0260 - Ein Totenopfer für Clarissa
Gesicht abzeichnete.
Kreuz und Gesicht!
Gehörten sie jetzt zusammen? Man hat mir das Kreuz abgenommen, radikal entwendet, um es dem Gesicht zuzuführen.
Aber wer war die Frau?
Ich hatte bisher nur mit diesen vier seltsamen Wesen Bekanntschaft gemacht, nun zeigte sich eine weibliche Person, die im Hintergrund lauerte.
Ich bekam Furcht!
Furcht deshalb, weil dieses Gesicht und mein Kreuz sich überhaupt nichts taten. Gehörten sie zusammen? Und das war das Schlimme an der Sache. Normalerweise hätte das Kreuz reagieren müssen, denn es war ein Teil von mir, aber als ich dies sah, da wurde ich skeptisch.
Und wer von den Schwarzblütlern war überhaupt in der Lage, das Kreuz anzufassen?
Keiner, dessen war ich mir sicher!
Wirklich keiner?
Ich befand mich weiterhin zwischen den Dimensionen, konnte selbst nichts steuern, wurde auf das Bild zugeführt, und die Geschwindigkeit nahm zu. Irgendwann mußte ich dagegen krachen und dann…
Es kam der Blackout.
Diesmal verschluckte mich die Dunkelheit endgültig, wobei ich paradoxerweise das Gefühl hatte, dabei in einen grellen Blitz hineinzutauchen und unterzugehen…
***
Costa Taridis schlug seine Hände vor das Gesicht. Er konnte einfach nicht mehr hinschauen, die Helligkeit des Kreuzes schien seine Pupillen aus den Augen brennen zu wollen, und obwohl er sie geschlossen hielt, spürte er den Schein.
Dann war es vorbei.
Er merkte genau, wie die Helligkeit abnahm, atmete tief ein und ließ die Hände sinken.
Clarissa stand vor ihm. Sie hatte die rechte Hand erhoben und das Kreuz vor ihr Gesicht gehalten. Es sah wieder völlig normal aus, aber die Augen der Nonne funkelten böse.
»Was hast du getan?« flüsterte sie. »Was hast du dir da erlaubt, Mann? Rede!«
»Nichts, ich habe nichts…«
»Und ob du etwas getan hast. Hätte das Kreuz sonst so reagiert? Es muß einen Befehl bekommen haben, denn es wollte plötzlich nicht mehr bei mir bleiben, und ich mußte meine gesamte Kraft aufwenden, um es zu halten. Ich will genau wissen, was geschen ist!«
Nach diesen Worten wurde es still. Clarissa funkelte den Mann an, und der Grieche wußte, daß die Nonne es ernst meinte. Sie ließ sich durch Ausreden nicht mehr abspeisen.
Er hob die Schultern. »Ich habe es nur gut gemeint«, erwiderte er flüsternd.
»Das habe ich bemerkt!« stellte die Nonne spöttisch fest. »Erkläre mir, wie es zu allem gekommen ist!«
Taridis blieb nichts anderes übrig, als dem befehlsartigen Wunsch der Frau nachzukommen. Er begann mit der Nennung seines Namens, und er redete sich alles von der Seele. Berichtete vom Fund der alten Schrift, von seinen Nachforschungen und Beschwörungen, bis hin zur Erweckung der Clarissa.
Sie hörte genau zu, ein paarmal nickte sie, und vor allen Dingen spitzte sie immer dann die Ohren, wenn sie die Worte Geisterjäger John Sinclair hörte.
Als Costa Taridis seinen Bericht beendet hatte, schaute er die Frau aufmerksam an. In seinen Augen leuchtete die Angst. Er fragte sich, wie sie den Bericht aufgenommen hatte und ob sie ihm überhaupt glauben würde.
»Du hast nichts hinzugefügt?«
»Nein, es ist die Wahrheit!«
»Wie kann dieser Sinclair an das Kreuz gelangen, das eigentlich uns, den Makkabäern gehörte?«
»Ich weiß es nicht.«
»Hast du nicht nachgeforscht?«
»Versucht schon. Ich kam leider nicht durch, und ich mußte vorsichtig sein, aber er war der Träger des Kreuzes, und es hat ihm die Macht gegeben, die Wesen der Finsternis zu bekämpfen. Nicht umsonst bekam er den Namen Geisterjäger.«
»Davon müssen wir ausgehen!« sagte Clarissa. »Und dieser John Sinclair lebt. Ich habe es gespürt. Ich weiß es zwar nicht genau, doch ich glaube, daß er es war, der den Ruf ausgestoßen hat. Er hat sein Kreuz angerufen, mit einer uralten Formel…« Clarissa verstummte und schaute auf das Kreuz in ihrer Hand. »Es gab da einen Weisen«, sagte sie leise. »Er hat sich sehr genau mit dem Kreuz beschäftigt. Leider ist mir der Name entfallen, aber es war ein mächtiger Mann. Er wußte alles zu deuten, und das Kreuz, das für uns so wichtig war, ist ihm eines Tages gestohlen worden …«
»Kennst du den Dieb?« fragte der Grieche dazwischen.
Da schaute die Nonne ihn an, und ein wissendes Lächeln zuckte über ihre Lippen.
»Du bist es gewesen!« ächzte er.
»Ja, ich habe es an mich genommen, aber ich konnte es nicht behalten. Auf diesem Kreuz, so sehr es dem Guten geweiht war, lastete ein Fluch. Auch mir wurde es gestohlen und verschwand.
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