0260 - Gespenster der Vergangenheit
Lächeln.
„Tut mir leid", sagte er. „Der Kerl war so schnell, daß ich keine andere Wahl hatte, als ihm eine über den Schädel zu hauen. Er ist nur bewußtlos."
Rakal nickte und sah sich um. An einer freien Stelle der Wand hing ein kleiner Bildschirm, der eine weite, sanft bewegte Wasserfläche und weit im Hintergrund eine bergige Küste zeigte.
„Er sprach gerade mit jemand", erklärte Tronar. „Er stand vor dem Kasten dort drüben und hatte eine Art Mikrophon in der Hand."
Im selben Augenblick meldete sich der Kasten, auf den Tronar gewiesen hatte. Eine unfreundliche Stimme bellte kurze Worte in einer unverständlichen Sprache. Rakal grinste unwillkürlich.
„Er will wissen, was passiert ist", berichtete er lachend. „Das Gespräch wurde unterbrochen, und jetzt ist er nervös."
Nach seiner Ansicht war der kleine Raum, vier Meter im Geviert, eine Funkstation. Die schrankähnlichen Geräte waren Sendeaggregate und Empfänger. Zu den Aufgaben des Stützpunkts gehörten offenbar auch solche, die Mitglieder der Besatzung weit von der Station entfernten. Mit ihnen Kontakt zu halten, war die Funktion dieses kleinen Raums. Rakal faßte einen raschen Entschluß. „Wir sind hier nicht sicher", erklärte er Tronar. „Jeden Augenblick kann jemand hereinkommen, und dann sitzen wir wieder in der Patsche. Ich bin dafür, daß wir uns diesen unhöflichen Schreihals aus der Nähe ansehen."
Er wies auf den Empfänger, aus dem in unverminderter Lautstärke die Stimme des Unbekannten drang.
Tronar war einverstanden. Diesmal traute selbst Rakal sich nicht zu, unter den zahllosen Kontrollschaltern des großen Sendegeräts denjenigen zu finden, der von Empfang auf Sendung umschaltete. Sie mußten mit dem zurechtkommen, was sie hatten, Der Ausbreitungsrichtung einer energetischen Schwingung entgegenzureisen, war nicht so einfach, wie sich von ihr mitführen zu lassen. Der Transportvorgang wurde dadurch verlangsamt. Aber im Augenblick spielte Zeit keine allzu große Rolle.
Tronar stellte sich vor den großen Kasten, löste sich auf und verschwand. Der Unhöfliche war immer noch am Reden. Rakal hörte, wie er sich plötzlich mitten im Wort unterbrach und einen entsetzten Schrei ausstieß. Ein dumpfer Knall folgte. Jemand seufzte röchelnd. Dann erklang Tronars Stimme: „Alles in Ordnung hier! Du kannst kommen."
Rakal verschmolz mit dem Feld, das der Empfänger einfing.
3.
„Und ich sage Ihnen noch einmal, Staunder, es wird Zeit, daß wir mit diesem Ungeziefer endlich aufräumen. Wir haben die Waffen dazu. Warum zögern wir also?"
Der Mann, der das sagte, steckte in einer feldgrauen Uniform und trug einen metallenen Helm. Nach irdischen Maßstäben konnte er zwischen vierzig und fünfzig Jahre alt sein. Er sprach Englisch mit einem unverkennbaren Akzent. Außerdem war er zornig.
Staunder saß auf einem Stuhl, der so unbeholfen aussah, als wäre er im Do-it-yourself-Verfahren hergestellt worden, und schüttelte den Kopf. Staunders auffallendstes Merkmal war seine ungewöhnliche Länge. Er war sitzend noch fast so groß wie der zornige Mann, der vor ihm stand. Dabei war er so hager, als ob er seit zwei Monaten nichts Anständiges mehr zu essen gehabt hätte.
„Das ist ein Unsinn, Emerich", antwortete er. „Wir sind hier sicher. Wer auch immer uns da anzugreifen versucht, gegen die zwei Meter starken Mauern hat er keine Chance. Der Gegner besitzt keine Feuerwaffen, nicht einmal Pfeil und Bogen. Nach meiner Ansicht handelt es sich um eine äußerst primitive Rasse von Eingeborenen, die sich an unserer Existenz stören. Was hätten wir davon, wenn wir auf sie schössen?"
„Das will ich Ihnen gerne sagen", dröhnte Emerich. „Hannemann war gestern draußen, um ein bißchen zu jagen. Wir brauchen Fleisch, das wissen Sie so gut wie ich. Hannemann kam gerade bis über den nächsten Hügel, da flog ihm ein Stein an den Kopf. Glücklicherweise war er besonnen genug, um sein MG durchzuladen und in die Gegend zu feuern. Das muß die Kerle verscheucht haben. Hannemann machte sich auf den Rückzug und schaffte es gerade noch bis zur Burg. Sie können sich die Beule an seinem Schädel ansehen, wenn Sie Lust haben. Die Burschen werden immer frecher. Wenn wir sie weiter gewähren lassen, werden wir uns in ein paar Tagen nicht mehr vors Tor trauen können."
Staunder zeigte sich beeindruckt. Er strich sich mit der Hand übers Kinn und erzeugte dabei ein raschelndes Geräusch, denn er hatte seit drei Tagen eine Rasur
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