0264 - Das Schlangen-Monstrum
gefesselten Gestalten hockten. In der Tat öffnete Boyd Straker die Augen.
Ausdruckslos sah er Zamorra an. Dann begann er an seinen Fesseln zu zerren.
Aber die hielten. Nicole hatte gute Arbeit geleistet. Boyd Straker hatte keine Chance, Zamorra anzufallen.
Nicole brachte den Wagen vorsichtshalber zum Stehen. Sie wollte keinen Unfall riskieren, falls es zu außergewöhnlichen Erscheinungen kommen sollte. Sie wandte sich ebenfalls nach hinten um.
Boyd Straker beachtete sie überhaupt nicht. Er versuchte nur, Zamorra anzugreifen.
»Ich glaube, die Konditionierung bezieht sich nur auf mich«, sagte Zamorra. »Leonardo hat damit einen Fehler begangen. So macht er es mir leichter…«
Straker war nicht der erste Mensch, den Zamorra in Trance versetzte. Es ging blitzschnell. Straker gehörte nicht zu jenen, die wie Zamorra nicht zu hypnotisieren waren, und der Montagne hatte es versäumt, eine Sperre aufzubauen. Zamorra sprach mit dem Hypnotisierten. Er fragte und befahl.
Nicole stieg unterdessen aus. Solange sich der Wagen über den rumpeligen, provisorischen Dschungelpfad bewegte, war es darin halbwegs auszuhalten. Aber sobald er stand, kam die Klimaanlage nicht mehr mit, und die Hitze staute sich in der Kabine. Da es Nicole indessen bislang nicht gelungen war, einen Lendenschurz zu erstehen, wollte sie auf diesen Hitzestau möglichst verzichten.
Sie umrundete den Wagen, während Zamorra drinnen mit dem gefesselten Straker beschäftigt war. Sie zweifelte keine Sekunde daran, daß sein Versuch gelingen mußte. Währenddessen machte sie sich nützlich, indem sie den Wagen überprüfte.
Plötzlich zuckte sie zusammen. Etwas durchfuhr sie wie eine lodernde Flamme. Sie erkannte Schwarze Magie in unerhörter Stärke. Sie kam aus der Richtung, in der sich der Tempel befinden mußte.
Es dauerte einige Minuten, bis Nicole sich von dem Schlag erholte. Er war nicht auf sie gezielt, sie hatte die magische Explosion nur so nebenbei aufgefangen, aber immerhin…
Es fühlte sich nach Leonardo an…
Er war also noch in der Nähe, und er war aktiv, aber Nicole konnte nicht feststellen, was er tat. Als sie jetzt versuchte, sich zu konzentrieren und ihn anzupeilen, gelang es ihr nicht.
Ihre Para-Fähigkeit, die sie dem schwarzen Blut verdankte, ließ sich nicht kommandieren…
Immerhin konnte sie sich beglückwünschen, daß sie gerade draußen war und nicht am Lenkrad saß, als der Anfall kam. Sie hätte den Wagen mit Sicherheit verrissen. Das konnte in dieser Lage mehr als nur gefährlich sein. Zamorra war durch die Schußwunde stark behindert, auf die beiden anderen konnte sie sich nicht verlassen. Sie hätte den Geländewagen also allein wieder fitmachen müssen…
Die Zeit verstrich. Nicole nutzte sie, indem sie aus einem der Kanister nachtankte. Der Vorrat an Treibstoff reichte noch für eine beträchtliche Strecke, ebenso das Trinkwasser. Nicole ging zur Fahrertür zurück und spähte nach innen.
Zamorra war immer noch mit Boyd Straker beschäftigt. Auf seiner Stirn standen Schweißperlen, die bestimmt nicht nur von der Hitze im Wageninnern kamen.
Nicole sprach ihn nicht an, um seine Konzentration nicht zu zerstören.
Sie wußte nicht, ob eine halbe oder eine ganze Stunde vergangen war, als Zamorra sich endlich zurücklehnte. »Nummer eins«, ächzte er erleichtert.
»Er ist frei?« fragte Nicole.
»Frei vom Zwang, mich ermorden zu müssen«, sagte er. Nicole sah Boyd Straker fragend an. Der war blaß. »Ich verstehe das nicht«, sagte er. »Ich schwöre euch, daß ich niemals die Absicht hatte, Zamorra etwas anzutun… aber da war dieser Unheimliche mit seiner schwarzen Kleidung… ich glaube, es war eine Rüstung oder so…«
»Leonardo deMontagne«, sagte Zamorra.
»Ich glaube, er hat sich uns nicht vorgestellt«, sagte Straker bitter. »Ist… Eve von dem gleichen Zwang befallen?«
»Sonst wäre sie nicht gefesselt«, sagte Nicole. »Zamorra, vorhin spürte ich Leonardos Magie. Etwas geschieht.«
»Wo?«
»Tempelnähe…«
Zamorra sah Eve Gordan an. »Ich weiß nicht, ob ich es schaffe, sie auch zu befreien«, sagte er. »Der Block sitzt sehr tief. Ich dachte nicht, daß Leonardo so stark sein könnte. Aber ich hatte Schwierigkeiten, den Befehl aufzuheben.«
»Versuchen Sie es«, sagte Straker.
Zamorra sah auf die Uhr. »Weit kommen wir wohl ohnehin nicht mehr«, sagte er. »Es wird bald dunkel, und dann müssen wir ohnehin rasten… nein. Wir fahren, so lange es hell ist. Wenn wir stehen, kümmere
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