0257 - Der Schädel des Hexers
der Dunkelheit das Ziel zu erreichen, immer unsicherer wurde.
Das sagte auch Suko.
Ich hob die Schultern. »Wenn die Wege hier ohne Glatteis gewesen wären, hätten wir es sicherlich geschafft.«
»Möglich.«
Mit Kartenmaterial waren wir ausgerüstet, und wie immer diente mir Suko als Führer.
Einmal sah ich, wie er sich die Hände rieb und dabei noch kalt grinste.
»Was hast du?«
»Ich denke gerade daran, wie ich den McLellans die Rechnung präsentieren werde. Die haben noch etwas bei mir im Salz liegen. Vater und auch Söhne.«
Als ich das hörte, mußte ich grinsen. Ich kannte meinen Freund schließlich. Er vergaß so leicht nichts.
Die Landschaft änderte sich ein wenig. Die Täler wurden weiter, die Hänge flacher. Einmal kamen uns drei Motorräder entgegen. Wie Schatten huschten sie vorbei.
Wir konnten auch über den Steinwall hinwegschauen, sahen die weiten Kurven, die die Straße einmal nach links, dann wieder nach rechts drehte, und ich wurde das Gefühl nicht los, daß wir unser Ziel bald erreicht hatten.
Ich fragte Suko danach.
»Du hast recht. Eigentlich müßten wir schon die kleine Ortschaft sehen, zu der das Haus und die Fabrik gehören.«
Das geschah fünf Minuten später, nachdem wir einen flachen Berg umfahren hatten.
Häuser mit teilweise dunklen Dächern sahen wir. Andere leuchteten rot.
Es gab auch einen Weg, der von unserer Straße links abzweigte und zum Dorf führte. Den nahmen wir nicht, sondern fuhren weiter geradeaus.
Die Sicht wurde besser. Links der Straße war das Gelände fast eben.
Hin und wieder entdeckten wir ein paar Bauminseln, dann stach uns im letzten Licht der verschwindenden Sonne etwas Seltsames ins Auge.
Genau konnten wir es noch nicht erkennen, und ich ging noch weiter vom Gas.
»Das wollte ich dir gerade vorschlagen«, sagte Suko.
»Was?«
»Langsamer zu fahren.«
»Ach so.«
Wir rollten allmählich an den Gegenstand heran, und als wir uns mit ihm auf einer Höhe befanden, stoppte ich. Zur selben Zeit verließen Suko und ich das Fahrzeug.
Diesmal wuchs kein grauer Steinwall am Wegrand hoch. Unser Blick war frei.
Wir erkannten ein Gitter mitten im Gelände. Und hinter dem Gitter, zudem noch von Büschen verdeckt, Grabsteine.
Ein Friedhof also.
Sehr klein. Fast für eine Familie oder einen Clan gedacht. Ich schaute nach rechts und sah vom Friedhof her einen schmalen Weg, der sich wie ein graues Band durch das Gras zog und an dessen Ende ich die Umrisse einiger Schuppen, Hallen oder Häuser sah.
Auch ein Schornstein stach wie ein riesiger Finger in den Himmel.
»Da wohnen sie«, sagte Suko, der meinem Blick ebenfalls gefolgt war.
»Das muß das Haus der McLellans sein.«
Auch ich war der Meinung. Bevor wir uns das weitere Vorgehen zurechtlegen konnten, wurden uns die Ereignisse aus der Hand gerissen.
Durch einen gellenden Schrei!
Es war ein verzweifelter Hilferuf, der uns da entgegenhallte.
Wahrscheinlich hatte uns die Person bei der Ankunft gesehen und deshalb so geschrien.
Er war nicht aus Richtung des Hauses aufgeklungen, sondern von diesem seltsamen, mitten in der Landschaft stehenden und eingezäunten Friedhof her.
Dort mußte sich etwas schreckliches abspielen.
Wir zögerten auch nicht eine Sekunde und rannten los. Ein wenig steif, wie ich zugeben muß, denn vom langen Sitzen waren unsere Glieder müde geworden. Beide mußten wir uns erst einlaufen.
Ein seltsames Bild bot sich unseren Augen. Der allmählich grau werdende Himmel, das letzte Tageslicht, das die Konturen der Gegenstände noch einmal klar und deutlich hervorhob, dazu der Friedhof auf diesem flachen, leicht geneigten Gelände, auf dem hier und da Schneeinseln lagen, dies alles war für mich irgendwie befremdend und auch seltsam anzuschauen.
Als wir näher heranliefen, erkannten wir auch, daß dieser Friedhof nicht so klein war, wie es zuerst den Anschein gehabt hatte. Auf ihm mußten sich mehrere Gräber befinden. Nur den Mann, der um Hilfe schrie, sahen wir nicht.
Zudem waren seine Schreie verstummt. Wir vernahmen mehr ein leises Wimmern sowie hin und wieder hastig hervorgestoßene Worte.
»Trennen wir uns«, schlug ich keuchend vor, denn den Eingang zu diesem seltsamen Friedhof entdeckten wir nicht.
Suko war einverstanden, verschwand nach rechts, während ich mich nach links wandte und wir beide die Grabstätte umrundeten.
Ein schmiedeeiserner Zaun friedete sie ein. Er reichte mir bis über den Kopf. Die einzelnen Stäbe standen ziemlich dicht nebeneinander.
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