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0260 - Die Mitternachts-Hexe

0260 - Die Mitternachts-Hexe

Titel: 0260 - Die Mitternachts-Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa und Manfred Weinland
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um Hilfe rufen, aber kein Ton löste sich von seinen Lippen.
    Und dann kam die Hexe!
    ***
    Der Schleier zerriß. Ihr nasses Grab aus ewiger Finsternis gab sie frei.
    Dreizehn mal dreizehn Jahre waren vergangen.
    Der Fluch hatte sich erfüllt.
    Die Tote öffnete die Augen. Ihr Körper war unversehrt, hatte den langen, unfreiwilligen Todesschlaf makellos überstanden.
    In dem Augenblick, als sich ihre Lider hoben, geschah zweierlei.
    Einmal erlosch der Sternenhimmel, und zum zweiten spürte die Lia Fail unmittelbare Nähe eines Menschen.
    Ein kaltes Lächeln umspielte ihren Mund, während das Wasser des Sees vor ihr zurückwich und einen Tunnel zur Oberfläche schuf.
    Die Zeit ihrer Rache war da.
    ***
    Kevin Brannigans Gehirn fieberte. Was er sah, konnte er nicht glauben, aber obwohl er sich mit der Hand zweifelnd über die Augen wischte, blieb das fantastische Bild unverändert!
    Unweit des Ufers hatte sich in der wie zu dunklem Eis erstarrten Oberfläche des Sees ein quadratischer Schacht gebildet, von etwas mehr als einem Meter Kantenlänge. Diese Öffnung war von gespenstischem, milchigem Lichtschein erfüllt, der wie dünner Nebel über die Schachtränder waberte und leicht rötlich gefärbt war.
    Wenige Sekunden später entstand heftige Bewegung bei dem Loch im See. Das Ganze erinnerte Kevin auf makabre Weise an einen Antigravschacht aus einem der zahllosen Science-Fiction-Romane, die der Junge in seiner Freizeit regelrecht verschlang. Eine Öffnung, ein Tunnel, in dem auf technische Weise die normale Erdschwerkraft aufgehoben beziehungsweise umgekehrt worden war, so daß ein Lifteffekt auftrat.
    Aber wenn das Loch im See eine Art Fahrstuhl sein sollte, überlegte Kevin weiter, ohne ein Schaudern unterdrücken zu können, dann… dann war zu erwarten, daß jemand oder etwas dieses Beförderungsmittel auch benutzen würde…
    Der Gedanke war von solcher Absurdität, daß der Junge selbst den Kopf schütteln mußte und sich fragte, ob er mittlerweile den Verstand verloren hatte.
    Dann geschah das, was er befürchtet hatte, ohne in letzter Konsequenz daran zu glauben.
    In dem Schacht, der sich im Wasser des Sees wider alle Naturgesetze gebildet hatte, erschien eine Gestalt!
    Sie schwebte von unsichtbaren Kräften getragen aus der Tiefe empor und war zunächst vollständig in den rötlichen Lichtnebel getaucht.
    Kevin brachte immer noch keinen Laut aus der Kehle, obwohl er am liebsten laut gebrüllt hätte. Der Vorgang, dessen Zeuge er hier rein zufällig wurde, war gleichermaßen faszinierend wie beängstigend.
    Kaum hatte die Gestalt das Loch im See verlassen, als sich dieses auch schon mit einem leise schmatzenden Geräusch unter ihr schloß. Kurz darauf schien der Sturmwind die Wasseroberfläche wieder zu erreichen, denn Wellen zogen auf, und die Nebel, die die geheimnisvolle Gestalt noch verborgen gehalten hatten, verflüchtigten sich in rasendem Tempo.
    »Nein!« keuchte Kevin, als es ihm endlich gelang, die Lähmung seiner Stimmbänder abzuschütteln.
    »Nein…«
    Die scharfen Windböen enthüllten einen fast nackten Frauenkörper von märchenhafter Schönheit. Nur eine Art Lendenschurz und eine geflochtene Weste, die bis knapp unterhalb ihrer üppigen Brüste reichte, bedeckte ihre Haut. Beide Kleidungsstücke schienen aus bräunlichem Leder gefertigt.
    Noch immer verströmte der See Helligkeit und ließ Kevin jedes Detail der Fremden erkennen, die unter rätselhaften Umständen erschienen war.
    Der Junge schätzte sie auf ein Alter zwischen zwanzig und dreißig Jahren. Genaueres ließ sich nicht sagen, da vor allem ihr bronzefarbenes Gesicht, das von schulterlangem, schwarzem Haar umrahmt wurde, von seltsamer Zeitlosigkeit zu sein schien. Große, ausdrucksstarke Augen, stahlgrau, dominierten in ihren feingeschnittenen Zügen.
    Wie betäubt nahm Kevin diese Einzelheiten in sich auf. Nur kurz blitzte Verwunderung in seinem Verstand auf, daß die schöne Frau der eisigen Kälte ohne sichtbare Gemütsregung so spärlich gekleidet widerstand. Dieser Gedanke war nur ein winziger Funke, der sofort erstarb, als sich die Fremde über das Wasser hinweg in Bewegung setzte.
    Genau auf Kevin Brannigan zu!
    Ihre nackten Füße schwebten etwa eine Handbreit über dem Wasser, und selbst höherverlaufende Wogen erreichten sie nicht, sondern teilten sich vorher.
    Kevin spürte die Gefahr deutlicher denn je. Sein Instinkt riet ihm, davonzulaufen, so lange noch Zeit war. Aber mittlerweile bestand Augenkontakt zwischen der Frau

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