden.
Da Trier bald sein 2000jähriges Jubiläum feierte, wollte man eben dieses Kerkerschloß zur Besichtigung freigeben und hatte fünf Studenten engagiert, damit sie die Aufgabe übernahmen.
Zwei von ihnen waren tot. Drei lebten noch, und diese wußten nichts vom Schicksal ihrer Freunde.
Sie wunderten sich nur, daß die beiden am Mittag noch nicht erschienen waren.
Mike Palm war als erster auf den Beinen. Er hatte sich aus der Koje gerollt und wäre fast über die leeren Weinflaschen gestolpert, die vor dem Bett standen, denn in der Nacht hatten die drei gehörig gefeiert.
»Verdammt, verdammt, schon fast Nachmittag«, murmelte er und schüttelte den Kopf, um gleich darauf sein Gesicht zu verziehen, denn die Stiche liefen quer durch den Schädel. »Nie mehr Moselwein«, murmelte er, taumelte durch den Wagen und quetschte sich in die schmale Dusche.
Christa und Andreas schliefen noch. Er wollte sie schon wecken, denn sie hatten sich für den heutigen Tag einiges vorgenommen.
Die Dusche funktionierte zwar, doch nur wenig Wasser kam aus der Brause.
Als Studenten waren sie keinen großen Komfort gewohnt. Man konnte froh sein, überhaupt eine Bleibe gefunden zu haben.
So wie Gott ihn erschaffen hatte, verließ der junge Mann die Dusche, trocknete mit einem Handtuch Haare und Körper ab, wobei er nach vorn schaute und seinen Freund Andreas Schattner auf der Bettkante sitzen sah.
Schattner stöhnte. Mit seinen zehn Fingern fuhr er durch den dunkelbraunen Haarschopf, wobei er auf den Moselwein schimpfte.
Palm war schon wieder frisch. »Los, hoch mit dir!« trieb er seinen Freund an, »wir haben viel zu tun.«
»Ach, hör auf. Laß das die anderen machen. Sie können schon anfangen. Wir tragen dann die Verantwortung.«
Palm lachte krächzend. »Die sind noch gar nicht gekommen.«
»Wer ist nicht gekommen?« Aus dem hinteren Teil des Wagens meldete sich Christa Behle. Sie hatte sich halb aufgerichtet, so daß ihr blonder Lockenkopf zu sehen war.
»Dirk und Katja.«
»Das gibt's doch nicht.«
»Ist aber so, Mädchen. Los, steh auf, ich will Kaffee!«
»Du willst gar nichts«, erklärte Christa und schwang ihre Beine aus dem Bett. Sie trug so gut wie nichts am Körper, das machte ihr nichts aus.
Christa war da ziemlich unkompliziert, auch was ihr Verhältnis mit Männern anging.
Bevor Schattner reagieren konnte, schob sie sich bereits auf die Dusche zu und war verschwunden.
»Daß die anderen nicht gekommen sind, verstehe ich nicht«, murmelte Mike.
»Sie haben bestimmt keinen Bock gehabt. Außerdem ist das Schloß nicht
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