0257 - Der Dreitöter
sahen, wie zwei Tefroder hinter einer Maschine auftauchten und auf den Schwerverletzten oder Toten zueilten. Baroon hob die Waffe. Tratlo fuhr herum und drückte den Desintegrator des Leutnants nach unten. Ungehindert konnten die beiden Tefroder den Verwundeten in Sicherheit bringen.
Tratlo löste seine Hand von Baroons Waffe. Der Reyaner wandte langsam den Kopf. Sein runzliges Gesicht war schweißüberströmt. In seinen großen Augen lag Verständnislosigkeit.
„Wir hätten die beiden anderen ebenfalls erwischen können", erklärte er.
„Ich weiß", sagte Tratlo. „Aber der dritte war verwundet."
„Hatten Sie Mitgefühl mit ihm dem Feind?" fragte Baroon ungläubig.
Tratlo hoffte, daß die anderen die Frage nicht gehört hatten. Sollte er Baroon sagen, daß er sich selbst dort hatte liegen sehen, hilflos, mit fürchterlichen Schmerzen und auf den Tod wartend? Welches Recht besaß er, ein Leben zu beenden, das nichts zu seiner Verteidigung unternehmen konnte? Sollte er das Baroon sagen?
„Ich glaube. Sie hatten Angst, Sir", sagte Baroon.
Tratlo spürte, daß der Re yaner diese Behauptung nur aussprach, weil er erwartete, daß sie nie hier herauskommen würden, so, daß Tratlo ihn nicht zur Rechenschaft ziehen konnte, Er lachte hart.
„Natürlich habe ich Angst", sagte er. Und so war es.
„Ich auch", sagte Baroon gelassen. „Endlich empfinden wir beide einmal etwas gemeinsam," Was Baroon zuvor gesagt hatte, sollte keine Anschuldigung sein, begriff Tratlo. Vielleicht, dachte er, mußten Männer erst zusammen dem Tod gegenüberstehen, um sich besser zu verstehen.
Die Tefroder hatten den Getroffenen endgültig in Sicherheit gebracht und den Beschuß wieder aufgenommen. Zwischen den beiden Parteien qualmten die Überreste zerstörter Maschinen. Die Sicht wurde immer schlechter. Tratlo blickte auf seine Uhr.
„Moseley!" rief er. „Der Funkspruch."
„Schon erledigt, Sir", erwiderte der Funker.
„Und?" Tratlo hörte auf zu schießen und lauschte gespannt.
„Nichts, Captain! Nach wie vor keine Antwort."
Tratlo blickte zurück. Die Wand war noch zwanzig Meter entfernt. In einigen Minuten würde sie den im Rückzug befindlichen USO-Spezialisten Einhalt gebieten. Die Schleuse bot keine Fluchtmöglichkeit, denn dort würden sie den Tefrodern ein zu gutes Ziel bieten. Außerdem genügte ein einziger gezielter Schuß, um die Schleusenwand so zu verschmoren, daß sie sich nicht mehr öffnen würde.
Sollte der spöttisch gemeinte Name, den Baroon dieser Welt gegeben hatte, hier unten eine entsetzliche Bedeutung bekommen?
Vor dem Captain zerglühte eine der Maschinen, und er mußte sich einige Meter zurückziehen. Die Tefroder nutzten das sofort aus und drangen nach. Wahrscheinlich erhielten sie nach wie vor Verstärkung durch den Transmitter. Das war keine übertriebene Vorsicht des Gegners. Ein kleines Raumschiff war tief in das Tefroder-Reich eingedrungen. Das würde den unbekannten Herrschern dieses Volkes bestimmt zu denken geben und sie harte Maßnahmen ergreifen lassen.
Die Korvettenbesatzung bekam diese Maßnahmen zuerst zu spüren. Tratlo hoffte, daß im System der grünen Doppelsonne keine weiteren Tefroderschiffe zusammengezogen wurden, da sonst auch die CREST III gefährdet war - wenn sie überhaupt noch auftauchen würde.
Zum Glück konnten die Tefroder keine schweren Waffen gegen die Schiffbrüchigen einsetzen, denn damit hätten sie Einsturzgefahr heraufbeschworen und vielleicht sogar ihre unterirdische Station vernichtet.
Tratlo wurde von Baroon wieder eingeholt, der ebenfalls auf dem Rückzug war. Das faltige Gesicht des Reyaners verzog sich zu einem Lächeln, als er den Captain anblickte. Drei Meter vor ihnen detonierte irgendein Maschinenteil. Der Lichtblitz leuchtete auf Baroons Gesicht und ließ es seltsam zerklüftet erscheinen. Jede einzelne seiner unzähligen Hautfalten schien voll intensivem Leben zu sein. Die großen Augen reflektierten das Licht.
Dann erlosch die Helligkeit, und Baroons Gesicht versank im Schatten des Schutzhelmes. „Bald ist Endstation", meinte er, Irgendwie war zwischen ihnen eine Vertrautheit entstanden, die Tratlo für unmöglich gehalten hätte. Er wußte, daß Baroon ebenso entschlossen gekämpft hatte wie er selbst.
Vielleicht, überlegte er, hatte er den Reyaner immer unterschätzt. Dieser Leutnant schien weitaus mehr zu können, als verrückte Bücher zu schreiben und Farbkleckse auf Leinwände zu tupfen.
Die Tefroder schössen jetzt nur noch
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