0266 - Der Flammengürtel
Mädchen nur eine Episode für den Kaiser werden würde. Der Parapsychologe wußte, daß dies das einzige Mittel war, das Mädchen vor dem Zorn der Augusta zu retten. Doch Zamorra wußte nicht, was vor einigen Stunden in den Bädern vorgefallen war. Unter der dicken Schminke und der gekünstelten Frisur hatte Regina Stubbe die Frau nicht wiedererkannt, die sie versucht hatte zu ertränken.
Doch Kaiserin Poppäa war eine kluge Frau und beherrschte ihre Gefühle. Mit eisiger Miene entließ sie Professor Zamorra. Während der Parapsychologe zu seinem Ruhebett zurückging, hoffte er inständig, daß ihm die Augusta seine Geschichte glaubte und Regina Stubbe für eine unkultivierte Barbarin hielt.
Zamorra wäre entsetzt gewesen, hätte sich ihm die Wahrheit in ihrer ganzen, vernichtenden Wirkung gezeigt.
Kaiser Nero hätte er so etwas leicht einreden können. Aber Poppäa war eine Frau – eine Frau mit Erfahrungen. Und sie hatte erkannt, daß nur eine weibliche Person im näheren Umkreis des Cäsaren um die Krone der Schönheit mit ihr ringen konnte. Nein nicht nur ringen – die Kaiserin Poppäa sogar besiegen konnte.
Venus, der Liebesgöttin, war die keusche Diana gegenübergetreten.
***
Die Aufmerksamkeit aller Festbesucher wurde durch den Ringkampf zweier muskulöser Männer gefesselt. Glänzende, von Öl und Schweiß triefende Körper, boten ein Schauspiel animalischer Kraft. Jeder im Saal wußte, daß beide kämpften, bis einer von ihnen tot war. Niemand achtete auf etwas anderes als auf die beiden Kämpfer, deren Keuchen und Stöhnen durch die eingetretene Stille drang.
Poppäa sah ihre Chance, unbemerkt ihr Vorhaben auszuführen. Das Gesicht war eine ausdruckslose Maske, während ihr Blick in die Runde schweifte. Niemand würde die blitzartige Handbewegung bemerken.
Ihre schlanken Finger glitten unter die Falten ihres Gewandes. Geschickt tarnte sie das kleine Fläschchen in der hohlen Hand.
Niemand bemerkte, wie das Gift der Locusta in die Weinamphore, aus der die Becher in der nächsten Umgebung nachgefüllt wurden, gegossen wurde. Das Gift verband sich sofort mit dem Rebensaft, weder Farbe noch Geruch würden das Mädchen warnen, das schon vor einiger Zeit einem Sklaven angezeigt hatte, daß sie Wein wünschte. Doch der Sklave hatte sie nicht genau verstanden und war nun, wie die anderen Menschen im Saal, vom Ringkampf fasziniert.
Doch danach würde er das blonde Mädchen ganz sicher bedienen. Der Plan der Augusta konnte nicht schiefgehen.
Da! Der Kampf der Muskelgewaltigen ging langsam der Entscheidung entgegen. Der geschmeidige Körper des Mannes aus der Gegend von Karthago bäumte sich verzweifelt unter den bärenhaften Kräften seines Gegners aus den undurchdringlichen Wäldern jenseits des Rheins auf.
Ein verzweifeltes Stöhnen des dunkelhäutigen Kämpfers, ein dumpfes Grollen aus der mächtigen Brust seines Gegners – dann war der Kampf entschieden. Keuchend lag der Afrikaner am Boden.
» Töte ihn! « zischte Poppäa und drehte den Daumen nach unten.
»Aber er hat gut gekämpft!« rief ihr Kaiser Nero zu. »Ich mag kein unnützes Blutvergießen.«
»Weil du kein Blut sehen kannst!« zischte die Kaiserin gefährlich. »Du bist mehr Künstler als Kaiser. Ich, die Kaiserin, will, daß er stirbt!«
Doch der Germane bereinigte die Situation auf seine Weise. Mit schwer atmender Brust und Augen, aus denen der Stolz des Siegers blitzte, ergriff er den Becher Wein, den ihm ein Mann in der Toga eines Senators reichte und leerte ihn zur Hälfte. Dann reichte er den Becher dem Afrikaner, der sich mit ungläubigem Staunen erhob.
»Du warst ein guter Gegner!« sagte er in schlechtem, mit germanischem Akzent durchsetzten Latein. »Wir wollen Freunde sein!« Die beiden Männer, die Bergen aus Muskeln und Sehnen glichen, deuteten eine Verbeugung vor dem Kaiser an und verschwanden.
Kaiser Nero war sichtlich erfreut, daß sich die Situation in dieser Art löste, während Poppäa ihre rasende Wut unter einer ausdruckslosen Gesichtsmaske verbarg. Doch dann umkrallte eine eisige Hand ihr Herz, als Kaiser Nero den Sklaven mit der Amphore winkte.
»Bring mir neuen Wein!« verlangte er. Gurgelnd ergoß sich der Gifttrank in den Becher des Kaisers.
Über dem Cäsaren schwebte der Schatten des Irrsinns. Er war unrettbar verloren, wenn er davon trank.
Poppäa machte sich keine Gedanken darüber, daß der Kaiser im Zustand geistiger Umnachtung eine Gefahr für den Staat werden konnte. Doch es gab Zeiten, wo
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