0262 - Leonardos Knochenhorde
er.
»Richtig geraten, mein Lieber«, sagte eine knarrige Stimme in seiner Nähe.
Ruckartig fuhr er hoch. Sofort durchfuhr ihn ein wilder Schmerz, und bunte Ringe tanzten vor seinen Augen. »Au, verdammt«, entfuhr es ihm.
»Flüche in der Hölle sind wie Gebete im Himmel«, sagte die Stimme. »Hier bin ich. Du solltest dich nicht so stürmisch bewegen, alter Mann.«
Alter Mann? dachte Gryf, der wie ein Zwanzigjähriger aussah. Woher weiß der Kerl, daß ich über achttausend Jahre alt bin?
Dann gingen ihm die anderen Bemerkungen auf. Teufel… Hölle… der Schwefelgestank… wohin war er geraten?
Er sah sich langsam um.
Es war ein kleiner, gemütlich eingerichteter Raum. Ein Mann in mittleren Jahren saß in einem schweren Ledersessel, die Füße auf den Glastisch gelegt. Er trug einen dezenten grauen Anzug, den Hemdkragen geöffnet, und sah Gryf unverwandt an. In seinen Augen war etwas, das den Druiden erschauern ließ. Er glaubte in den Abgrund der Ewigkeit zu stürzen.
»Wer bist du? Wie komme ich her?« stieß er hervor. Er richtete sich endgültig in sitzende Stellung auf. Er befand sich auf einem Ledersofa, dem Fremden gegenüber.
»Du solltest es dir als eine ganz große Ehre anrechnen, daß ich dir eine meine Tarnexistenzen offenbare«, sagte der Mann. »Ich gebe mir damit eine Blöße, die du vielleicht später ausnützen könntest. Und ich erwarte nicht einmal dein Versprechen, daß du es nicht tust. In den Gewissenskonflikt will ich dich nicht bringen, Mann vom Silbermond.« Er kicherte verhalten.
Gryf starrte ihn an. »Du bist -Asmodis?«
Der Fürst der Finsternis nickte.
»Ich verstehe nicht«, sagte Gryf. »Warum hast du mich hierhergeholt?«
Asmodis hob die Hand. »Weil die schwarzen Mächte noch niemals ein Versprechen gebrochen haben, weder im kleinen noch im großen.«
Das stimmte. Gryf wußte es. Man konnte den Dämonen nachsagen, was man wollte - aber sie hielten jedes Versprechen, das sie gaben, und jeden Pakt. Wenn nicht, waren sie unheimlich leicht zu vernichten. Es kam selten vor. Aber Gryf wußte es. Es war, als verlören sie dann ihren natürlichen Schutz, der sie den Menschen überlegen machte. Daß diese immer wieder auf Satanspakte hereinfielen, war natürlich ihre Sache. Dämonen pflegten ihre Versprechungen und Pakte mit tausenderlei Haken und Ösen zu versehen, mit manchmal schier undurchschaubaren Fallstricken. Aber wenn man klug war, konnte man sie umgehen.
Doktor Faust war einst nicht klug genug gewesen.
Selbst gegen den Teufel hatte jeder eine Chance. Er mußte sie nur erkennen, und das war nicht jedem gegeben.
Und jetzt saß Gryf dem Teufel gegenüber.
»Schön«, nickte er. »Und um welches Versprechen geht es?«
»Um eines, das der Montagne gab«, gab der Fürst der Finsternis Auskunft. »Er versprach, Uschi Peters vielleicht Leben oder Freiheit zu schenken, wenn Zamorra waffenlos käme. Aber er denkt nicht daran. In Wirklichkeit will er sie auf jeden Fall töten, sobald Zamorra in seiner Hand ist. Das entspricht nicht der Abmachung.«
»Und warum hast du mich dann hierher geholt?«
»Ich habe dich vor der Gefangennahme durch Leonardos Schergen bewahrt«, sagte Asmodis. »Ich will verhindern, daß Leonardo als Vertreter der Höllenmächte sein Versprechen bricht. Du bist der Ausgleich, der Zamorra helfen kann. Ich biete euch damit nur eine geringe Chance, aber mehr ist auch nicht nötig. Wahrscheinlich wirst du ohnehin sterben, ehe du eingreif en kannst. Aber dieses kleine Spiel muß ich machen, um das Gleichgewicht auf meine Weise zu wahren.«
Gryf preßte die Lippen zusammen.
»Die Skelett-Krieger sind abgezogen. Ich werde dich in das kleine Haus zurückbringen. Danach kannst du tun und lassen, was du willst.«
Gryf nickte. Er war einigermaßen überrascht. Sah Asmodis nicht, wie groß die Chance war, die sich hier auftat? Ohne das Eingreifen des Höllenfürsten wäre jetzt wirklich alles aus…
Konnte der Teufel wirklich so fair sein?
Da wechselte die Umgebung schlagartig. Gryf befand sich wieder in der Wohnstube, die einem Schlachtfeld glich. Asmodis stand neben ihm.
Gryf sah ihn an. Dann rang er sich zu etwas durch: »Zamorra ist doch nicht so ganz waffenlos aufgebrochen«, sagte er gepreßt. »Fairplay, Asmodis. Ich glaube, ich muß es dir sagen. Auch wir arbeiten mit kleinen Tricks. Zamorras Auto ist eine Waffe…«
»Mit der er im Château nichts anfangen kann.« Asmodis lachte spöttisch. »Meinst du, ich wäre nicht informiert? Ich weiß
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