0263 - Das Syndikat der toten Seelen
mitgebrachte Zeitung so auf, daß mein Oberkörper von ihr verdeckt wurde. Im Schutze der Zeitung konnten wir uns unterhalten, ohne daß wir von der Nische aus gesehen werden konnten.
»Ja«, bestätigte Phil. »Lony-Tony und Kau-Kelly. Zwei ganz üble Burschen. Aber seit wann vertragen die sich? Bisher hieß es doch immer, daß diese beiden Banden rivalisieren?«
»Es wird nichts schaden, wenn wir die Abteilung Sehwerverbrechen von der Stadtpolizei davon verständigen, daß Lony-Tony und Kau-Kelly miteinander Konferenzen abhalten«, schlug ich vor. »Die Leute von der Stadtpolizei sollen sich dann selber ihren Vers drauf machen. Komm, wir haben noch allerhand zu tun.«
Wir drückten die Zigaretten aus, tranken den letzten Schluck Kaffee und bezahlten die Rechnung. Während ich mich ans Steuer meines Jaguar setzte, griff Phil zum Hörer des Sprechfunkgerätes und ließ sich von unserer Leitstelle mit dem Hauptquartier der Stadtpolizei verbinden.
Den Rest des Nachmittags verbrachten wir im Gespräch mit fast einem Dutzend verschiedener Leute, von denen anzunehmen war, daß sie über die Verhältnisse der reichen Familien informiert waren.
Was wir über Johnny Porten erfuhren, war kein Kompliment für den Burschen. Er hatte ein paarmal Ärger gehabt wegen Volltrunkenheit. Einige Geschichten mit sehr jungen Mädchen waren anscheinend mit Geld und Beziehungen vertuscht worden. Sein Charakterbild kündete von einem jungen Taugenichts, der vergnügungssüchtig war und offenbar keinerlei Skrupel kannte, wenn es darum ging, sich ein neues Vergnügen zu beschaffen.
»Aber deswegen muß er natürlich noch kein Mörder sein«, meinte Phil.
»Muß nicht, aber kann«, antwortete ich lakonisch.
Und dann hatten wir endlich den Rechtsanwalt aufgetrieben, der den alten Porten jahrelang in allen Rechtsfragen beraten hatte. Der Anwalt gehörte zu jenen berühmten Staranwälten, die in der Fünften Avenue ihre Büros haben, und deren Kanzlei mit so viel Personal bestückt ist, daß man meint, in die Büros einer recht ansehnlichen Fabrik geraten zu sein.
Wir hatten mehrere Hürden zu überwinden, bis wir endlich zu Mr. Paul D. Rosenberg vorgedrungen waren. Mr. Rosenberg war klein, fast zierlich, sehr gepflegt und hatte eine silbrig schimmernde Löwenmähne.
»Mister Cotton und Mister Decker vom FBI«, sagte er, als wir von der Chefsekretärin hereingeführt wurden. »Es ist mir eine Ehre. Bitte, Gentlemen, nehmen Sie doch Platz.«
Wir setzten uns. Er deutete auf den Rauchtisch, der zwischen unseren beiden Sesseln stand.
»Zigarren? Zigaretten?«
»Nein, danke, Sir«, erwiderte Phil. »So lange wollen wir Sie nicht aufhalten. Wir kommen wegen des überraschenden Todes von Mister Porten.«
Rosenberg schaltete sofort: »Überraschend? Ich hörte, es war ein Autounfall? Davon gibt es doch täglich mehr als genug?«
»Zweifellos«, nickte Phil. »Nur ist es zumindest ungewöhnlich, daß jemand einen Autounfall hat, der schon längst tot war.«
»Wie soll ich das verstehen?«
»Der Polizeiarzt hat festgestellt, daß Mister Porten schon tot war, lange bevor sich der sogenannte Unfall ereignete.« Rosenberg runzelte die Stirn.
»Welche Todesursache wurde festgestellt?«
»Die Ursache steht noch nicht fest. Man weiß lediglich, daß der Tod lange vor dem Unfall eintrat.«
»Was bedeutet: lange vor dem Unfall? Wie lange?«
»Mindestens eine anderthalbe Stunde.«
»Das ist ja---eh, soll man daraus die Schlußfolgerung ziehen, daß Roger Porten ermordet und der Unfall nur vorgetäuscht wurde?«
»Daß der Unfall vorgetäuscht wurde, steht fest. Ein Toter kann kein Auto steuern. Daraus ergibt sich aber nicht unbedingt, daß Roger Porten ermordet wurde. Er könnte an einem Ort und bei Leuten plötzlich eines natürlichen Todes gestorben sein, denen das aus irgendeinem Grunde sehr peinlich war und die deshalb auf den Ausweg verfielen, einen Autounfall vorzutäuschen.«
»Peinlich für die Umwelt wirkt der plötzliche Tod eines Mannes gewöhnlich nur in Absteigequartieren und für Straßenmädchen, die verbotene Prostitution betreiben«, erwiderte der Rechtsanwalt seht- richtig.
»Roger Porten könnte ja durchaus —« sagte Phil vage.
»Niemals«, fiel ihm Rosenberg ins Wort. »Ich kenne Roger seit elf Jahren, wir sind Freunde. Er würde niemals zu einem. Straßenmädchen gehen oder in ein Absteigequartier. Das ist völlig ausgeschlossen. Er dachte in diesen Dingen sehr puritanisch.«
»Wie dem auch sei«, schaltete ich mich
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