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0260 - Die Mitternachts-Hexe

0260 - Die Mitternachts-Hexe

Titel: 0260 - Die Mitternachts-Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa und Manfred Weinland
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Ihm helfen. Wie nennt man das? Unterlassene Hilfeleistung… ach du lieber Harry. Hoffentlich verblutet mir der arme Teufel nicht.«
    Er sprang wieder auf, schwankte ein wenig. Er wußte, daß er etwas essen mußte, um eine Unterlage in den Magen zu bekommen. Nüchtern wirkte der Whiskey um so schlimmer. O’Healy schalt sich einen Narren. Wie stand er jetzt da, betrunken wie er war?
    Eigentlich konnte Fitzgibbon nicht weit gekommen sein. Er mußte noch irgendwo in der Nähe sein. Es mußte doch eine Blutspur geben.
    Die suchte O’Healy vergebens. Es gab nur die paar Tropfen in seiner Wohnung.
    Kopfschüttelnd stand er da.
    Und da stand das Fahrrad. Es lehnte am Zaun. Also war der Postbote zu Fuß entwichen.
    Tim O’Healy ging hinüber und trat auf die Straße hinaus. Nirgendwo war jemand zu sehen. So schnell konnte der Verletzte aber niemals gelaufen sein. Ein paar Dutzend Meter weiter standen schon die nächsten Häuser. Hätte er an einer Tür geklopft oder geklingelt, gäbe es jetzt schon einen Menschenauflauf.
    Ein seltsam schepperndes Geräusch ließ O’Healy zusammenfahren. Er wirbelte herum, stürzte fast. Mühsam konzentrierte er sich darauf, nach dem Geräusch zu fahnden.
    Es kam vom Lastwagen.
    Auf der Ladefläche war etwas.
    Tim O’Healy tappte näher.
    Da sah er es.
    Ein furchtbares, ungeheuerliches, unbegreifliches Tier hockte auf der Ladefläche.
    Der Schock machte ihn schlagartig nüchtern.
    Das war ein Tier - wie er selbst eines gewesen war…
    ***
    Zwei Männer und eine Frau kümmerten sich um Miß Denise und brachten sie wieder zu sich. Sie kannten den Gesundheitszustand der alten Dame, die jeden ärztlichen Ratschlag mit Verachtung strafte.
    »Ein Herzanfall, Miß Denise?« fragte der Ältere der beiden Männer. »Sie sollten sich ein wenig hinlegen. Sollen wir Sie nach Hause bringen?«
    Stumm schüttelte Denise Deelay den Kopf. Sie suchte mit fahrigen Bewegungen nach ihrem geschnitzten Gehstock, fand und umkrallte ihn, daß ihre Knöchel weiß hervortraten.
    »Da drin«, stieß sie krächzend hervor und deutete auf das Haus der Brannigans.
    »Was ist da drin?« fragte die Frau etwas spitz. »Eine Flasche Whiskey etwa?«
    »Mabel !« sagte der ältere Mann strafend.
    Jeder wußte, daß die in Ehren ergraute Jungfrau zu den besten Kunden im Pub gehörte. Aber betrunken, richtig betrunken hatte sie noch niemand gesehen. Sie konnte unheimliche Mengen vertragen. Aber in einem Punkt war sie ebenso so standhaft wie mit der Liebe: Sie trank nur abends.
    Somit mußte sie jetzt nüchtern sein.
    Aber sie hatte Mabels spitze Bemerkung wohl gar nicht erfaßt.
    »Cal Brannigan«, keuchte sie. »Er ist tot! Ein Tier… ein wildes… Ungeheuer… nie gesehen, so etwas…«
    Sie wuchtete sich empor. Die beiden Männer faßten mit zu, halfen ihr. »Was ist mit dem Ungeheuer? Cal ist tot? Das gibt’s doch gar nicht.«
    »Doch«, beharrte Miß Denise. »Schaut doch nach… nein, schaut nicht nach. Es ist zu gräßlich. Holt den Constable! Sofort!«
    Die beiden Männer sahen Miß Denise nachdenklich an. Sie war eigentlich nicht die Frau, die sich irgend welche Schauermärchen aus den Fingern sog, um andere Leute damit zu ärgern. Wenn sie behauptete, daß Cal Brannigan tot war, dann mußte das so sein.
    Auch, wenn es unvorstellbar war.
    Das mit dem Tier, dem wilden Ungeheuer, war natürlich Blödsinn. Cal Brannigan besaß keinen Hund, nicht einmal eine Katze.
    Der Jüngere marschierte los. »Das sehe ich mir an«, sagte er.
    »Warte«, schrie Miß Denise. »Geh nicht hinein! Bleib hier, verflixt und eingeschneit… so haltet ihn doch auf!«
    Aber sie war es, die aufgehalten wurde, als sie nun selbst hinterdrein wollte, um den Mann festzuhalten.
    »Ganz ruhig bleiben, Miß Denise«, sagte der ältere Mann. »Perry macht das schon.«
    »Er darf nicht… das Ungeheuer bringt ihn doch um! Geht das in deinen sturen irischen Dickschädel nicht hinein?« fauchte Miß Denise.
    Jetzt wurde der ältere Mann energisch. »Dann verrate mir doch mal, Miß Denise, warum das Ungeheuer nicht auch dich Goldstück umgebracht hat!«
    Verblüfft sah sie ihn an.
    »Das ist wahr«, murmelte sie.
    Von drinnen machte sich Perry bemerkbar. Seine Stimme erscholl durch die offenen Türen nach draußen.
    »Die Miß hat Recht… hier liegt Cal und…«
    Es waren seine letzten Worte.
    Dann kam nur noch ein furchtbarer, alles durchdringender Schrei…
    ***
    Zamorra trat auf die Bremse. Der Jaguar stoppte ab. Ratschend zog er die Handbremse an.

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