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0266 - Der Flammengürtel

0266 - Der Flammengürtel

Titel: 0266 - Der Flammengürtel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Michael
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Alraunenwurzel wies, über der das Licht des Silbermondes seinen fahlen Schein blinken ließ. In ihrer Hand fühlte sie einen Grabstichel, den ihr Stratonice hineindrückte.
    »Graben … ausgraben…!« hauchte Locusta. »Keine Furcht … nicht zögern … was auch geschieht … sofort…!« Abergläubisch zuckte Poppäa zusammen, während Orca, der Rabe, mit den mächtigen Flügeln schlug und mit hohlem Krächzen die Stille der Nacht entweihte.
    Die Hände der Kaiserin bebten, als sie daranging, die Alraune auszugraben. War das nicht ein Stöhnen unter der Erde? Ein Seufzen? Klagten nicht die verdammten Seelen der Unterwelt, als Poppäa die Alraune mit der Wurzel dem Schoß der Erde entriß? War Hekate, die entsetzliche Göttin des Todes, ihrem Vorhaben günstig?
    »Genug!« keckerte die Stimme des alten Weibes. »Zurück zur Behausung. In wenigen Zeitspannen ist der Wahnsinnstrank fertig!«
    Poppäa stieß hörbar die Luft aus. Es wurde wirklich Zeit, zum Fest zu erscheinen. Nero konnte sehr zornig werden, wenn man sich verspätete.
    Die Kaiserin ahnte jetzt noch nicht, daß ihr einige Jahre später eine solche Verspätung zum Verhängnis werden sollte. In rasender Wut würde sie Kaiser Nero in den Leib treten, und Poppäa würde mit fürchterlichen Schmerzen für alle Bosheiten und Verbrechen ihres Lebens büßen.
    »Ich selbst … ich will selbst dabei sein, wenn das Mädchen das Gift trinkt!« verlangte die Hexe. »Und dabei werde ich meinem Feind gegenübertreten … ich werde Zamorra herausfordern…!« dachte sie dabei.
    Poppäa nickte, ohne sich zu besinnen. Bei den Festen Neros war nicht nur die feine Gesellschaft von Rom zugegen, sondern auch Gaukler, Komödianten, Possenreißer, Gladiatoren und Wahrsager, die zur Kurzweil der Gäste auftraten. Die Hexe konnte kaum auffallen.
    » Ich werde Zamorra besiegen…! « murmelte der zahnlose Mund der Hexe leise.
    ***
    Kaiser Nero ließ sich auf einem goldenen Ruhebett mit Purpurpolster nieder. Während er Regina Stubbe mit einer Handbewegung aufforderte, sich neben ihn zu setzen, erklang wieder leise Musik. Das Fest nahm seinen gewohnten Fortgang. Doch Professor Zamorra hatte keinen Blick für einen Tanz halbnackter, syrischer Sklavinnen. Mißtrauisch beobachtete er den Kaiser, der sich mit Regina unterhielt und das Mädchen aus der Zeit des Disco-Sound und der Coca-Cola mit Weintrauben fütterte. Die feinen Ohren des Parapsychologen vernahmen die überall geraunten Worte, die gleichzeitig auf das Fehlen der Kaiserin hinwiesen.
    Nur Tigellinus hatte sich hinter dem Kaiser aufgebaut und beobachtete die Liebeständelei des Cäsaren. Zamorra wußte, daß der Dämon Scaurus nur auf seine Chance wartete, das Mädchen zu verderben.
    Zamorra bemerkte, wie Kaiser Nero leicht den Arm des Mädchens zu streicheln begann. Behutsam wie man einem jungen Pferd zum ersten Mal den Zaum umlegt. Immer näher glitt der Cäsar auf Regina zu.
    Ganz vorsichtig führte sie der Kaiser in die Kunst der Liebe ein. Zamorra wunderte sich, daß der in allen Geschichtsbüchern als sittenloser Wüstling dargestellte Nero so zärtlich sein konnte.
    Regina Stubbe machte keine Abwehrbewegungen. Deutlich sah man ihr an, daß der Kaiser dem Mädchen nicht unsympathisch war. Auch wenn sie nur wenige Worte verstand, sie begann sich in den Cäsar zu verlieben.
    Professor Zamorra sah es … und konnte nicht eingreifen.
    Aurelian hatte sich derzeit anderen Vergnügungen zu widmen, die so gar nicht zu einem ehemaligen Mönch passen wollten. Er huldigte dem Würfelspiel.
    Trocken klapperten die Würfel in einem Lederbecher. Ein Prasseln auf der marmornen Platte eines kleinen Tisches – dann hob Zamorras ehemaliger Studienfreund den Becher empor.
    »Beim Pollux!« stöhnte der Konsul Vestinus. »Sehen meine müden, alten Augen da recht? Er hat die ›Venus‹ geworfen. Meine schönen, wohlklingenden Sesterzien…!«
    Ungerührt strich Aurelian die Geldstücke ein.
    »Sammelt euch nicht Schätze auf Erden, wo sie von Rost und Motten zerfressen werden oder wo Diebe einbrechen…!« bemerkte er vergnügt.
    »Beim Herkules!« grinste Petronius. »Unser Freund Aurelian lehrt euch wenigstens die rechte Philosophie. Nun, wie ist es? Noch einmal?«
    »Aber nur um einen Denar!« knurrte Vestinus mürrisch. Wieder rollten die Würfel.
    »Ihr scheint das Knöchelspiel nicht zu kennen!« klärte Petronius Professor Zamorra auf. »Schon Kaiser Augustus hatte, so sagt man, als einziges Laster das Würfelspiel.

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