026 - Bote des Grauens
Wetten abgeschlossen hatten, ob Clays Glückssträhne auch weiterhin anhielt, war das Spiel für die Bank nun doch etwas ausgeglichener, weil sie mit und gegen ihn setzten.
Doch Clay hatte nun genug. Lächelnd nahm er die dreihundert Dollar und ließ zwanzig auf Rot liegen. In den Croupiers Augen hatte er der Bank dreihundert Dollar geraubt, dreihundert Dollar, für die er, der Bankhalter, später geradestehen musste.
Der Geschäftsführer kam herangewatschelt. Einen Moment lang beugte er sich zum Croupier nieder und flüsterte mit ihm, dann lächelte er und gebot das Spiel fortzusetzen.
Ein Bulle von einem Mann neben Clay knurrte irgendetwas. Das Rad drehte sich, und die Kugel tanzte in entgegen gesetzter Richtung.
Schwarz.
Der Riese an Clays Seite brüllte wütend: „Der Teufel soll Sie holen! Wenn Sie nicht ehrlich spielen, nehme ich Ihren ganzen Laden auseinander.“ Er zog schnell den Einsatz zurück, den er auf Rot gesetzt hatte.
„Behalten Sie meinetwegen Ihr Geld, aber verschwinden Sie“, zischte der Croupier aufgebracht.
„Erst, wenn Sie mir ausbezahlt haben, was ich gewonnen hätte.“
„Sie haben Nerven!“ Des Croupiers Ärger über Clay übertrug sich nun auf den Riesen. „Verlassen Sie das Lokal freiwillig oder muss ich Sie hinauswerfen lassen?“
„Sie wollen mir also meinen rechtmäßigen Gewinn nicht auszahlen?“
„Nein!“ brüllte der Croupier nun wutschnaubend. „Bill! Bill!“
„Dir werde ich es zeigen!“ donnerte der Riese, sprang auf den Croupier los, packte ihn am Kragen und schlug ihm seine Faust mit der Gewalt eines Schmiedehammers ins Gesicht.
Wimmernd vor Schmerz schlitterte der Croupier durch die Wucht des Aufpralls auf dem glatten Boden dahin, und das Blut schoss nur so aus seiner zerschundenen Nase. Am Bein des nächsten Tisches fand er Halt. Er setzte sich auf, und während der Riese sich noch seinem Triumph hingab, peitschte der Knall eines Schusses durch den Raum.
Rauch kräuselte aus der Hand des Croupiers. Die Finger des Riesen tasteten nach seinem Hals. Ungläubig starrte er auf die Waffe, dann auf seine blutigen Hände, ehe er Kopf voran auf den Boden plumpste, sich krümmte und schließlich starr liegen blieb.
Clays Nägel krallten sich in die Rolle Geldscheine und er bemerkte nicht, dass sie den obersten Schein aufschlitzten.
Der lahmenden Stille folgte Panik. Doch Clay hatte bereits das Lokal verlassen. Eine Frage quälte ihn, aber er weigerte sich, sich mit ihr zu befassen.
Nachdem er die ganze Nacht erfolglos versucht hatte, eine Lösung seiner Probleme zu finden und die Chancen einer Wiederherstellung abzuwägen, war Clay um sieben bereits auf, und begab sich nach einem knappen Frühstück auf die Strasse. Es drängte ihn in den Park, denn vielleicht würde Laura kommen. Aber er hatte sich schon in der Nacht dagegen entschieden.
Es hatte keinen Sinn, das Mädchen in ernste Konflikte mit ihrer Mutter zu bringen und vielleicht gar ihr Leben zu ruinieren. Sollte er tatsächlich wieder ganz in Ordnung kommen und es sich auch herausstellen, dass seine Befürchtungen unbegründet waren, würde er alle Hebel in Bewegung setzen, sie wieder zu finden. Aber vermutlich hatte sie sowieso nur Mitleid mit ihm empfunden. Nein, solch ein Mädchen durfte sich nicht an einen Krüppel binden. Wenn sein Bein jedoch geheilt werden konnte … Es fiel ihm schwer, nicht nachzugeben, aber er musste Herr seines Geschickes bleiben.
Und dann war da noch etwas anderes. Seit dem tödlichen Zwischenfall der vergangenen Nacht bohrte ein Gedanke in seinem Kopf, ein Gedanke, der sich einfach nicht mehr länger unterdrücken ließ, dass irgendetwas absolut faul war. Fast wäre er ums Leben gekommen, als er mit dem Professor die Strasse überquerte. Der Croupier war in der Verfassung gewesen zu töten, und sein Grimm war auf Clay konzentriert. Nur durch Zufall war er auch hier dem Tod entgangen.
Als er sich strikt geweigert hatte zu dienen – und nun begann er zu zweifeln, ob es wirklich nur ein Traum gewesen war – und als er schließlich davonlief, hatte er möglicherweise eine Aura des Unheils mit sich genommen. Seine Weigerung wollten die Götter nun vielleicht mit dem Tod bestrafen.
Ein anderer, dem so wie ihm diese Idee immer wahrscheinlicher vorgekommen wäre, würde sich vielleicht furchtbebend in seinem Zimmer verkriechen. Aber ein anderer war ja auch nicht mit der Überzeugung auf die Welt gekommen, dass der Mensch das Schicksal meistern könne. Er war nun
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