0257 - Der Schädel des Hexers
die er ausströmte, damit sie auf andere übergreifen konnte, denn er selbst war als Schädel harmlos.
Man hatte ihn kurzerhand stehlen können, ohne daß er sich gewehrt hätte.
»Jaaaa!« brüllte Gilda plötzlich. »Jaaa! Ihr bekommt ihn zurück. Noch in dieser Nacht! Es wird nicht mehr lange dauern, dann habt ihr ihn wieder, euren Schädel…« Sie lachte laut und hallend. »Und dann werden die McLellans wieder mächtig sein. Wehe demjenigen, der sie noch anzugreifen versucht. Tod den McLions. Tod…Tod…!«
Sie schwang bei jedem Wort die Fackel wie eine Fahne, und das zuckende Licht tauchte ihr Gesicht in einen feurigroten Schein, der ihrer Haut ein blutiges Aussehen gab.
Mit einemmal kam sie zur Ruhe.
Ruckartig drehte sie sich um. Sie lief den Weg zurück und wurde von den jammernden Schreien der bleichen Schädel begleitet.
Eine Fluchtmelodie, die von Gilda als Siegesfanfare empfunden wurde.
Schon sah sie die Tür. Als der Fackelschein das Holz erreichte, schien sich die Tür zu bewegen. Das Wappen und der Name waren ebenfalls von innen eingeschnitzt worden. Beides bekam ein geisterhaftes Leben.
Gilda löschte die Fackeln, bevor sie den Stab wieder in den Ständer stellte.
Die Dunkelheit fiel über ihr zusammen wie ein lichtundurchlässiges Tuch.
Es machte Gilda nichts aus. Die Gruft kannte sie. Sie war praktisch ihr Zuhause oder gehörte zumindest dazu.
Kaum hatte sie den Arm ausgestreckt, um nach der Klinke zu greifen, da spürte sie den Hauch. Gefahr! Augenblicklich vibrierten ihre Nervenstränge. Gilda wollte die Maschinenpistole in die Höhe reißen, doch der Gegner war bereits zu nah. Er hatte im Dunkeln gelauert und schlug zu.
Die Waffe entfiel ihren Händen. Sie selbst wurde nach hinten geschleudert, und einen Augenblick später war der Gegner über ihr, wobei seine Hände ihren Hals faßten, Gilda zu Boden drückten und die Kehle allmählich zupreßten…
***
Schottland hatte mich wieder.
In der Einzahl zu sprechen, wäre ungerecht, denn Suko befand sich an meiner Seite. Gemeinsam wollten wir das Rätsel dieses schreienden Totenkopfs lösen und hofften, daß wir es auch schafften, denn in meinen Ohren klangen die Worte des alten Herrn noch nach. Er hatte mich vor den Clans gewarnt. Die ließen so leicht keinen Fremden an sich heran und waren untereinander zudem meist stark verfeindet, was bis auf die Glaubenskriege zurückging.
Bis Glasgow waren wir geflogen. Von dort aus ging es mit dem Leihwagen weiter. Wir hatten einen dunkelroten Honda Accord erwischt, ein zuverlässiges Auto.
Unser Ziel lag nördlich von Glasgow, und wir konnten die gut ausgebaute Straße Nr. 81 nehmen, die in die Provinz Stirling führte.
Es war uns klar, daß wir das Nachsehen hatten, denn unsere Gegner besaßen einen nicht mehr aufzuholenden Vorsprung. Vor unserem Abflug hatten wir noch herausgefunden, daß die McLellans mit der claneigenen Maschine gestartet und damit von den normalen Flugverbindungen unabhängig waren.
Schon bald hatten wir den Geruch der Großstadt hinter uns gelassen und fuhren in eine noch gesunde Gegend hinein.
Es war ein klarer Wintertag. Überall sahen wir noch den Schnee. Zum Glück war die Straße frei.
Zwei Stunden waren wir bereits unterwegs, hatten Loch Ard Forest, ein großes Waldgebiet, passiert und mußten nun von der gut ausgebauten Straße herunter und in eine Gegend, die ziemlich einsam war.
Sie war von Flüssen und kleinen Bächen durchzogen, bedeckt von zahlreichen Seen. Majestätisch grüßten die Berge mit ihren weißen Mützen, und auf der Straße lag jetzt auch Schnee, denn wir hatten an Höhe gewonnen.
Die McLellans wohnten nahe einer Ortschaft. Ihre Whisky-Fabrik nebst Wohnhaus stand allerdings außerhalb.
Das hatte uns ein schottischer Kollege berichtet, den wir von unterwegs aus anriefen.
Je mehr wir uns von der Zivilisation entfernten, um so schmaler wurde der Weg. Typisch schottisch, zwei Wagen konnten nicht aneinander vorbei. Es gab an den Seiten Ausweichbuchten, und flankiert wurde der Weg an einer Seite von einer kniehohen Steinmauer, die hin und wieder unterbrochen war. Jenseits der Mauer fiel das Gelände ab. Manchmal sehr tief, dann wieder flacher und an einen Hang erinnernd.
Der Himmel zeigte kaum Wolken. Ein paar graue Schleier lagen über uns, als hätte sie eine Riesenhand verstreut. Ansonsten zeigten wir uns von der Klarheit des Firmaments beeindruckt.
Und wir sahen, wie die Sonne allmählich tiefer sank, so daß unser Vorhaben, vor Einbruch
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