0259 - Messalinas Höllentrank
waren es nicht wert, daß man weiter zu ihnen betete.
»Gott der Christen!« rief Valeria. »Wenn es dich wirklich gibt, dann hilf mir!«
Im selben Moment spürte sie, wie der Mann über ihr zurückgerissen wurde. Zwei Männer in einfacher, aber sauberer Kleidung mit glattrasierten Gesichtern und kurz gestutzten Haaren wurden in Valerias Blickfeld sichtbar.
»Möge der Herr mir meine Tat vergeben!« sagte einer der beiden und ließ einen kurzen Holzknüppel auf den Kopf des Halunken niedersausen. Der Mann verdrehte die Augen und sackte dann wie ein Mehlsack zusammen.
»Wer seid ihr?« fragte Valeria, sich langsam erhebend.
»Diener des Gottes, den du angerufen hast!« erklärte der Ältere der beiden Männer. »Wir gehören zu den Menschen, die an Christus glauben. Folge uns auf dem Wege des Heils und…!«
»Die Prätorianer sind mir auf den Fersen!« drängte Valeria. »Meinen Retter haben sie sicher schon ergriffen… !«
»Wir können nichts für ihn tun!« nickte der Andere. »Sie zerren ihn bereits zum Palatin. Doch auch nach dir fahnden sie noch!«
»Wo kann ich mich verbergen?« fragte Valeria angstvoll.
»Folge uns!« erklärte der Jüngere, der sich als Linus vorstellte. Der andere Mann gab seinen Namen als »Crispus« an.
»Wir wissen die geheimen Eingänge in die Cloaca Maxima!« erklärte Crispus. »Durch das unterirdische Kanalsystem können wir unter den Reihen der Verfolger verschwinden. Wenn wir dir andere Kleider gegeben haben und deine Frisur verändern, wird dich niemand mehr erkennen. Dann unterweisen wir dich im Glauben an den, zu dem dein Ruf erscholl!«
»Aber der Mann, der mich gerettet hat…!« drängte Valeria. »Soll er wirklich verloren sein?«
»Auch auf dem Palatin gehen einige unserer Brüder und Schwestern ein und aus!« sagte Linus. »Viele Sklaven glauben an den Erlöser. Daher werden wir hören, welches Schicksal ihm bestimmt ist. Wenn es möglich ist, werden wir ihn retten…!«
***
»Komm zu mir, Zamorra!« kam es verführerisch aus dem Mund der Kaiserin. »Lege dich zu mir und beweise mir deine Manneskraft!« Messalina räkelte sich wie eine verspielte Katze auf ihrer Lagerstatt, nur mit dem Nötigsten bekleidet. Um die Brust lagen Schalen aus dünngehämmerten Goldplatten, um die Lenden zogen sich Perlenschnüre.
»Komm, Mann aus Gallien. Zeige mir, wie man sich an den Ufern des Thodanus und in Lutetia liebt!« schnurrte das verführerische Weib, daß es den Parapsychologen heiß und kalt durchrieselte.
Vor den geistigen Augen Zamorras tauchte das Bild von Nicole Duval auf. Geliebte Nici. Nie - nie und nimmer würde er sie betrügen. Auch nicht, wenn die Kaiserin ihm den Befehl erteilte.
»Was hast du, Zamorra?« fragte Messalina leicht irritiert, als sie erkannte, daß der Angesprochene ihrem Wunsch nicht Folge leistete. Noch nie war es vorgekommen, daß ein Mann sie verschmäht hatte.
»Ich… ich liebe eine andere!« erklärte Professor Zamorra mit leiser Stimme.
»Vergiß sie. Komm zu mir!« befahl Messalina ungehalten.
»Nein! Ich liebe sie!« sagte der Meister des Übersinnlichen fest. »Weißt du überhaupt, was wahre Liebe ist?«
Der schrille Wutschrei der Messalina mischte sich mit einem Knurren, das aus der Kehle eines Raubtieres zu dringen schien. Professor Zamorra prallte zurück. Er kannte das Symptom besser als jeder andere.
Etwas war in diesem Moment in Messalina erwacht. Etwas, das für einige Zeit ihrem menschlichen Geist die Regie alleine überlassen hatte. Doch nun war er wieder aktiv.
Scaurus, der Dämon, erwachte aus seiner Lethargie.
Und er überblickte die Situation sofort. Diesen Mann vor dem Bett der Messalina kannte er. Damals, in der Arena der Taurus - da hätte er ihn töten sollen. Statt dessen war es Zamorra gelungen, ihn aus dem Inneren des Caligula zu vertreiben. Doch Scaurus hatte Glück gehabt, daß sich Caligula und Messalina in diesem Moment liebten und ihre Lippen aneinandergepreßt waren. So konnte sich Scaurus unbemerkt in den Körper der Messalina absetzen und entging dem Schicksal, als ausgetriebener, böser Geist durch die Sphären zu wandeln.
Aber… dieser Mann, auch, wenn er die Macht hatte, Dämonen zu bannen, hatte den Höllentrank zu sich genommen. Vielleicht konnte man sich seiner bedienen.
Es kam nur darauf an, ob er auch gehorchte. Eigentlich hätte er sich unter der Wirkung des Trankes Messalina nicht verweigern dürfen. Scaurus wollte es jetzt ganz genau wissen. Danach konnte er die Chancen seines
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