0266 - Der Flammengürtel
war in den Tagen, als der allgewaltige Amun-Re noch seinen düsteren Schatten über die Welt warf. Zu einer Zeit, wo Atlantis noch nicht von den Wassern des Ozeans hinabgeschlürft wurde. Doch Hyalia konnte ihre Macht nicht halten. Moniema kehrte zurück. Und an ihrer Seite war ein starker Held, dessen Hände zwei magische Schwerter führten. ›Gunnar mit den zwei Schwertern‹ nennt die Legende diesen Barbarenkrieger. Man glaubte, daß der Flammengürtel vom Feuer des Zauberschwertes ›Salonar‹ vernichtet sei, mit der Gunnar die Hyalia tötete. Doch nur die Hexenkönigin starb in der wabernden Lohe, die entfacht wurde. Der Flammengürtel wurde von einer Dienerin gerettet und an einem sicheren Ort aufbewahrt. Und er wurde mit dem geheimen Wissen der Hexenkünste von Boroque stets an die älteste Tochter vererbt! Sieh es, Weib, und erzittere!«
»Und so bist du…!« stammelte die Kaiserin tonlos.
»… die Erbin der Macht von Boroque!« vollendete Locusta und etwas wie Hoheit mischte sich in ihre Stimme. »Ich bin die Letzte meines Stammes. Der letzte Sproß des Hexengeschlechts. In mir fließt das Blut jener Frauen, die über das Reich der schweigenden Türme herrschten und die durch die Hallen des Palastes aus Adamant und Bergkristall schritten. In mir ruht die Macht derer, die freundschaftlichen Verkehr mit Amun-Re, dem Zauberkönig von Atlantis pflegten. Weib, unermeßlich groß ist meine Gewalt. Wer den Flammengürtel von Ehycalia-che-yina trägt, kann mit einer abfälligen Handbewegung eine Legion bester Krieger tot zusammensinken lassen. Wehe der Menschheit, würde ich die Mächte des Gürtels wecken. Doch die Zeiten haben sich gewandelt. Unter riesigen Massen glühenden Gesteins liegt der Adamant-Palast von Boroque begraben und die Erde fraß die Bewohner des Reiches. In den Hallen der Akropolis von Atlantis, durch die einst der gewaltige Amun-Re schritt, schwimmt heute der stumme Fisch. Der vielarmige Octopus ringelt sich auf dem Krakenthron, von dem einst dieser Schwarzzauberer den Erdenkreis regierte. Mu, das Reich der Sternenfahrer und Lemuria, das Land der Spinnenschatten aus den Tiefen des Weltraumes sanken hinunter auf den Grund des Ozeanes. Sie sind vergessen. Warum rede ich davon? Wer kennt heute noch die Namen, von denen ich rede?«
Die Gestalt der Hexe schien zusammenzufallen. Ihre ausgebreiteten Arme schlossen sich und verdeckten den Flammengürtel wieder.
»Wer wird je die Sagen und Legenden über Moniema, die Hexenprinzessin von Boroque und ihres freien Gefährten Gunnar berichten?« flüsterte die Stimme der Striga. »Desselben Gunnar, der in ewiger Feindschaft mit Amun-Re von Atlantis lag und ihn in den Tagen der letzten Schlacht mit der Macht seiner beiden Zauberschwerter tötete. Wer wird dieses Magiers gedenken, der einst über den Krakenthron von Atlantis gebot? Bei den Göttern, dieser Mann hatte wirkliche Macht!«
Die Kaiserin atmete hörbar aus.
»Genug davon!« ließ sich die Locusta vernehmen. »Die Tage der Alten kehren nie wieder. Mit mir stirbt die letzte meines Geschlechts. Nach mir wird niemand mehr die volle Kraft des Flammengürtels heraufbeschwören können. Ich aber bin alt geworden und habe keinen Ehrgeiz mehr, seit ich«, ihre Stimme sank zu einem geheimnisvollen Flüstern ab, »seit ich meine Rache bekommen habe. Die Menschheit wird nie erfahren, von welchem Fluch sie befreit wurde, wenn mich der Tod in seine Arme nimmt!«
Sie sah der Augusta voll ins Gesicht.
»Nun nenne dein Begehren, meine Teuerste!« forderte sie Poppäa auf.
»Ich benötige Gift!« entfuhr es der Kaiserin.
» Gift! « geiferte die Hexe. » Gift! Ganz Rom weiß, daß ich keine Törtchen backe oder Süppchen rühre. Was für ein Gift soll es denn sein? Eines, das wirkt, wie der Blitz des Jupiter? Oder ein Elixier, das den Körper sanft einschlafen läßt. Möchtest du einen Trank, der in den Adern wie flüssige Lava wirkt? Oh, ich kann dir mit allem dienen. Erzähle mir dein Problem und Locusta wird dir raten, mit welchem Trank du dir die Schwierigkeiten aus dem Wege räumen kannst!«
»Ich habe eine Nebenbuhlerin im Palast!« stieß Poppäa hervor. »Kaiser Nero beginnt, sie zu lieben. Sie muß sterben!«
»Ich will sie sehen!« sagte die Hexe. »Doch dazu muß ich meinen Geist, meinen Astralleib, aussenden. Wo wird sie derzeit sein?«
»Auf dem Palatin … beim Fest … bestimmt an Neros Seite!« überlegte Poppäa. »Der Kaiser wird mich kaum vermissen, wenn sie in der Nähe ist.
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