0264 - Das Schlangen-Monstrum
kannste nicht mal mehr ’nen Zitteraal zum Grinsen bringen.«
»Für saloppe Sprüche bin ich zuständig«, sagte Zamorra. »Wo ist der Verbandskasten?«
»Frauenarbeit«, stellte Nicole fest. »Setz dich hin und halte still.«
Zamorra gehorchte. Nicole versorgte die Schußwunde. Die Kugel war glatt hindurchgegangen, der Knochen schien nicht verletzt zu sein. Alles in allem also nicht besonders kompliziert. Es durfte nur keine Infektion hinzukommen. Selbst wenn sie schnell fuhren, war nicht vor anderthalb Tagen damit zu rechnen, daß sie den Stützpunkt erreichten. Und erst dort gab es einen Arzt.
Nach etwa einer Stunde erwachten die beiden anderen nacheinander. Kaum wieder auf den Beinen, versuchten sie sich auf Zamorra zu stürzen. Der wehrte sie mit ein paar schnellen Karatehieben ab und schickte sie damit wieder ins Land der Träume. »Wir müssen sie beide fesseln«, sagte er. »Ich fürchte, daß sie unter Hypnose stehen. Das wird noch eine heitere Sache. Ich kann zwar versuchen, die Hypnotisierung rückgängig zu machen, aber… es kommt darauf an, wie stark die andere Macht war.«
»Die Schlangenhexe«, sagte Nicole. »Sirna hat uns hereingelegt.«
»Das glaube ich nicht«, widersprach Zamorra. »Ich möchte eher auf Leonardo tippen. Das hier paßt zu ihm. Einen ähnlichen Gesichtsausdruck hatten die Sklaven im Château Montagne, wenn du dich gütigst zu entsinnen bemühst.«
»Okay, du hast gewonnen«, sagte Nicole. »Wie gehen wir jetzt vor?«
»Wir sehen erst einmal zu, daß wir diese Wildnis verlassen«, bestimmte Zamorra und ignorierte den Schmerz in der Schulter. Nach dem kurzen Kampf war der nicht gelinder geworden, obgleich Zamorra seine Schulter dabei weitgehend geschont hatte. »Es ist alles schön gepackt, wir können also losfahren. Du lenkst, weil du beide Arme richtig bewegen kannst. Ich warte auf das erneute Erwachen unserer beiden gefesselten Partner. Erst dann kann ich versuchen, etwas gegen die Hypnose zu tun. Wir machen dann eben eine kleine Zwangspause.«
Nicole nickte. »Einverstanden«, erklärte sie mangels einer besseren Idee. »Fahren wir also los. Draußen außerhalb des Dschungels kennen wir uns besser aus als hier, wo Leonardo im Vorteil ist.«
»Zumindest«, sagte Zamorra, »haben wir dort Freunde und Helfer…«
Dabei ahnte er noch nicht, was ihn im Stützpunkt erwartete…
***
Sirna, die Schlangenhexe, bekam Besuch.
Zum zweiten Mal suchte Leonardo deMontagne sie auf. Mit wehendem Mantel durchmaß er das Tempelinnere, wich nur knapp der massigen Gestalt des Schädels aus und schritt über die immer noch offene Krokodilfalle einfach hinweg, als existiere sie nicht.
Dicht vor Sirnas Lager blieb er stehen und streckte die Hand aus.
»Den Schädel«, verlangte er hart.
Sirna richtete sich mit einem Ruck auf. »Geh«, verlangte sie. »Entweihe nicht den Tempel durch deine besudelnde Gegenwart!«
Der Montagne lachte spöttisch auf. »Oh«, sagte er. »Hat dir jemand den Rücken gestärkt, daß du so zu sprechen wagst? Gib mir den Schädel! Zamorras Schädel! Oder«, und wieder lachte er spöttisch, »hast du ihn etwa entgegen meiner Weisung auf seinen Schultern gelassen?«
Die Hexe sah ihn zornig an. »Geh«, befahl sie abermals. »Oder du bereust es.«
Leonardo schüttelte den Kopf. »Ich bin es gewohnt«, sagte er kalt, »daß man mir gibt, was ich verlange. Du hast es nicht getan. Du hast versagt.«
Die Schlangenhexe schwieg. Aber über ihr öffneten sich wieder die Wände mit den Lichtrohren. Leonardo nahm es mit einem kurzen Blick zur Kenntnis. Sirna wollte ihm aber diesmal keine Gelegenheit geben, sich zurückzuziehen. Sie würde ihn sofort töten.
Leonardo lachte wieder spöttisch. Er war sich seiner Sache völlig sicher. »Ich gebe dir eine einzige und letzte Chance, diese Sache zu überleben«, sagte er. »Verfolge Zamorra und töte ihn.«
Er konnte und wollte sich nicht auf Straker und dessen Freundin verlassen, auch nicht allein auf die Hypnotisierten im Stützpunkt. Die Schlangenhexe existierte, und deshalb mußte er sie auch benutzen wie ein Werkzeug.
»Ich tat einen Schwur«, sagte Sirna erregt. »Ich kann ihn nicht brechen.«
Blitzartig wirbelte Leonardo herum. Seine Hände richteten sich auf den rubinroten Schädel. Etwas floß aus ihnen hervor und griff den Schädel an. Die mächtigen Kiefer öffneten sich, und der riesige Schädel schrie.
Vernichte ihn! gellte es in Sirna. Sofort!
Sie gab den Befehl. Es hätte nicht der Aufforderung des
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