0263 - Das Syndikat der toten Seelen
Bemerkung war', die vielleicht deshalb noch um so komischer wirkte, weil er selber nie das Gesicht dabei verzog.
»Tag, Issy«, sagte Phil, während ich ihm nur'stumm zunickte Issy verzog keine Miene. Völlig ernsthaft erklärte er:
»Keinen unverzollten schottischen Whisky vorrätig, keine geklauten Zigaretten aufgekauft, Steuern alle bezahlt — was kann ich sonst noch für euch tun?«
Phil grinste und hielt Issy zwei in der Länge gefaltete Ein-Dollar-Noten hin.
»Gibt’s dafür was Passendes für deine Plattensammlung?«
»Sicher.«
»Okay, nimm sie!«
Issy ließ es sich nicht zweimal sagen. Er zupfte die gefalteten Scheine einzeln zwischen Phils Fingern hervor, strich sie auf dem Rücken, seiner linken Hand glatt und legte sie sehr ordentlich in eine abgegriffene Brieftasche, die er aus seiner Gesäßtasche hervorgeholt hatte.
»Wenn ich jetzt ein Beamter wäre, käme ich dran wegen Bestechung«, sagte er. »Ein Glück, daß ich bloß Gastwirt bin.«
»Hör zu, Issy«, forderte Phil mit unwillkürlich etwas leiserer Stimme. »Wir suchen einen Mann, der sich in New York aufhalten könnte. Einen Mörder. Er hat jemandem den Schädel eingeschlagen wegen ein paar lausiger Dollar.«
»Ich habe auch mal jemandem den Schädel eingeschlagen«, erwiderte Issy düster.
Phil winkte ab:
»Das wissen wir. Erstens hast du es nicht getan, weil du sein Geld haben wolltest, sondern weil er dir dein Mädchen ausgespannt hat. Und zweitens hast du die Strafe verbüßt. Für uns ist diese Geschichte erledigt, endgültig.«
»Nee, für Geld — das könnte ich nicht«, brummte Issy.
»Eben. Also streng dich an, Issy!«
»Wie heißt der Mann?«
»Stanley Queerd. Das ist sein richtiger Name. Aber er wird wohl kaum noch unter diesem Namen segeln, denn er kann sich ja an allen zehn Fingern abzählen, daß wir ihn suchen.«
»Woher kommt er?«
»Aus dem Staat New Jersey, ganz genau: aus Mountain View.«
»Wie ist er hergekommen?«
»Mit einem Wagen. Den hat er, dem Mann gestohlen, den er umgebracht hat, einem Kinobesitzer.«
»Ach — — ja, davon habe ich gehört. In den Zeitungen. Der Kerl ist doch erst vor kurzem entlassen worden, nicht wahr?«
»Stimmt.«
Issy stützte das Kinn in die linke Hand. An seiner gefurchten Stirn war zu erkennen, daß er nachdachte.
»Ich weiß«, sagte er plötzlich. »Zwei Leute aus der Bande von Herbert Laine haben darüber gesprochen, daß ihr Böß einen Kerl versteckt. Das könnte er sein. Laine saß mal in New Jersey im Zuchthaus. Vielleicht kennen sich die beiden von daher.«
»Herbert Laine? Wer ist das?«
»Er betreibt eine kleine Kartonagenfabrik. Weiß der Teufel, wie er an die Bude geraten ist. Aber das Kind muß ja ein Aushängeschild haben.«
»Wo liegt die Fabrik.«
Issy beschrieb uns den Wegdahin. »Wenn dein Tip richtig war, schicken wir dir noch fünf Dollar mit der Post«, sagte ich zum Abschied. »Queerd ist gefährlich. Der Elektrische Stuhl ist ihm sicher. Jetzt kann er sich alles leisten, denn mehr als einmal hinrichten können sie ihn schließlich nicht. — Bis zum nächstenmal. Oder gibt es sonst etwas Interessantes?«
»Ich denke schon.«
Wir drehten uns überrascht um. Issy starrte wieder auf den Boden vor seinen Füßen. Seine Schultern hingen schlaff nach vorn.'
»Ich weiß es nicht genau«, begann er leise. »Aber irgend etwas braut sich zusammen. Irgendwas Dickes.«
»Wie kommst du darauf, Issy?« fragte Phil.
Er zuckte die Achseln.
»Ich kann’s nicht sagen. Das ist wie bei einem Gewitter: Es liegt in der Luft, lange bevor es losschlägt. Die Leute in der Kneipe sind gereizt, sie stecken die Köpfe zusammen und ärgern sich über jede Fliege. Es liegt eben in der Luft.« Ich dachte an die auffällige Begegnung von Lony-Tony und Kau-Kelly, die wir beobachtet hatten.
»Verdammt, Issy, du könntest recht haben«, murmelte ich. »Sperr die Ohren auf! Wenn du etwas Besonderes hörst, ruf uns an! Wenn sich in der Unterwellt große Umwälzungen anbahnen, liegt es in jedermanns Interesse, daß wir sie unter Kontrolle bekommen, bevor ein Hexenkessel daraus wird.«
»Da haben Sie verdammt was Wahres gesagt«, brummte Issy. »Bis jetzt hat man mich in Ruhe gelassen. Aber ich glaube, diese schönen Zeiten werden bald vorbei sein. Ich habe das im Gefühl. Verlassen Sie sich auf das, was ich Ihnen sage, G-men: Bald gibt es dicke Luft. Und zwar so dicke, wie sie hier jahrelang nicht geherrscht hat.« Obgleich es nichts als verschwommene Ahnungen
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