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026 - Ich jagte das rote Skelett

026 - Ich jagte das rote Skelett

Titel: 026 - Ich jagte das rote Skelett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.F.Morland
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dachte ich, Sie wären die Reinheit in Person, und Sie wuchsen mir innerhalb kürzester Zeit ans Herz. Wie konnten Sie mir nur so etwas Furchtbares antun?«
    »Mein Gott, ich habe doch nichts getan!«
    Lilly war vor einem halben Jahr nach London gekommen, um sich hier einen Job zu suchen. Sie fand Arbeit bei einer Parfümfirma. Nach zwei Monaten bot man ihr eine Stellung im Außendienst an. Da dieser Posten höher dotiert war, griff Lilly mit beiden Händen zu. Zwei Wochen lang arbeitete ihre Vorgängerin sie ein, und dann ging sie allein von Haus zu Haus, von Tür zu Tür. Ihr nettes, gewinnendes Wesen machte sie glaubwürdig. Niemand hatte bei ihr das Gefühl, hereingelegt zu werden. Die Umsätze, die sie erzielte, konnten sich sehen lassen, und da sie prozentuell daran beteiligt war, konnte sie mit ihrem Verdienst zufrieden sein.
    Dennoch suchte sie sich keine andere Unterkunft, denn sie hatte mittlerweile in Miß Elissa Timsons Haus Freundschaften mit anderen Mädchen geschlossen, die sie nicht aufgeben wollte. Hinzu kam der bestechend geringe Mietbeitrag, den sie hier bezahlte. Dadurch konnte sie zusätzliches Geld auf die Bank legen. Sie wäre dumm gewesen, wenn sie diesen Vorteil nicht genutzt hätte.
    Sie hatte sich an die schrullige Art der alten Dame gewöhnt.
    Manchmal lachten sie und ihre Freundinnen über Miß Timson.
    Aber das war niemals böse gemeint. Im großen und ganzen mochten alle Miß Elissa Timson gut leiden.
    Daß es zwischen der alten Dame und ihr einmal zum Bruch kommen könnte, hätte Lilly Boyd nicht gedacht, und trotzdem war es passiert.
    Miß Timson hatte zwischen sich und dem Mädchen eine unsichtbare Wand aus blankem Eis errichtet. Lilly spürte, daß sie an die Frau nicht mehr herankam.
    »So, so«, sagte Miß Timson, und ihr Gesicht bekam noch ein paar Furchen mehr. »Sie haben nichts getan! Dennoch erhielt ich einen Anruf von der Sittenpolizei…« Sie hob die knochendürre Hand und wiederholte mit erhobener Stimme: »Von der Sittenpolizei! Man stelle sich das einmal vor! Und man teilte mir mit, Sie wären festgenommen worden! Würden Sie sagen, daß Sie danach für dieses Haus noch tragbar sind, Miß Boyd?«
    »Man hat mich irrtümlich festgenommen, Miß Timson. Als sich der Irrtum herausstellte, bat der Inspektor mich um Entschuldigung, und ich durfte nach Hause gehen. Wenn Sie mir das nicht glauben, können Sie ihn anrufen. Er wird es Ihnen bestätigen. Dasselbe hätte auch Ihnen passieren können!«
    Miß Timson versteifte. »Ich muß schon sehr bitten, Miß Boyd!«
    »Ich habe gearbeitet, Miß Timson!«
    »In so einem Haus!«
    »Ich wußte nicht, daß es so ein Haus ist. Es wohnen auch andere Leute darin. Nicht nur diese Mädchen. Sie können mir glauben, ich hätte einen großen Bogen um das Haus gemacht, wenn ich geahnt hätte… Nun ja, ich hab’s nicht getan. Und plötzlich war das ganze Haus voll Polizei. Razzia, hieß es. Man transportierte die Mädchen ab, und mich erwischte man irrtümlich mit. So ist es gewesen. So, und nicht anders, Miß Timson. Wenn Sie denken, daß ich deshalb für Ihr Haus nicht mehr tragbar bin, müssen wir uns wohl trennen.«
    »Ob unschuldig oder nicht, Miß Boyd. Wer sich mit Ruß abgibt, darf sich nicht wundern, wenn er schmutzig wird.«
    »Meine Güte, ich habe mich mit diesen Mädchen doch nicht abge… Ach, was soll’s. Wir kommen ja doch auf keinen grünen Zweig mehr, Miß Timson. Wann soll ich ausziehen?«
    »Ich schlage vor, noch heute.«
    Lilly blickte die alte Dame entrüstet an. »Wissen Sie, wie spät es ist, Miß Timson?«
    »Natürlich.«
    »Sie können mich doch nicht mitten in der Nacht auf die Straße setzen!«
    »Ein solcher Schnitt muß immer glatt und schnell erfolgen, meine Liebe. Wenn Sie wollen, rufe ich für Sie ein Taxi, das Sie zu einem anderen Hotel bringt.«
    »Vielen Dank«, sagte Lilly Boyd sarkastisch. »Machen Sie sich meinetwegen nicht so viel Mühe, das bin ich doch nicht wert.«
    »Sie müssen verstehen, ich muß auf den guten Ruf meines Hauses achten.«
    »Natürlich. Aber klar verstehe ich das. Daß Sie mich um diese Zeit eiskalt hinauswerfen, schadet dem guten Ruf Ihres Hauses wohl nicht.«
    »Es tut mir leid, Miß Boyd.«
    »Ist schon gut, Miß Elissa Timson. Ich bin Ihnen dankbar dafür, daß Sie mir heute die Gelegenheit gaben, sie zu durchschauen. Sie sind ein scheinheiliges, hartherziges altes Weib, mit dummen, lä- cherlichen Ansichten. Ich bin froh, mit Ihnen in Zukunft nichts mehr zu tun zu

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