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0260 - Ein Totenopfer für Clarissa

0260 - Ein Totenopfer für Clarissa

Titel: 0260 - Ein Totenopfer für Clarissa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Taridis, hatte das Unglaubliche erreicht und wahrgemacht. Clarissa, die Nonne aus der Zeit der Makkabäer, war erwacht. Ein Wesen, das sein eigentliches Leben wenige Jahrhunderte nach Christi Geburt geführt hatte, kehrte zurück in eine moderne, von Wissenschaft und Technik bestimmte Zeit.
    Das war kaum zu glauben.
    Sein Atem glich schon einem Ächzen. Er schüttelte den Kopf, die Finger bewegten sich hektisch, und er merkte kaum, daß salziger Schweiß über seine Stirn in die Augen rann.
    Costa Taridis stand wie unter einem Fieberschock. Krebsrot sein Gesicht, die Lippen bewegten sich, entließen flüsternd Worte, die nur mehr ein Hauch waren.
    »Du bist wach. Du bist tatsächlich erwacht! Clarissa…«
    Sie hatte wunderschöne Augen. Selbst bei dem Licht waren die Pupillen zu erkennen, und sie leuchteten in einem dunklen, gleichzeitig faszinierenden Blau.
    So etwas hatte Taridis noch nie gesehen. Dieses Blau überstrahlte alles, es nahm ihn gefangen, und die Pupillen kamen ihm plötzlich wie zwei Seen vor, in die er allmählich versank.
    Das war sie also.
    Noch immer lag das Kreuz auf ihrem Gesicht. Sie brauchte es nicht mehr, und der Grieche näherte seine Hand dem Kreuz, um es an sich zu nehmen.
    Kaum hatte er es berührt, als die Nonne reagierte. Die Bewegung war von ihm kaum zu verfolgen gewesen, er sah die Hand nicht, sondern spürte nur den Griff, mit dem sie plötzlich sein Gelenk umklammerte. So hart und fest, daß er das Gefühl hatte, seine Knochen würden brechen. Er stöhnte auf, wollte sich zurückziehen, aber die Nonne ließ ihn nicht los. Kalt waren ihre Finger, als hätten sie in Eis gelegen, und an Taridis zog sie sich langsam in die Höhe.
    Steif richtete sich Clarissa auf. Ihr Rücken blieb dabei gerade.
    Vom Hinterkopf bis zum letzten Wirbel bildete er eine Linie, und so blieb sie auch sitzen, ohne ihren Blick von dem Gesicht des Griechen zu lassen.
    Das Kreuz war nach unten gefallen. Es lag jetzt im Schoß der Frau, wo sich der blaue, kostbare Kleiderstoff über den Oberschenkeln spannte.
    »Clarissa!« flüsterte er. »Clarissa, ich habe dich erweckt. Du bist es, die lange Jahrhunderte geschlafen hat, doch nun wirst du leben, und das hast du mir und dem Kreuz zu verdanken.«
    Sie wollte nicht mehr liegenbleiben und richtete sich so weit auf, daß sie die Beine von ihrem Lager schwingen konnte. Dabei ließ sie den Mann los.
    Taridis taumelte zurück. Er rieb sich das schmerzende Gelenk und beobachtete die Nonne weiter.
    Sie blieb neben dem Lager stehen. Auf dem lackschwarzen Haar tanzten die Reflexe des Feuers und gaben ihm einen rotgelben Schimmer. Die Kette hatte sie um die Finger der rechten Hand geschlungen, und das Kreuz war, der Schwerkraft folgend, nach unten gefallen, so daß es in Höhe ihrer Oberschenkel baumelte.
    Taridis beugte sich vor. »Erkennst du es nicht?« flüsterte er. »Ist es dir unbekannt, Clarissa? Dieses Kreuz mußt du doch einfach sehen. Meine Güte, du…«
    »Es ist das Kreuz der Söhne des Lichts«, antwortete sie mit leiser Stimme, und der Grieche mußte schon sehr genau hinhören, um sie zu verstehen.
    »Dann gehört es dir!«
    »Nein!« widersprach Clarissa, »es gehört nicht mir.«
    »Wem denn?«
    »Uns allen. Meinem Volk.«
    Da schüttelte der Grieche den Kopf. »Dein Volk, Clarissa? Das existiert nicht mehr. Schon lange nicht. Dein Volk ist ausgestorben, es gibt höchstens Reste, Nachkommen, aber du bist die einzige echte, die noch lebt. Begreifst du das?«
    Die Nonne ging nicht auf die Worte des Mannes ein. Sie drehte statt dessen den Kopf und schaute hoch zu dem gewaltigen Wolf, der das Kopfende des Lagers bildete.
    Unwillkürlich folgte auch Taridis dem Blick des Mädchens und erschrak zutiefst.
    Der Wolf lebte ebenfalls!
    Zwar saß er stumm und auch steif an seinem Platz, doch seine Augen hatten sich verändert. In ihnen war ein Leben zu erkennen.
    Die kleinen, wie gefrorene Tropfen wirkenden Pupillen blickten nicht mehr so starr wie zuvor.
    Costa Taridis schüttelte den Kopf. Hatte er einen Fehler begangen? Hätte er Clarissa doch nicht erwecken sollen, denn mit der Schönen war gleichzeitig der Teufel erwacht.
    Taridis empfand diesen unheimlichen Wolf als teuflisch, auch dessen Augen, die ihn an rotierende Perlen erinnerten.
    »Wer ist das?« wandte er sich mit leiser Stimme an die erweckte Nonne.
    Clarissa schaute ihn an. »Du meinst den Wolf?«
    »Ja.«
    »Er gehört zu mir. Er ist mein Beschützer, wie alle Wölfe hier meine Beschützer

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