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0260 - Die Mitternachts-Hexe

0260 - Die Mitternachts-Hexe

Titel: 0260 - Die Mitternachts-Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa und Manfred Weinland
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in seine Stirn brannte…
    ***
    Es war früher Morgen, als die Autofähre von Fishguard in Rosslare Harbour anlegte und ein Schlachtschiff auf vier Rädern über den künstlichen Steg auf die Hafenmole hinausrollte.
    Die über den Kaimauern kreisenden Möwen ließen sich noch am wenigsten von dem stattlichen Gefährt beeindrucken, dessen sattes Motorgeräusch jedoch eine Anzahl von Hafenarbeitern und Reisenden, die gerade die Fähre zu Fuß verließen, veranlaßte, in ihren Tätigkeiten innezuhalten und dem rasanten Wagen ihre Bewunderung zu zollen.
    Zamorra nahm’s mit Gelassenheit. Er war, ebenso wie seine Begleiterin, froh, endlich wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Mit dem Flugzeug hätte er die Überfahrt von England nach Irland bedeutend schneller haben können, doch in diesem speziellen Fall war ihm daran gelegen, einen gewohnten fahrbaren Untersatz bei seinem Streifzug über die Insel zur Verfügung zu haben. Zu viel stand auf dem Spiel. Und die jüngsten Niederlagen in seinem Kampf gegen Sanguinus, die Schwarze Familie und Leonardo de Montagne hatten ihn gelehrt, nichts dem Zufall zu überlassen, wenn es in seinen Möglichkeiten lag.
    »Wollen wir zuerst irgendwo einen Kaffee trinken?« fragte Nicole Duval neben ihm, die überraschend ausgeschlafen für diese Tageszeit wirkte. Das lag in erster Linie an dem bequemen Bettchen der Doppelkabine, die sie für die Überfahrt beansprucht hatten.
    Zamorra wandte kurz den Kopf zu ihr und meinte: »Warum nicht? Unsere Verabredung mit Bill ist erst für den Nachmittag angesagt. Das schaffen wir leicht, auch mit Pausen.« Er schmunzelte leise.
    »Warum grinst du so schadenfroh?« meldete sich seine heute schwarzhaarige Lebensgefährtin sofort, die ihn von der Seite her beobachtete und der nichts entging. »Du hast doch wieder irgendeine Gemeinheit mit mir vor…«
    »Unsinn!« wehrte er scheinheilig ab. »Ich muß nur gerade daran denken, daß heute Sonntag ist.«
    »Und?«
    »Das letzte Mal, als du ›zuerst noch irgendwo einen Kaffee trinken‹ wolltest, war Samstag.«
    »Ja, und?«
    »Da hatten tragischerweise auch alle Boutiquen im Umkreis deines Cafés offen… Heute ist Sonntag.«
    Jetzt begriff Nicole. Ein knurrender Laut entwickelte sich in ihrer hübschen Kehle, und für einen Moment sah es so aus, als wollte sie sich ohne Rücksicht auf den Straßenverkehr auf ihn stürzen.
    »Ich kratz’ dir die Augen aus!« kündigte sie an. Doch dann überlegte sie es sich anders und zog es vor zu schmollen. Mit vor der Brust verschränkten Armen blickte sie fortan stur geradeaus und ließ Zamorra zappeln. Seine Bemerkungen dann und wann fanden keinen Widerhall mehr.
    Oha, dachte er, ob ich sie verärgert habe… ? Auf ihren Einkaufstick anzuspielen, dèr regelmäßig Zamorras Portemonnaie leerte und ihm schon die härtesten Modeschocks versetzt hatte, war vielleicht doch etwas grob gewesen. Nun gut, er nahm sich vor, sie noch etwas schmollen zu lassen und sich dann bei einem guten Frühstück in aller Form zu entschuldigen.
    Er lenkte den Wagen in eine Seitenstraße und hielt Ausschau nach einer kleinen, gediegenen Kneipe, unter deren Namensschild auch der wichtige Hinweis Bed & Breakfast zu finden war. Auf das Bed legte er zwar momentan keinen gesteigerten Wert, dafür um so mehr auf das Breakfast.
    Schließlich, fast am Ende der Straße, die originellerweise auch noch eine Sackgasse war, fand er etwas, was seinen Vorstellungen weitgehend entsprach. Er ließ den Wagen neben dem Bordstein ausrollen und zog den Zündschlüssel. »Alles aussteigen!« rief er gegen die Windschutzscheibe und hoffte, daß irgendein Echo seine schmollende Nicole erreichen würde. Aber erst als er »Frühstück!« hinzufügte, wurde sie wieder lebendig.
    »Na warte«, murmelte sie. »Das wird ein teures Frühstück für dich werden, das verspreche ich dir!«
    Zamorra trug die Drohung mit Fassung. Er hatte sich vorsichtshalber mit genügend inländischer Währung versorgt.
    Während Nicole auf der Beifahrerseite ausstieg und sofort ihren Mantel gegen die beißende Kälte schloß, griff er hinter sich auf den Rücksitz und zog die Lederjacke nach vom. Ehe er ausstieg, vergewisserte er sich noch, daß der Ju-Ju-Stab in der Innentasche steckte. Dann folgte er Nicole.
    ***
    Als er erwachte, fühlte er sich wie gerädert. Doch als er sah, wo er erwachte, fiel ihm ein Stein vom Herzen. »Nur geträumt… Alles nur geträumt. Gott sei Dank…«, murmelte er schlaftrunken und wälzte sich

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