0259a - Der Tod im Poker-Club
versuchte ich es mit einem Daueralarm.
Das Schellen war nicht zu überhören.
Die Tür flog auf. Mr. Warden stand vor mir. Er holte tief Luft, um eine Schimpfkanonade vom Stapel zu lassen. Als er mich erkannte, blieb ihm das Wort im Mund stecken. Er machte mir Platz. Ich betrat die Diele und sagte leise:
»Teilen Sie bitte Mr. Dolan mit, daß ich ihn erwarte.«
»Es tut mir leid, G-man. Dolan ist nicht im Hause«, antwortete Warden mit schneidender Stimme.
»Wo befindet sich Mr. Dolan?«
Der Geschäftsführer zuckte die Achseln. Er machte nicht die geringsten Anstalten, mich in den Salon zu führen.
»Wenn Sie keine Auskunft geben können, ist vielleicht Mrs. Dolan dazu in der Lage«, sagte ich ärgerlich.
Warden antwortete mit einem amüsierten Lächeln.
»Wenn Sie die Lady in ihrem Zimmer besuchen wollen«, griente er.
»Das ist nicht nötig, Warden. Mrs. Dolan hat soeben ihre Tür geöffnet und steht oben am Geländer.«
Ich sah die Frau nicht. Ihr Schatten fiel aber auf die Treppenstufen, weil sie im gleißenden Sonnenlicht stand.
»Hallo, Lucie«, rief Warden, »komm herunter. Der G-man wünscht eine Auskunft über James.«
Mrs. Dolan erschien mit weitem Morgenmantel aus reiner Seide. Sie versuchte trotz ihrer fünfzig Jahre zu kokettieren. Eine Parfümwolke machte sich in der Diele breit.
Ich hatte jetzt zum erstenmal Gelegenheit, die Frau zu betrachten. Sie war zierlich gebaut. Unter schwarzen Locken, die kunstvoll drapiert waren, wölbte sich eine frauliche runde Stirn. Die Augen schimmerten meeresgrün. Mrs. Dolan reichte mir die Hand. Ihre schmalen Lippen zitterten.
»Es tut mir leid, Mr. Cotton, mein Mann ist nicht im Hause«, sagte sie.
»Well. Aber Sie als Ehefrau müßten darüber informiert sein, wo er sich aufhält.«
»Er geht häufig weg, ohne auch nur eine Andeutung zu machen«, piepste Mrs. Dolan mit wehleidiger Stimme Als ich nicht daran dachte, das Feld zu räumen, sagte Mrs. Dolan:
»Setzen wir uns doch einen Augenblick in den Salon.«
Mr. Warden wünschte mich zum Teufel, und Mrs. Dolan wußte nicht, wie sie mich loswerden konnte.
Ich nahm im giftgrünen Schaumgummisessel Platz, in dem James Dolan gestern abend gesessen hatte. Die Wasserflecken auf dem Teppich waren getrocknet. Irgend jemand hatte bereits die Vorhänge zurückgezogen und gelüftet. Inzwischen war die Glasschiebewand wieder geschlossen.
»Wann hat Mr. Dolan das Haus verlassen?« fragte ich.
»Gegen halb sieben«, antwortete Warden.
»Zu Fuß oder mit dem Wagen?« , »Mein Mann hat sich ein Taxi bestellt. Der Buick steht in der Garage«, piepste die Frau.
Ich sah in den Garten hinaus. Das Wasser im Swimmingpool kräuselte sich unter einer leichten Brise, die vom Hudson her wehte.
»Haben Sie eine Ahnung, wann Mr. Dolan zurückkommt?«
Die Frau wechselte rasch mit Warden einen Blick, ehe sie antwortete.
»Nein, James pflegt sich nie festzulegen«, sagte sie.
»Ich dachte nur daran, weil heute abend die vierundzwanzig Stunden Bedenkzeit ablaufen. Ich bin überzeugt, daß die Gangster zuschlagen werden. So überzeugt wie Sie, Mr. Warden. Denn ich habe die Burschen kennengelernt«, sagte ich. Ich hatte längst bemerkt, wie Warden mit einer geheimen Schadenfreude meinen Schädel betrachtete.
»Ich werde versuchen, Mr. Dolan zu treffen. Sollte er nach Hause zurückkehren, so rufen Sie bitte diese Nummer an.« Ich legte eine Karte mit unserer FBI-Telefonnummer auf den niedrigen Tisch, der zwischen mir und Warden Stand.
Dann stand ich auf und verabschiedete mich von Mrs. Dolan.
Warden blieb im Salon zurück.
Auf dem Flur flüsterte mir Mrs. Dolan zu:
»James befindet sich im Kaufhaus am Hudson.«
Ich nickte kaum merklich und schoß zur Tür hinaus, ohne die Frau noch einmal anzusehen.
***
Phil schloß die versiegelte Tür auf, entfernte die Reste des Polizeisiegels und betrat den Zigarrenladen.
Mein Freund trug eine dünne Leinenjacke, ein Hemd ohne Binder und eine helle Sonnenbrille. Er wischte mit der Hand über die Theke.
Der linke Teil der Theke ließ sich ausschwenken Phil ging durch die Lücke und steckte den Schlüssel in die Registrierkasse. Die Schublade schnackte heraus. Phil fand einige Rollen mit kleinen Münzen. Aus seiner Tasche nahm er einen Lederbeutel mit weiterem Wechselgeld.
Mein Freund ging auf Morrisons Plan ein und führte den Laden weiter. Nur so hatten wir die Möglichkeit, wieder Kontakt mit den Leuten zu bekommen, die die Numbers kistenweise verteilten. Der zuständige
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