0261 - Vom Teufel besessen
Herren? Sie waren bei mir, als es passierte. Wie soll ich sie dann angegriffen haben?«
Im Prinzip hatte sie recht. Und sie zeigte eine so große Sicherheit und auch Überlegenheit, daß es mich störte und ich allmählich die Wut bekam.
»Die Kleine spinnt!« stellte Isabella Norton mit kalter Stimme fest und drehte sich um.
»Moment noch«, sagte ich. »Bleiben Sie!«
»Bitte.«
»Gesetzt den Fall, Sie haben recht, Mrs. Norton, dann frage ich Sie allerdings, wer für die Verletzungen dieser Frau letztendlich die Verantwortung trägt?«
»Das weiß ich doch nicht. Vielleicht hat sie sich die Wunden selbst zugefügt?«
»Würden Sie das machen?«
»Wer weiß, zu welchen Taten Irre alles fähig sind«, hielt sie mir entgegen.
Auch Miriam di Carlo hatte ihre Worte gehört. Sie war von ihnen regelrecht angemacht worden und hatte irgendwie einen Energiestoß bekommen, denn sie schnellte herum und löste sich dabei auch aus meinen stützenden Griff.
»Nein!« brüllte sie, daß sogar Speichel vor ihren Lippen sprühte. »Ich bin nicht verrückt, ich bin nicht wahnsinnig.« Ihr Arm zuckte vor. Die Fingerspitze deutete auf Isabella Norton. »Sie war es. Ich habe mich nicht getäuscht. Sie trug die gleiche Kleidung und sah ebenso aus wie diese Frau. Und sie stand in der Wanne.« Miriam drehte sich jetzt, um auf die Wanne deuten zu können. »Dort!« rief sie. »Dort genau hielt sie sich auf. Dann kam sie auf mich zu«, erklärte sie in hastigen Worten und immer von keuchenden Atemzügen unterbrochen, »und sie verwandelte sich. Sie wurde zu einem widerlich grünen Monstrum, das aus Schleim und Knochen bestand und Hände wie Krallen hatte. Damit schlug es zu. Einmal, zweimal und immer wieder. Sie hätte mich getötet, wenn…« Da konnte Miriam nicht mehr, senkte den Kopf und weinte.
Isabella Norton aber hob nur die Schultern. »Ich habe es Ihnen doch gesagt, eine Irre ist sie.«
Dies wollte mir einfach nicht in den Kopf. Auch auf den Gesichtern meiner Freunde las ich den Zweifel. Vielleicht hätten wir anders gedacht, wären wir normale Polizeibeamte gewesen, so aber mußte ich die Aussagen aus einem anderen Blickwinkel betrachten. Und zwar aus dem der Schwarzen Magie.
Hier war etwas geschehen, für das es keine normale Erklärung geben konnte.
Wem sollte ich glauben?
Wenn ich das hintergründige und teilweise wissende Lächeln der Isabella Norton sah, dann tendierte ich zu Miriam di Carlo. Trotz aller Widersprüchlichkeiten ihrer Aussagen. Hier war etwas geschehen, das wir genau erforschen mußten. Wie ich das anstellen sollte, wußte ich noch nicht.
»Und dann hat dieses Monstrum noch etwas gesagt«, flüsterte Miriam di Carlo erstickt.
»Was?«
Sie hob den Kopf und schaute mich klar an. »Aibon!« hauchte sie. »Das Monstrum hat von Aibon gesprochen. Nur davon…«
Ich schaute Isabella an. Sie rührte sich nicht. Kein Muskel zuckte in dem starren Gesicht mit den herabgezogenen Mundwinkeln. Sie stand da, als würde sie die ganze Sache überhaupt nichts angehen.
»Wer ist Aibon?«
»Noch nie gehört«, sagte die Norton. »Was weiß ich, was sich die Irre da alles zusammenspinnt.«
»Die Frage galt auch nicht Ihnen«, fuhr ich sie an.
»Auch ich weiß nichts Genaues«, flüsterte Miriam. »Sie sagte, daß Aibon mich will und es irgendwie mit dem Teufel zusammenhängt. Das ist wirklich alles.«
»Ist dir nicht der Begriff vom dunklen Gral gefallen?« hakte ich nach.
»Nein, nie.«
Das war in der Tat rätselhaft. Schon wieder hörten wir den Namen Aibon. Irgend etwas mußte er mit dem dunklen Gral zu tun haben, aber so sehr ich auch grübelte, eine Lösung fand ich nicht.
Da war von den Schriften des Aibon die Rede gewesen, von den sieben Toren des Schreckens, aber was Aibon selbst bedeutete, das konnte mir niemand sagen.
»Sind Sie nun zufrieden, Mr. Polizist?« erkundigte sich Isabella Norton lässig.
»Fast.«
»Also noch immer mißtrauisch?«
»Ja.«
»Und weshalb?«
»Ich glaube Ihnen einfach nicht.«
»Dann dürfen Sie auch Ihren Augen nicht trauen, Mr. Sinclair. Oder haben Sie mich weggehen sehen?«
Sie konnte darauf herumreiten, und mir fiel es schwer, eine Gegenantwort zu geben. Den Raum hatte sie tatsächlich während unserer Anwesenheit nicht verlassen. Mir kam der Gedanke einer Zwillingsschwester, und danach fragte ich sie.
Isabella Norton lachte. »Tut mir leid, ich bin ein Einzelkind. Außerdem hat Ihre kleine Freundin ja von einem Monstrum gesprochen, das von grünlicher Farbe
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